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Währenddessen… (KW 46)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Christian: Das aktuelle Jubiläumsjahr der Micky Maus bringt einige erfreuliche Veröffentlichungen mit sich. So hat man sich endlich dazu durchgerungen, ein Micky Maus-Pendant zum Donald Duck-Sonderheft an den Kiosk zu bringen. Im Gegensatz zum völlig überraschungsfreien DDSH macht Die tollsten Geschichten von Micky Maus in seiner ersten Ausgabe einen recht ansprechenden Eindruck, so dass ich hoffe, dass die Reihe fortgesetzt wird. Eröffnet wird das Heft mit einem modernen Zweiteiler von 2008. Es ist eine der Geschichten mit dem auf klassisch getrimmten Kurzhosen-Micky, von manchen verächtlich „Kaschperl-Micky“ genannt wegen des häufig kindlichen (oder kindischen?) Humors. Das vorliegende „Der Geist des Schwarzen Phantoms“ gefällt mir allerdings, auch wenn die Auflösung zu plötzlich kommt und zu einfach von statten geht. Aber Cesar Ferioli gelingen atmosphärisch-gruselige Bilder, außerdem ist die Micky Maus mit roter Hose und gelben Knöpfen einfach eine ikonische Figur, die man gerne öfter in stimmigen Geschichten sieht.

Der Mittelteil des Heftes ist unspektakulär, aber solide, sieht man mal von dem unnötigen Vierseiter „Die Kündigung“ ab, welches anstelle von Zeichnungen nur eine Aneinanderreihung von Einzelbildern des Trickfilms von 1936 bietet. So etwas bitte nicht nochmal. Bemerkenswert ist hingegen die letzte Geschichte im Heft: Es ist die deutsche Erstveröffentlichung der Micky Maus-Geschichte „The Monster Whale“ von 1950, eine frühe Arbeit von Paul Murry, der damals wirklich on top of the game war. Zwar war Murrys Micky auch damals schon Streber-Micky, außerdem nervt, dass Goofy bei Murry häufig nur die Intelligenz eines Kleinkinds zugestanden wird. Trotzdem ist es eine sympathische, altmodische Langgeschichte, denn Murry beherrschte es, in seinen Geschichten die Spannung aufzubauen und bis zum Finale aufrechtzuerhalten.

Ähnlich freut es mich, dass die Albenreihe Entenhausen-Edition mit der aktuellen Nummer 52 dazu übergeht, die frühen Carl Barks-Langgeschichten neu aufzulegen. Die Geschichte „Pirate Gold“ von 1942 hat zwar noch nicht ganz den unverwechselbaren Barks-Stil und ist noch nahe am Trickfilm, trotzdem war Barks gerade damals zeichnerisch herausragend. Die Farbgebung ist einmal mehr die moderne Kolorierung der Barks-Library. Obwohl ich ein großer Fan der aktuellen Barks-Ausgabe des amerikanischen Fantagraphics-Verlags bin, die ganz Retro in den Farben der frühen Kiosk-Hefte erscheint, haben doch auch die dezenten Farben der Library ihren Reiz.

Dass auch moderne Disney-Comics richtig gut sein können, beweist das Lustige Taschenbuch derzeit in verlässlicher Regelmäßigkeit. In LTB 512 ist es die Frankenstein-Adaption „Duckenstein“ von 2016. Da sind nicht nur die Bilder ein visueller Rausch, da wird auch erzählerisch Qualität geboten, wenn mehrmals in der Geschichte die Erzählperspektive wechselt. Nur die Bilder scheinen förmlich aus den kleine Taschenbuchseiten herauszuquellen. Gerade, wenn man das Barks-Album neben das LTB hält denkt man „verkehrte Welt“. Die detaillierten, aufwändig gemalten Bilder von „Duckenstein“ quetscht man ins kleine LTB, dem großflächigen, mit wenigen Linien auskommenden Barks dagegen gönnt man ein mehr als doppelt so großes Format. Das sollte tatsächlich eher andersrum sein.

Gut möglich, dass das LTB 513 seinen Vorgänger noch toppt. Die darin enthaltene Metropolis-Adaption von 2017 hält mühelos den Vergleich mit den besten Adaptionen des Hardcover-Bands Entenhausener Filmklassiker statt, den ich im aktuellen Comicgate Magazin X als Buch für die Insel vorstelle. Aber auch die lange Maus-Geschichte „Ruf aus der Vergangenheit“ verspricht episches Lesevergnügen. Werde ich heute Abend bei der Lektüre sicher noch haben.

