In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Christian: Ich war ganz aus dem Häuschen, als ich mitbekam, dass Chester Brown mit Mary wept over the feet of Jesus nach 20 Jahren wieder einen Comic mit Stories aus der Bibel macht. Geschichten aus dem Neuen Testament hat er ja schon in den 80er Jahren seiner Independent-Reihe Yummy Fur gebracht, in der auch sein Ed the happy clown und die autobiografischen Comics The Playboy-Stories und FUCK erschienen. Mir haben diese Jesus-Geschichten immer am besten gefallen. Schade, dass sie nie nachgedruckt wurden.
Die Jesus-Interpretation von Brown ist wirklich einzigartig. Sein Jesus ist unnahbar, neigt zu Wutanfällen, spricht in Rätseln. Chester Brown arbeitet ziemlich pointiert das Irritierende und Unheimliche der Religion heraus, ohne dabei in irgendeiner Form taktlos zu sein. Zartbesaitete Gemüter dürfte allerdings irritieren, dass diese faszinierenden Annäherungen aus der gleichen Feder stammten wie das pornografisch-splatterige Ed the happy clown – und auch nur mit diesem zusammen zu erwerben waren. Chester Brown hat offensichtlich die Ursache für seine Ängste, Neurosen und Zwänge in seiner christlichen Prägung gesehen und diese vor den Augen des Lesers Monat für Monat in einem der besten Bibelcomics überhaupt aufgearbeitet. Immerhin, sein Markus-Evangelium hat er mit Kreuzigung und Auferstehung Jesu konsequent abgeschlossen. An seinem Matthäus, der in Teilen noch besser war, hat er leider nach halber Strecke das Interesse verloren.
Daniel: Der App-Entwickler Playdek stellt mir diese Woche eine unlösbare Frage. Warum sollte ich die Computeradaption des wohl besten Zwei-Spieler-Brettspiels der Welt nicht kaufen? Twilight Struggle ist eine Art Schach zur Zeit des Kalten Kriegs. Die Spieler übernehmen die Rollen der beiden Supermächte, aber statt direkt um Gebiete zu kämpfen, lassen sie lieber ihre Einflüsse im Verborgen spielen – in Nicaragua, in Afghanistan, in Nord- und Südkorea, aber auch in Ost- und Westeuropa. Dazu werden Karten mit historischen Ereignissen gespielt, die in jeder Partie anders verteilt sind. So kann es dazu kommen, dass der russische Spieler die Gründung der Nato verhindert, aber Papst Johannes Paul II nach Polen schicken muss. Dieses strategische Taktieren und Neuschreiben der Geschichte lässt sich nun auch digital mit einem Kontrahenten oder gegen eine künstlichen Intelligenz spielen. Und warum sollte ich dieses perfekte Spiel nicht sofort kaufen? Ich zwinge mich, auf die iPad-Umsetzung und auf die Verfeinerung der AI zu warten.
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.