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Währenddessen… (KW 32)

Andor ist eine geniale Science Fiction-Serie. Außerdem: Vor 65 Jahren entwarf Hansrudi Wäscher in Nick ein gar nicht so unähnliches Szenario.

Alle Abbildungen (c) Hansrudi Wäscher

Christian: Als Spätzünder habe ich leider erst jetzt die erste Staffel der Star Wars-Serie Andor gesehen, ich habe mich schlussendlich doch noch von der Begeisterung der vielen Fans mitreißen lassen – zum Glück. Die vielen gut gescripteten Figuren, die ausgefeilten Set-Designs, der sehr dosierte, aber umso effektvollere Einsatz der tollen Raumschiffe, die wir schon seit 1977 lieben, die aber inzwischen noch einmal völlig anders – nicht weniger spektakulär – in Szene gesetzt werden …

Ich könnte weiter schwärmen, aber vielleicht sollte ich auch einfach auf den tollen Podcast „Bucketheads“ verweisen (auch auf YouTube), den ich jetzt in meiner neuen Begeisterung für die Sternenkriege für mich entdeckt habe. Die beiden Hosts rekapitulierten dort die Folgen von Andor so wunderbar, dass ich mich inzwischen durch die umfangreiche Backlist des Podcasts arbeite. Sie diskutieren wirklich alles: jeden Film seit 1977, jede Serie; es gibt Sonderfolgen zu Büchern und Comics, sowohl die kanonischen, als auch so ursprüngliche Fortschreibungen wie Han Solo auf Star’s End oder auch die alten Marvel- und Dark-Horse-Comics, die inzwischen unter dem Label „Legends“ subsummiert werden. Hört gerne rein und geht auf Entdeckungsreise. Es lohnt sich.

Das Gefängnis/Straflager-Szenario in den Folgen 7-10 von Andor, in dem Cassian Andor aus nichtigem Grund zu sechs Jahren Strafarbeit verurteilt wird, hat mich besonders beeindruckt. Eigentlich sollte Cassian Andor ja nur zu sechs Monaten verurteilt werden, da er nur sehr beiläufig in die Mühlen der Justiz geriet (brillante Szene), aber da Cassian Einspruch einlegen wollte, werden noch fünf Jahre dazugegeben. So geht Willkürherrschaft in einem Unrechtstaat. Dem entsprechend darf man auch nie sicher sein, dass man nach Verbüßen der Strafe auch tatsächlich freikommt. Vermutlich war bereits die Verkündung des ersten Strafmaßes völlige Willkür und der Rest nur Show.

Das Design der Gefängnis-Arbeitseinheiten hat auch die Jungs von Bucketheads schwer beeindruckt. Mir hat es bewiesen, dass die Setdesigner durchaus schon die ein oder andere Fabrik von innen gesehen haben: man sieht moderne Montageinseln für effiziente Teamarbeit, vermutlich nach bestem Poka Yoke-Prinzip, nur dass hier noch der Aspekt der Gamification bzw, des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Abteilungen dazu kommt. Klingt super. Aber wie jedes totalitäre System nutzt das Imperium Innovationen, um den Unterdrückungsapparat noch effizienter und tödlicher zu führen und schließt den Gedanken mit ein, dass der Einzelne durch die Arbeit schlussendlich zu Grunde gehen soll. Ein echtes Weltraum-KZ.

Ein ähnlich unangenehmes Szenario gab es 1960 auch in unserer beliebten deutschen Piccolo-Serie Nick von Hansrudi Wäscher. Es war die epische Mikrokosmos-Storyline, in der Nick und seine Freunde von den totalitären Herrschern gefangen genommen, deportiert und in ein perfides Arbeitssystem abgeschoben werden, in dem man es entweder schafft, sein Tages-Soll abzuliefern, oder stirbt. Auch bei Nick dauerte es einige Hefte, bis der Held einen Mitgefangenen dazu bewegen konnte, einen Ausbruch zu wagen (mehr dazu in Währenddessen 42). Zugegeben, der Moment, als Nick seine Ketten sprengt, weil er sie seit Wochen mit Wasser schwächt, damit sie rosten, ist ganz schön unglaubwürdig, aber der Rest der Story ist wunderbar geplottet und mitreißend – und vor allem aber ist der Gefangenenalltag so trist und trostlos gezeichnet, dass man diesen kleinen Schwachpunkt gerne übersieht. Da geht auch Wäscher ganz schön weit.

In Nick 52 werden die Helden in Lager deportiert.

In Nick 53 herrscht Stillstand. Die Story ist ganz dem Übertritt ins Lagerleben gewidmet. Erst ab Heft 54 tut sich eine Ahnung von Hoffnung auf.

Aus Nick 54: „Verraten!“

Die Schwachstelle. Gutes altes Ferrum.

(Nachteile von reinem Eisen: geringe Festigkeit, korrosionsanfällig, weiches Material, teuer in der Herstellung.)

Ich hoffe, auch Kai Stellmann, Autor des Buchs Science-Fiction-Pop-Art: Die sensationelle Dokumentation über Hansrudi Wäschers NICK, DER WELTRAUMFAHRER, hat Andor gesehen und nimmt diese kleine Parallele in der nächsten Auflage seines Buchs noch mit auf, er ist ja sonst auch stets gerne auf der Suche nach Parallelen zwischen Wäschers Comics und modernen SF-Stoffen. Von Stellmann stammt ja auch die Erkenntnis, dass Wäscher in seinen Nick-Comics Roland Emmerichs Stargate bereits antizipiert hat – und wer will das ernsthaft bezweifeln? Ich empfehle dazu, die letzte lange Storyline der Nick-Piccolos – die mit Nicks Sternentor – einfach selbst zu lesen. Ich habe mir soeben die Hefte dafür zurechtgelegt. Das wird noch mal gut.

„One way out! One way out!“

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