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Links der Woche 40/15: Hoch hinaus

Ein neues Bauprojekt bereichert die deutsche Webcomiclandschaft. Ansonsten haben die Links dieser Woche eher mit unerfreulichen Themen zu tun.

© Katharina Greve

© Katharina Greve

Das Hochhaus
Katharina Greve
„102 Etagen Leben“ lautet der Untertitel eines neuen Webcomics, den Katharina Greve (Ein Mann geht an die Decke, Hotel Hades) am letzten Dienstag begonnen hat. Die gelernte Architektin baut hier im Wochenrhythmus ein 100-stöckiges Hochhaus, in dem jede Etage ein Comicstrip ist. Los ging es mit dem Keller, jeden Dienstag wird ein Stockwerk draufgesetzt, so dass ein Comic entsteht, dessen Panels aufgeschnittene Räume sind. Dieses Prinzip wurde in der Comicgeschichte immer wieder sehr effektiv angewandt, zum Beispiel von Will Eisner, Chris Ware oder Alan Moore und Rick Veitch.

Teure Wissenschaftscomics
Bund der Steuerzahler
Der Lobbyverband Bund der Steuerzahler sammelt in seinem „Schwarzbuch“ jedes Jahr Beispiele dafür, wie aus seiner Sicht öffentliche Gelder in Milliardenhöhe verschwendet werden. In der neuen Ausgabe wird dort unter anderem die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren kritisiert, die für ihren Blog seit Februar 2014 monatlich den Comic Klar soweit? von Veronika Mischitz erstellen lässt. Der BdStz hält das für Verschwendung und findet, man solle mit Steuergeld „nicht Comics über Mohrrüben mit minimaler Reichweite finanzieren“. Dass eine solche Art der Informationsvermittlung ihr (vergleichsweise bescheidenes) Geld durchaus Wert sein könnte, kann man kommende Woche beim Symposium „Science meets Comics“ (begleitet von einer Ausstellung) an der Berliner Humboldt-Uni erfahren. Das wird dem Steuerzahlerbund aber wohl auch nicht gefallen, wird es doch von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt finanziell gefördert.

Stellungname des Vorstandes zum Wettbewerb von Gruner&Jahr
Illustratoren Organisation e.V.
Regelmäßig gehen Firmen auf die Suche nach Zeichnungen oder Comics, indem sie Wettbewerbe ausschreiben. Nicht immer wird dabei fair mit den Urheberrechten der Teilnehmer umgegangen. Der Berufsverband der Illustratoren nimmt nun Stellung zu den Teilnahmebedingungen eines „Kreativ-Wettbewerbs“, der derzeit von der Zeitschrift Flow und dem Online-Marktplatz DaWanda ausgeschrieben wird: Kritisiert wird zum einen, dass die Teilnehmer den Unternehmen weitreichende Nutzungsrechte einräumen müssen, zum anderen, dass es selbst für die Gewinner kein finanzielles Honorar gibt. Das Statement endet mit dem Fazit: „Durch Wettbewerbe wie dem vorliegenden verschiebt sich die Beziehung zwischen Urheber und Verwerter weg von einer fairen Geschäftsbeziehung hin zu einem einseitigen Nutzen-Verhältnis, bei dem hauptsächlich der Verwerter profitiert.“

The Fate of a Joke in Lebanon
The New Yorker, Elias Muhanna
Das Beiruter Comicmagazin Samandal, das auch immer wieder internationale Kooperationen mit Künstlern aus Frankreich, Spanien, Deutschland und anderen Ländern eingegangen ist und 2012 beim Comic-Salon Erlangen zu Gast war, hat einen langjährigen Gerichtsprozess im Libanon verloren. Nachdem sich christliche Gruppen im Jahr 2010 über mehrere Beiträge in einer Ausgabe von Samandal aufgeregt hatten, führte dies zur Anklage der drei Herausgeber. Der über fünf Jahre laufende Prozess endete nun mit einem Schuldspruch wegen Verunglimpfung der christlichen Religion und einer Strafe von 20.000 Dollar, berichtet der New Yorker, der auch die teilweise dubiosen Hintergründe dieses Prozesses beleuchtet.

Enough is Enough: Dark Horse’s Scott Allie’s Assaulting Behavior
Graphic Policy, Janelle Asselin
Übergriffiges Verhalten und sexuelle Belästigung gehören zu den Problemen, die in der Comicbranche regelmäßig auftauchen, aber leider oft unter den Tisch gekehrt oder heruntergespielt werden. Die Website Graphic Policy machte nun einen Fall öffentlich, bei dem es sich offenbar um einen notorischen Übeltäter handelt: Scott Allie, der seit vielen Jahren als Autor und Redakteur bei Dark Horse Comics arbeitet (u.a. für Serien wie Buffy the Vampire Slayer und B.P.R.D.), von 2009 bis 2015 als „editor in chief“ des Verlags fungierte und kürzlich zum „executive senior editor“ ernannt wurde. Dem Artikel zufolge ist Allie bekannt dafür, gegenüber Kolleginnen und Kollegen ausfällig zu werden, vor allem im betrunkenen Zustand – gerne wird das Gegenüber dann auch mal ins Ohr oder andere Körperteile gebissen. Autorin Janelle Asselin zitiert diverse Vorwürfe gegen Allie und kritisiert die Wagenburgmentalität der Comicbranche, die gegen solche Fälle nicht engagiert genug vorgehe. Sowohl Allie selbst als auch der Verlag Dark Horse reagierten mit öffentlichen Statements auf den Artikel: Allie gibt sich beschämt und entschuldigt sich bei allen Beteiligten („My personal approach and decisions for managing stress were bad.“). Dark-Horse-Gründer Mike Richardson verwehrt sich dagegen ausdrücklich gegen den Vorwurf des Wegsehens. Sein Verlag nehme solche Vorfälle ernst und unternehme die entsprechenden Schritte, tue dies aber intern.

So, about that Harvey Award
Chip Zdarsky
Vor einer Woche wurden auf der Baltimore Comic-Con die Harvey Awards verliehen (hier eine Liste aller Preisträger). In der Kategorie „Special Award For Humor In Comics“ gewann Chip Zdarsky, Zeichner der Image-Serie Sex Criminals (auf Deutsch bei Panini Comics). Dieser hat die Auszeichnung nun aber abgelehnt, weil nur er, nicht aber Matt Fraction, der Autor der Serie, den Preis bekam. Schon nach seiner Nominierung im Juli forderte er die Aufnahme Fractions auf der Nominierungsliste, nun schreibt er auf seinem Blog, er werde den Preis nicht annehmen. Wenn ihm die Trophäe trotzdem zugeschickt werde, werde er Fractions Namen zusätzlich eingravieren und das Ding versteigern. Dass hinter dieser Aktion ein durchaus subversiver Hintergedanke steckt, zeigt ein genauer Blick auf die Nominierungsliste in der Kategorie „Special Award For Humor In Comics“: Neben Zdarsky stand darauf noch Ryan Browne, Zeichner und Autor von God Hates Astronauts, ansonsten aber nur Autoren und keine Zeichner. Das Problem ist also eigentlich nicht die mangelnde Anerkennung der Autoren, sondern meistens das Gegenteil, eine Vernachlässigung der Zeichner. Zdarsky jedenfalls schlägt vor, dass in dieser Kategorie künftig die Werke selbst nominiert werden und nicht bestimmte Teilmengen ihrer Urheber.

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