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Währenddessen … (KW39)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Daniel: In meinem Proseminar über die Geschichte der Comics – das muss vor Äonen von Jahren gewesen sein – habe ich meine Studenten auf wissenschaftliche Aufsätze und Monographien angesetzt. Jeder sollte sich eine Epoche aussuchen. Um den den Unterschied der Golden Age zu den Silver Age Helden herauszuarbeiten. Oder um die Frage beantworten zu können, warum sich Superman niemals verändert. Was hätte ich darum gegeben, ihnen damals Grant Morrisons Buch Supergods als Kurslektüre geben zu können. Morrison gelingt es, Fakten unterhaltsam zu präsentieren, Cover und Capes der Helden sauber zu analysieren und intelligent zu interpretieren. Gleichzeitig scheint in jedem historischen Kapitel (in dem er selbst schon gelebt hat) ein bisschen was vom Comicautor Grant Morrison durch. Wie er zum Beispiel ein Autogramm von Batman-Darsteller Adam West bekommen hat und diesem von seinem ersten Batman-Comic Arkham Asylum erzählte. Wests Reaktion war kurz: „He looked at me the way you’d look at a floater drifting across the viscera of your eye and grunted.“ Aber Morrison genügte das. Nach der Hälfte der 430 Seiten und ein paar übersprungenen Kapiteln würde ich mich über mehr Insidergeschichten freuen. Da ich die Fakten schon aus wissenschaftlichen Büchern kenne.

DC Comics

© DC Comics, Grant Morrison

Christian: Wenn Daniel von seiner Spielebegeisterung erzählt, werde ich immer ein wenig wehmütig, denn so richtige Spielratzen gibt es in meiner Umgebung eher weniger. Daher erschöpft sich das Thema Brettspiel für mich in der Regel mit ein paar Runden Siedler von Catan oder Ähnlichem pro Jahr – wenn überhaupt. Aber einen Lichtblick gibt es, und das ist die allmonatliche Schafkopf-Runde in der Stammkneipe, die seit Jahren eine feste Konstante in meinem Leben ist. Vor ein paar Jahren hat Tim Parth, ein gewiefter Mittelfranke, ja eine Variante für fünf und sechs Spieler entwickelt. Das originelle, vom Illustrator Marc Margielsky sehr schön gestaltete Spiel nennt sich Mehrkopf und führt als Erweiterung die Figuren der „Schönen“, des „Gefreiten“ und des „Preußen“ ein. Aber während jede Spielkarte einen positiven Zahlenwert von 0 bis hoch zu 11 Augen hat, ist dem „Preußen“ ein Negativwert von -6 zugeordnet. Man muss also aufpassen, dass man ja keine Preußen einsammelt, denn die machen nur Ärger (das sieht man schon an den schäbigen Visagen, siehe Bild). Das Spielen mit negativ besetzten Karten, die dem Gegner schaden, hat ein bisschen was von Mau-Mau, ist aber von der Gestaltung einfach umwerfend schön gemacht. Puristen stehen solchen Dingen aber natürlich reserviert gegenüber. Man spielt so etwas wie Schafkopf halt traditionell, da lässt sich nichts machen.

Mehrkopf

© Tim Parth, Marc Margielsky, Nürnberger Spielkarten Verlag GmbH

Stefan: Ich höre gerade das Hörbuch Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt bei Deezer. Es ist ein Armutszeugnis für heutige Politiker und Wirtschaftsbosse, dass der über 90-jährige Altbundeskanzler quasi im Alleingang als Vorbild und moralische Instanz dienen muss. “Die Freuden der Pflicht” lautete der Titel eines Aufsatzes in dem Roman Die Deutschstunde von Siegfried Lenz, einem langjährigen Freund des Hamburgers. Über diese Haltung Schmidts, auch über seine Freundschaft mit Lenz und zahlreiches andere spricht “Schmidt-Schnauze” in dem spannenden und unterhaltsamen Hörbuch. Und, wir sind ja bei Comicgate, auch über Comics, redet der ehemalige Offizier. Schmidts Darstellungen von Loriot, die ihn mit gebleckten Zähnen zeigten, fand er witzig. Besonders gerne mag er Humoristen, die zeichnen, namentlich Wilhelm Busch. Das wärmt das Herz des Comicfans und es verursacht auch Trauer, weil nicht Helmut Schmidt und Loki, sondern so manch andere, als Bundespräsident, Banker oder auf anderen Posten zur Parteienverdrossenheit und zum Verlust an Glaubwürdigkeit des derzeitigen System so massiv beiträgt.

Helmut Schidt

© Kiepenheuer & Witsch

Daniel: Auf dem Rad hör‘ ich Podcasts, beim Joggen hör‘ ich Podcasts. Also hör‘ ich im Urlaub auch Podcasts. Ganz oben auf meiner Liste stehen eine Vielzahl von Brettspiel-Podcasts: Derzeit sind das die erheiternd britischen Konversationen von Shut Up and Sit Down, die kumpeligen Trashtalks von The Secret Cabal und natürlich den deutschen Spiele-Podcast Insert Moin. Schleichwerbung: in einer der letzten Folgen rede ich über mein Lieblingsbrettspiel als App: Galaxy Trucker von Vlaada Chvatil. Über Comics lasse ich mir ungerne was erzählen. Das hat bei mir bisher nicht geklappt, da die meisten Comic-Podcasts Neuerscheinungen vorstellen. Was ich will, sind informierende und lustige Unterhaltungen. Wer meint, dass ich da falsch liege: Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Insert Moin

© Insert Moin

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