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Countdown zum Mond #4: Hergé und Jules Verne (Teil 1)

Noch vier Tage bis zum 50. Jubiläum der Mondlandung: Am 21. Juli 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch die staubige Oberfläche des Mondes. In einer Artikelserie stellt Comicgate prominente und weniger bekannte Mondreisecomics vor.

Die Technische Seite der Mondreise bei Jules Verne und Georges Remi

Take Off

Von der Erde zum Mond (1865) und Reise um den Mond (1869) sind Teil einer mehr als 60 Romane umfassenden Buchreihe von Jules Verne, den Außergewöhnlichen Reisen, deren Ziel es war, den gesamten Kosmos abzubilden. Auch Tim und Struppi (Tintin et Milou), die Comichelden von Georges Remi (Hergé), verschlägt es in die verschiedenen Länder dieser Welt, und, in den Alben Reiseziel Mond (1953) und der Fortsetzung Schritte auf dem Mond (1954), auch auf den die Erde umkreisenden Himmelskörper.

Sowohl Jules Verne als auch Hergé legten großen Wert auf die technische Darstellung der Mondfahrt und der dafür notwendigen Hilfsmittel, konsultierten sogar Wissenschaftler, um möglichst exakt arbeiten zu können. Diese wollen wir uns in einem kleinen Vergleich ansehen:

1. Die Konstruktion der Mondrakete

In Von der Erde zum Mond wird bereits in den ersten Kapiteln über die Möglichkeit spekuliert, ein Projektil zu bauen, das mithilfe einer überdimensionalen Kanone in den Weltraum geschossen wird. Mond und Erde müssen, damit das Ziel nicht verfehlt wird, in der richtigen Position zueinander stehen. Die Rakete besitzt eine Geschwindigkeit, die von der Schwerkraft abgebremst würde und, sobald der Mond erreicht wäre, bei 0 läge. Ohne Eigengewicht fiele die Rakete – bei Verne eigentlich ein übergroßes Projektil – dann auf den Mond. Während Verne folglich von damals aktuellen Schusswaffen inspiriert wurde, suchte Hergé seine Inspiration bei Wernher von Braun, dessen V2-Rakete Vorbild für Professor Bienleins Raketen war. Hergé verfügt über ein deutlich detaillierteres Wissen vom All als noch Jules Verne: Er schießt eine Rakete zum Mond, die gewendet werden muss, um zu landen und weiß von der aufgehobenen Schwerkraft des gesamten Weltraums sowie des Reduktionsgrades des Mondes, der 1/6 beträgt (was Jules Verne allerdings auch erwähnt).

2. Der Antrieb

Das Projektil und die Rakete verwenden zwei völlig unterschiedliche Antriebsmechanismen. Jules Vernes Projektil benötigt, um ins All zu gelangen, ein 900 Fuß langes Kanonenrohr, das in der Erde verankert mit gusseisernen Ringen und einer dicken Mauer fixiert wird. Die sogenannte Kolumbiade vereint die Eigenschaften einer Kanone, einer Haubitze und eines Mörsers. Der Sprengstoff, mit dem die Rakete entzündet wird, besteht aus einer hochexplosiven Mischung (Baumwolle und Salpetersäure), die Jules Verne „Schießbaumwolle“ nennt.

Modelle der Mondrakete im Musée Hergé (Quelle: JohnCR78/TripAdvisor)

Hergés Mondrakete, von Professor Balduin Bienlein konstruiert, unterscheidet sich indes deutlich von Vernes Kolumbiade. Um den Antrieb, einen Atommotor, benutzen zu können, wird Plutonium, das aus Uranerz besteht und in einem Kernreaktor angereichert wird, verwendet. Dieser besteht u.a. aus Graphitblöcken, in denen sich Aluminiumrohre befinden. Hier erkennt man deutlich, wie sehr sich die technischen Voraussetzungen seit Jules Vernes Mondreise geändert hatten. Besonders interessant dabei der Umstand, dass Plutonium erst 1942, also 8 Jahre vor der Erstveröffentlichung der französischen Originalausgabe im Tintin-Magazin, entdeckt wurde. Bereits der Prototyp der Mondrakete, die X-FLR 6, arbeitet mit einem Atomantrieb und Professor Bienlein bemerkt, dass es zuvor noch keine Rakete mit diesem Antriebssystem gab. Start und Landung werden jedoch mit Hilfe eines Düsenmotors durchgeführt, um den Landeplatz nicht atomar zu verseuchen. Als Brennstoff nutzt man ein Gemisch aus Salpetersäure und Anilin, was an die Zusammensetzung der Verne‘schen Schießbaumwolle erinnert. Nun stellt sich jedoch das Problem der Beschaffenheit des Motors: Während übliche Materialien zur Kernschmelze führen würden, erfindet Professor Bienlein das nach ihm selbst benannte „Balduinit“, ein nicht genau definiertes Silikonderivat, das seinen Ansprüchen standhält.

Fortsetzung folgt …

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