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Ab Irato

„Ab Irato“ ist lateinisch und bedeutet so viel wie „im Zorn“ oder „wütend“. Tatsächlich trifft dieses Adjektiv besonders auf eine der zentralen Protagonistinnen im Comic des Franzosen Thierry Labrosse zu. Die Motivation der scheinbar mit übernatürlichen Kräften ausgestatteten Frau bleibt jedoch vorerst im Dunklen.

Alle Abbildungen: ©Splitter-Verlag

Alle Abbildungen: ©Splitter-Verlag

Der futuristische Thriller, dessen drei Originalaben der Splitter-Verlag in einer Gesamtausgabe versammelt hat, spielt im Jahr 2111 und zeigt ein politisch aufgeheiztes Montreal. Große Teile der Metropole sind überschwemmt und soziale Unruhen durchziehen die Straßen. Für das gesellschaftlich miese Klima ist nicht zuletzt ein mächtiger Großkonzern verantwortlich, der eine Behandlung entwickelt hat, die Menschen bis zu 200 Jahre alt werden lässt. Nachdem dieses aber nur einer ausgewählten Elite zugänglich ist, steigt der Unmut in der Bevölkerung. Dazu kommt, dass die heilsbringende Firma die unangenehmen Nebenwirkungen ihrer Lebensverlängerung verschleiert.

In dieses Szenario begibt sich der junge Riel, der das Landleben hinter sich lassen und sein Glück in der Großstadt suchen möchte. Kaum angekommen, wird er Zeuge eines Aufstandes. Und eine mysteriöse Frau mit besonderen Kräften hat es währenddessen sogar auf den Konzernchef persönlich abgesehen. Parallel zu ihrer Vendetta und dem Konflikt zwischen Polizei und Widerstand verliebt sich Riel in ein Mädchen.

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Ab Irato ist ein dystopischer Krimi, der erstaunlich ereignisarm ist. Das liegt vor allem daran, dass es Thierry Labrosse nicht gelingt, die Geschichte nachvollziehbar und spannend aufzubauen. Die Interaktion zwischen den einzelnen Figuren und deren individuelle Handlungsstränge bleiben unbestimmt und oberflächlich. Ein wirkliches Bedrohungsszenario, das plausibel konzipiert ist und sich bis zur Klimax steigert, sucht man vergebens. Was übrig bleibt, ist ein kruder Sci-Fi-Mix aus Liebesgeschichte, Superheldenstory, Sozialkritik und Dystopie.

Damit all diese Komponenten zu einer homogen Einheit verschmelzen und innerhalb eines futuristischen Settings funktionieren können, hätte es einer tiefergehenden Ausarbeitung und Erklärung der Ausgangslage bedurft. Stattdessen bleibt das zukünftige Montreal blass und detailarm. Weder kann die überflutete Metropole grafisch imponieren, noch findet man sich als Leser so wirklich zurecht. Dazu passt dann auch, dass die Figuren in diesem optisch an die Arbeiten Enki Bilals erinnernden Comic zumeist statisch wirken und klischeehaft agieren. Letztlich ist es jedoch das zumindest in Teilen überzeugende Artwork, welches die überkonstruierte, enttäuschende Erzählung zumindest ein Stück weit in einem positiveren Licht dastehen lässt – auch wenn Labrosse hier sicher nicht seine Gestaltungsmöglichkeiten ausreizt.

Kruder und ereignisarmer dystopischer Krimi mit nur in Teilen überzeugendem Artwork

Ab Irato
Splitter-Verlag, 2016
Text/Zeichnungen: Thierry Labrosse
Übersetzung: Marcel Le Comte
168 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 29,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-299-1
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