Julian: Wie Daniel, sah natürlich auch ich The Chilling Adventures of Sabrina direkt nach der Veröffentlichung auf Netflix. Die mit Spannung erwartete Adaption der gleichnamigen Comicreihe von Roberte Aguirre-Sacasa, dem kreative Kopf hinter Riverdale, stand also nicht nur im Schatten des neuen Comics, sondern auch der teilweise recht bizarren alten Sabrina-Geschichten (ein Eindruck liefert der Anthology Band Archie Horror presents Chilling Adventures in Sorcery) und natürlich der beiden 90er-Serien, von denen Sabrina The Teenage Witch mit Melissa Joan Hart sicher der bekanntere Vertreter sein dürfte.

Gleich vorweg: Den allgemeinen Vorwurf einer gewissen Biederkeit oder Naivität der 90er-Serie, der immer mal wieder von Kritikern erhoben wird, weise ich vehement zurück. Nachdem im Disney Channel kürzlich die ersten Staffel wiederholt wurden, konnte man sich mit einigen Jahren Abstand ein erneutes Bild der Urserie machen. Deutlich schwach waren damals nur die umstrukturiere Staffel 4 und die bei einem anderen Network produzierten Collegestaffeln. Doch Staffel 1 bis 3 sind auch heute noch eine Fundgrube an schrägem, teils makabren Humor und ein Sammelsurium an großartigen Figuren. Ob Drell der Hexemeister, Sabrinas unglückliche verliebter Stalker Roland oder eine lebendige Sitzgruppe – der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt.

Die Comicadaption des Aguirre-Sacasa-Comics durch den Autor höchstselbst weist nun einige Probleme auf. Generell gelungen, stört vor allem die freie Adaption. Von der sehr gruseligen Urgeschichte bleibt in der Umsetzung recht wenig übrig. Stattdessen gibt man sich in den ersten Episoden betont politisch, arbeitet zwanghaft Themen ab, die zum Teil deutlich besser in Riverdale behandelt wurden (inklusive einem kurzen Hinweis auf die dunkle Seite einer der Hauptfiguren). Eine beinahe identische Storyline sorgt für Kopfschütteln und lässt eine gewisse Ideenlosigkeit vermuten (zumal eben jener Subplot bereits ausgiebig und deutlich tiefgründiger in Tote Mädchen lügen nicht umgesetzt wurde und sich kaum – anders als bei Riverdale – auf die Gesamtgeschichte auswirkt). Erst als man vermehrt auf Sabrina und die Hexenwelt eingeht, vermag die Serie vollends zu begeistern. Zuvor vergehen indes beinahe fünf Episoden, die, zumindest bei mir, nicht so richtig zünden wollen.

Achtung, kleine Spoiler! (Text markieren)

So gibt sich Sabrina in den Comics freiwillig dem Satan hin und ihr Prozess erfolgt nur, weil Harvey ihr in den Wald folgte, was für den Geliebten übel endet und nun in ähnlicher Weise auf den Bruder übertragen wird. Sabrina, zu Beginn noch keine vollwertige Hexe, ist weiterhin nicht in der Lage, mit dem Fan-Favoriten und heutigem Internet-Meme Salem Saberhagen zu sprechen. Folglich schweigt der Kater in Staffel 1. Auch wird die im Comic so großartig konstruierte Geschichte um Sabrinas Eltern kaum erwähnt und auch Madame Satan (Michelle Gomez) bleibt noch etwas blass. Dass sie zudem nicht von Betty und Veronica beschworen wurde … Schwamm drüber.

Spoiler Ende.

Aguirre-Sacasa verschenkt in seiner eigenen Adaption jede Menge Chancen. Nun ist es in TV-Serien kaum möglich, Nebenfiguren ähnlich stark zu fokussieren, wie man es im Comic tat, denn einige Episoden hätten ohne den Maincast auskommen müssen. Es wäre aber eine Möglichkeit gewesen, eine deutlich stärkere Serie zu kreieren, die mit Seriennarrativen bricht und man hätte die zahlreichen Anspielungen auf Horrorfilme und Romane der 60er- und 70er-Jahre beibehalten können. Dennoch: Ab der 5. Episode steigert sich die Serie deutlich und gipfelt in einem herausragenden Finale, das Kiernan Shipka, bisher vor allem als Sally Draper (Mad Men) bekannt, schauspielerisch großartig umsetzt. Lässt man den Comic jedoch außer Acht, bleibt eine überdurchschnittlich gute Serie mit kleinen Mängeln und einem tollen Cast.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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