Diese Woche u.a. mit den Comics des Jahres, einem neuen YouTube-Format über Comics und einer bissigen Betrachtung der Berliner Comiclandschaft durch den Zeichner Berliac.
Die Jury hat gewählt: Das sind die besten Comics 2015
Der Tagesspiegel, Lars von Törne
Bei der zum vierten Mal vom Tagesspiegel durchgeführten Suche nach dem „Comic des Jahres“, diesmal mit einer komplett neu besetzten Jury, fiel die Wahl zum vierten Mal auf einen Band aus dem Hause Reprodukt: Ein Sommer am See von Mariko und Jillian Tamaki bekam mit Abstand die meisten Punkte in der Jurywertung, bei der jedes Jurymitglied elf Comics mit 0 bis 10 Punkten bewerten konnte.
Berliac: Neo-Gekiga in Berlin
Dreimalalles, Christian Maiwald
Dieses Interview stellt den bisher noch nicht sehr bekannten Comiczeichner Berliac vor, der aus Buenos Aires stammt, inzwischen in Berlin lebt und dort unter anderem fürs Vice Magazine und an seiner von Gekiga-Manga inspirierten Reihe Seinen Crap arbeitet. Berliac zeigt sich hier als schlauer Beobachter, der sich ein genaues und sehr kritisches Bild der deuutschen bzw. Berliner Comicszene gemacht hat und bedauert, dass diese in unterschiedliche „Ghettos“ aufgeteilt ist, die sich voneinander abgrenzen und sich kaum vermischen. Daran sind aus seiner Sicht auch Verlage, Medien und Institutionen schuld.
TOK! TOK! FOX!
toktokfox.de
Ein neuer YouTube-Channel widmet sich in regelmäßigen, ausführlichen Folgen dem Thema Comics. Tok! Tok! Fox! ist eine Art Talkshow, in der sich ein paar Comicfans, die auch alle online sehr aktiv sind, über das Medium austauschen und einzelne Titel vorstellen. Das Format ist visuell ziemlich gewöhnungsbedürftig (verschiedene Menschen sitzen einzeln und teilweise spiegelverkehrt vor Webcams in unterschiedlicher Qualität und halten ab und an mal einen Comic in die Kamera), aber vielleicht bin ich auch einfach zu alt für so etwas. Inzwischen sind drei Folgen erschienen, wobei die zweite Folge aktuell (noch?) im digitalen Nirvana verschwunden ist.
Mittenmang #01
MarvComics, Marvin Clifford
Flix hat seine Serie Schöne Töchter, die viele Jahre lang in Sonntagsausgaben der Zeitung Tagesspiegel lief, vor kurzem beendet. Sein Nachfolger ist nun Marvin Clifford (Schisslaweng), der alle vier Wochen eine Episode Mittenmang abliefern wird, eine Serie, in der Berliner Orte und Bauwerke auf etwas andere Art vorgestellt werden. Auf seiner Homepage ist nun die erste Folge zu sehen, die zeigt, was wirklich hinter dem Bau des Berliner Fernsehturms steckte. Den Einführungstext, mit dem die Zeitung den „Neuen“ vorstellt, gibt es hier.
Fumetto-Kunstbuch
100 Days, Andrea Leardi
Auf der Schweizer Crowdfunding-Plattform „100 Days“ wirbt das Luzerner Comicfestival Fumetto um Unterstützung für einen Jubiläumsband zum 25. Geburtstag, der im kommenden Jahr gefeiert wird. In dem Buch soll die Fumetto-Geschichte in Comicform nacherzählt werden, wobei jedes Kapitel von einem anderen Künstler stammt. Beteiligt sind unter anderem Tom Gauld, Gabrielle Bell, Kati Rickenbach, Jens Harder und Max.
NICHTLUSTIG – die Serie!
Kickstarter, Joscha Sauer
Schon vor drei Jahren sammelte Nichtlustig-Zeichner Joscha Sauer via Crowdfunding über 180.000 Euro, um aus seinem erfolgreichen Cartoon eine Trickfilmserie zu machen. Von dem gesammelten Geld wurde eine erste Folge produziert, um das Konzept bei Fernsehsendern vorstellen zu können. Diese haben allerdings nicht angebissen, wie Sauer und Produzentin Britta Schewe in einem Interview bei Stefan Niggemeier erklären. Deshalb soll nun wieder ein sechsstelliger Betrag durch die Crowd generiert werden, um weitere Folgen herstellen zu können. Das Finanzierungsziel für Folge 3 wurde schon nach zwei Tagen erreicht; die Kampagne läuft aber noch bis Anfang Januar weiter, so dass möglicherweise das Geld für weitere Folgen hereinkommt.
Tintin expert becomes first UK professor of comics
The Telegraph, Tristram Fane Saunders
Die Universität von Lancaster hat den Franzosen Benoît Peeters zum ersten Gastprofessor für „Graphic Fiction and Comic Art“ berufen. Peeters wurde als Szenarist der Comics um die „Geheimnisvollen Städte“ bekannt, an der er zusammen mit François Schuiten seit über 30 Jahren arbeitet. Außerdem hat der ausgewiesene Hergé-Experte mehrere Bücher über Comics geschrieben. Peeters wird nun drei Jahre lang in England lehren, forschen und Workshops leiten. Die offizielle Pressemitteilung der Universität findet man hier.
The fragile framework
Nature, Richard Monastersky und Nick Sousanis
Zur UN-Klimakonferenz in Paris, die morgen beginnt, hat das Wissenschaftsmagazin Nature in seiner letzten Ausgabe einen achtseitigen Sachcomic abgedruckt, der das Problem der globalen Erwärmung und die große Aufgabe, dieses zu bewältigen, beschreibt. Redakteur Monastersky arbeitete für den Comic mit Nick Sousanis zusammen, der kürzlich eine ganze Dissertation in Comicform veröffentlicht hat (siehe Links der Woche 34/15).
A perilous journey: Mohammad’s flight to Europe from Syria – an illustrated account
The Guardian, Benjamin Dix und Lindsay Pollock
Unter dem Titel A Perilous Journey hat die Organisation Positive Negatives einen dreiteiligen Reportagecomic geschaffen. Jede Episode stellt einen syrischen Flüchtling vor und erzählt dessen individuelle Geschichte von seiner Flucht nach Europa.
Hoverboard
xkcd, Randall Munroe
Randall Munroe, Schöpfer des Webcomics xkcd, hat ein neues Buch veröffentlicht und bewirbt es mit einer xkcd-Spezialfolge: „Hoverboard“ sieht anfangs aus, wie ein simples kleines Browserspiel, man kann aber die Spielfigur über die Grenzen des kleinen Spielfelds hinaus bewegen und dann in einer ziemlich großen Welt herumwandern und zahlreiche Details entdecken. Dokumentiert ist das alles im „Explain xkcd“-Wiki. Noch mehr von Randall Munroe gibt es beim Guardian, der ihn mit dem kanadischen Astronauten Chris Hadfield (der mit dem tollen „Space Oddity“-Video von der ISS) zusammengebracht hat. Beide sind Fans des jeweils anderen und führen ein lesenswertes Gespräch.