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Währenddessen… (KW 1)

Eine maskierte Frau, die eine Riesenspinne reitet. Mehr Pulp geht nicht.

Christian: Man ist als Leser von Superheldencomics ja gewillt, so einiges an physikalischen Ungereimtheiten zu verzeihen. Wie oft haben allein Superman oder Batman schon Personen aus dem freien Fall in hoher Geschwindigkeit aufgefangen; lediglich bei Spider-Man kann man einräumen, dass sein Versuch, die fallende Gwen Stacey zu retten, ihren Genickbruch erst verursachte (mehr zu der Kontroverse darüber kann man in James Kakalios‘ „Physik der Superhelden“ nachlesen). Trotzdem: Auch Spider-Man erzählt uns natürlich großen Humbug über die Folgen der Radiokativität und auch die Wirksamkeit seiner Netzdrüsen akzeptieren wir, ohne je daran zu glauben. Suspension of Disbelief ist schon etwas befreiendes.

Unerhört …

Warum ist es dann nur so schwer, Tibors Fähigkeit, mit den Tieren zu kommunizieren, zu akzeptieren? Aber anders als Tarzan ist eben Tibor nicht wie Tarzan bei den Affen aufgewachsen, sondern hat sich als Erwachsener die Affensprache angeeignet. Und er kann auch mit allen anderen Tieren reden – und immer in ausgefeilter Grammatik: Mit Schlangen zischelt er, mit Löwen brummt und brüllt er, mit Elefanten redet er bruii und torröö usw. usf. Dabei haben alle Tiere den Jargon deutscher Mittelständler drauf und wenn seine Äffchen Pip und Pop mal wieder einem Elefanten einen Streich spielen, dann geht es zu wie bei Meister Eder und sein Pumuckl. Ganz schöne Kindereien das. Ich bin zwar kein Fan davon, sich Comics als Film vorzustellen, aber einen Tibor-Film könnte ich wohl nur von Bully Herbig akzeptieren. Tibor könnte Tierlaute sicher so gut imitieren wie Christian Tramitz in Schuh des Manitou (die Marterpfahlszene ist aber auch lustig).

Sogar auf den Reprint-Büchern von Hethke steht, dass es, liest man heute noch Tibor, nur noch darum gehen kann, sich in die Träume der Kindheit zurückzuversetzen. Wenn man sich aber den Luxus gönnt, den ganzen Unfug zu akzeptieren, aus dem das Tibor-Worldbuilding sich zusammensetzt, kann man eine ganze Menge Spaß haben. In einer dieser langen Tibor-Geschichten wird der Held von abergläubischen Eingeborenen dazu gezwungen, ihnen sein Diamantenversteck zu verraten, weil eine böse Spinnengötin Diamanten als Opfergaben verlangt. Bis Tibor endlich zum ersten Mal die Spinnengöttin zu sehen bekommt, ist erst mal so einiges an Kompetenzgerangel zu ertragen, worin Tibor mit den anderen Gorillas rausraufen muss, wer der Oberaffe im Urwald ist, aber der erste Auftritt der Spinnengöttin entschädigt für Vieles. Eine maskierte Frau, die auf einer Riesenspinne reitet – da schlägt das Herz jeden Pulp-Fans höher.

Ich finde, Tibor sollte diese Frau heiraten.

Bestimmt wieder so eine Spinnerei mit Radioaktivität und so. Alle Abbildungen (c) Walter-Lehning-Verlag.

Die Spinne ist natürlich mechanisch und einst von den Schurken günstig als Requisite eines Filmdrehs erworben worden (Tarantula lässt grüßen). Im Zuge vieler Abenteuer (bei Hansrudi Wäscher heißt es immer „Nach vielen Abenteuern“) gelingt es Tibor, die Spinne zu zerstören, er kann aber nicht verhindern, dass die Ganoven von den getäuschten O’Gogos massakriert werden (tatsächlich ganz schön grausam). Die Spinnengöttin jedoch, eine verblendete Komparsin, rettet er, bevor sie von den O’Gogos geopfert werden kann. Die Wandlung von der Oberschurkin zur Damsel in Distress erszählt Hansrudi Wäscher bravourös und gar nicht unspannend.

Danach, nachdem der Frieden im Urwald wieder hergestellt ist, gibt es nur ganz kurz eine kleine Blödelei mit den Äffchen, und schon geht es weiter zum nächsten Abenteuer, ein finsterer Mordfall im Busch und die Frage, wer war’s. Wem das alles zu albern ist entgeht einiges.

 

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