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Währenddessen… (KW 19)

Für Währenddessen hat sich Niklas den Kriegscomic Fury: My Wars Gone By ganz genau angesehen.

Krieg ist schrecklich. Das lohnt sich immer wieder wiederholt zu werden. Aus „Fury: My Wars Gone By“. (c) Marvel Max, (c) Panini Comics

Niklas: Ich habe inzwischen fast alle meine Comics von Alan Moore weiterverkauft. Inzwischen sehe ich zwischen all der Gewalt und Grausamkeit keine Tiefe mehr, sondern einfach nur Effekthascherei.

Auf der anderen Seite habe ich mir inzwischen Fury: My Wars Gone By zweimal zugelegt. In diesem Comic von Garth Ennis und Goran Parlov sehe ich Tiefe, trotz aller Gewalt und Grausamkeit, die darin vorkommen. Die Geschichte spielt in einer alternativen Zeitlinie der klassischen Marvelwelt, mit dem Nick Fury der 1960er. Der ist hier nur Agent der CIA, dem keine kleine Privatarmee untersteht und der auch nicht in einer fliegenden Festung die Welt rettet. Hydra oder Leute in Anzügen bekämpft er ebenfalls nicht, sondern das kommunistische Russland und dessen Verbündete. Zumindest offiziell, denn natürlich geht es den reichen Amerikanern mit Macht vor allem um Geld, Macht und noch mehr Geld und Macht. Und mittendrin Nick Fury, die klassische Heldenfigur aus Actionfilmen, stoisch, brutal im Kampf und ein Arsch gegenüber seinen Liebsten. Ein Mann, der Menschen auf tausend Arten töten kann, tausend Menschen auch tötet und doch nichts damit ändert.

Fury: My Wars Gone By bleibt, abgesehen von seinem langsam alternden Protagonisten, nah an der Realität. Hier werden keine großen Siege, sondern nur Fehlschläge der USA und ihrer Verbündeten gezeigt. Nick Fury ist überall mit dabei, kämpft in Vietnam und Kuba und Südamerika. Wo die Männer da oben ihn haben wollen, geht er hin. Weil er den Krieg liebt, das Adrenalin und dadurch ein echter Mann wird. Schließlich sind echte Männer auch Killer.  Und obwohl er harten Sex hat, sein Fleisch blutig verschlingt und puren Whisky zu bluten scheint, ist dieser klassische Machoheld letztendlich impotent. Denn die Welt verändert er durch seine Einsätze nicht zum Besseren. Viel eher trägt er dazu bei, dass sie mindestens genauso korrupt und grausam bleibt wie vorher. Aber Veränderungen interessieren ihn nicht, solange sein Spielplatz, das Schlachtfeld, spannend bleibt. Aber mit der Politik ändert sich auch der Krieg und so wird auch Fury sich mit den globalen Konsequenzen auseinandersetzen müssen.

Fury My Wars Gone By zeigt was für eine flache Männerfantasie der Actionheld letztendlich ist und erzählt das größtenteils unaufgeregt. Selbst die Gewalt, so grausam sie auch ist, ist letztendlich nur die Konsequenz einer brutalen Welt. Selbst wenn jemanden das Gesicht zusammengequetscht wird, kommt mir das nicht wie reine Provokation vor, sondern wie Teil des normalen Soldatenalltags.[1]

Es ist eine deprimierend realistische Geschichte, aber das macht sie am Ende auch so gut. Ennis hielt sich hier mit dem üblichen Ekelhumor und übercoolen Szenen zurück und erschuf sogar zwei seiner faszinierendsten Antagonisten, Senator McCusky und den nordvietnamesischen Offizier Le Trong Giap. McCusky startet als etwas zynischer, aber trotzdem wohlmeinender Konservativer, den die Macht im Laufe der Jahre korrumpiert, während Giap als Idealist über Leichen gibt, um seinem Land die Regierung zu geben, die es verdient. Zwar gibt sich McCusky zum Schluss den Ennis üblichen sexuellen Perversionen hin, aber trotzdem bleiben sie beide lebensecht, genau wie Fury selbst. Am Ende versteckt sich hinter Furys stoischer Miene ein unsicheres Würstchen ohne den Wunsch, sich wirklich einzubringen, ein Schwächling, der sich über andere erhebt, indem er sich auf seine Ausbildung als Killer etwas einbildet. Und am Ende ist es auch sein letztes Treffen mit Giap, das mir immer das Herz bricht, da es beiden Männer zeigt, wofür all das Morden am Ende war: für Nichts.

Goran Parlovs Zeichnungen passen ebenfalls zu dieser Geschichte. Seine Figuren sind charakterstark und bewegen sich dynamisch. Die Aufteilung in vier breite Panels gibt dem Comic auch den Anstrich eines hochklassig gemachten Actionfilms. Ein deprimierend guter Comic, den ich  nicht so schnell verkaufen werde.

[1] Anmerkung von Christian: Naja, Tagesordnung ist Foltern für Soldaten nicht gerade. Außerdem machen sowas eher Gangster, z.B. in Scorsese-Filmen. Diktaturen machen das auch gerne, ganz ohne Krieg. Soldatenalltag ist das Foltern nun nicht unbedingt.

Anmerkung zu Christians Anmerkung von Niklas: Ich weiß du widersprichst da, Christian, aber foltern und vergewaltigen ist tatsächlich normaler als man denkt bei Soldaten. Wenn du mal zu gute Laune hast, google mal Dokus über Soziopathen im Soldatenjob. Oder was es mit dir macht, wenn du während der Ausbildung erst gebrochen und dann wieder zusammengesetzt wirst. Das ist Teil des Kreislaufs aus Macht und Gewalt, der dazu gehört.

 

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