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Die Wächter des Louvre

Einmal im Jahr publiziert das Pariser Musée du Louvre in Kooperation mit dem französischen Verlag Futuropolis einen Comicband, für den sich ein renommierter Künstler mit dem berühmten Museum beschäftigt. So haben u.a. Enki Bilal, Éric Liberge oder Marc-Antoine Mathieu schon Louvre-Alben vorgelegt. Auch die in deutscher Übersetzung erhältlichen Bände Der schielende Hund (Egmont Graphic Novel) von Étienne Davodeau und Einmal durch den Louvre (Reprodukt) von David Prudhomme fallen darunter.

Alle Abbildungen: © Jiro Taniguchu,Carlsen Comics

Alle Abbildungen: © Jiro Taniguchu,Carlsen Comics

Ebenfalls für das Projekt gewinnen konnte man den japanischen Mangaka Jiro Taniguchi, dessen Werke hierzulande seit Jahren von den Verlagen Carlsen und Schreiber & Leser  veröffentlicht werden und der als der vielleicht „westlichste“ aller Mangazeichner gilt. Mit Die Wächter des Louvre begab sich der Japaner zumindest teilweise auf unvertrautes Terrain: Die zentrale Figur darin ist ein junger, japanischer Comiczeichner, ein Alter Ego Taniguchis wenn man so will, der nach einem Festivalbesuch in Barcelona einen Abstecher in die französische Hauptstadt wagt, wo er ein paar Tage Sightseeing betreiben möchte. Leider plagt ihn eine schwere Grippe und er fällt in ein Delirium. Zwischen Traum und Wirklichkeit wandelnd, begegnet er den zum Leben erwachten Ausstellungssstücken des Louvre, die geisterhaft durchs Gebäude huschen, spricht mit van Gogh und anderen verstorbenen Künstlern und erhält Einblick in die bewegte Vergangenheit des Museums.

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Nun zeichneten sich die vergangenen Arbeiten Taniguchis wie z.B. Vertraute Fremde oder Der spazierende Mann vor allen Dingen durch ruhiges, unaufgeregtes Storytelling, gefühlvolle Charakterisierungen und nachdenklich machende Szenarien aus. Auch Die Wächter des Louvre ist ein ruhiger, langsam erzählter Comic, doch Anspruch und Emotionalisierung kann man nur mit großen Abstrichen erkennen. Taniguchis Protagonist bleibt einem als Leser auch am Ende noch fremd, was vor allem daran liegt, dass sein einziger Nutzen in der Interaktion mit den Exponaten, bzw. in der Rolle eines Touristen besteht, der mit auf eine (bedingt durch das Fieber) einzigartige Expedition genommen wird. Die Handlung wirkt insgesamt etwas künstlich vorangetrieben und zur zweckgemäßen Werbung für das Museum und dessen ihm eigenen Besonderheiten stilisiert. Trotzdem, auch wenn die Story enttäuscht und am Leser zeitweise unbeeindruckt vorbeirauscht, sind so einige Szenen doch ganz wunderbar ausgestaltet. Das liegt natürlich nicht nur an Taniguchis Routine als Erzähler, der weiß, wie er gekonnt mit Perspektiven spielt und Personen instrumentalisiert, sondern auch an dem prächtigen Artwork, das komplett in Farbe gehalten ist.

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Überhaupt ist es unkonventionell, dass die Arbeit eines japanischen Künstlers durchgehend koloriert ist. Nicht automatisch muss sich dieser zusätzliche Aufwand lohnen, manchmal ist es passender, Schwarz-Weiß-Bilder für sich wirken zu lassen. Doch im vorliegenden Fall führen die fein und behutsam kolorierten Panels zu einem äußerst beeindruckenden Ergebnis. Das große Albenformat tut in dieser Hinsicht sein übriges. Wer die Werke Jiro Taniguchis regelmäßig liest, wird in Die Wächter des Louvre sicher nicht das inhaltliche Highlight seines Schaffens wiederfinden. Dafür ist die Grafik allerdings so schön – und einmalig für den Künstler – dass man an dem Band nicht vorbeikommt. Und da Taniguchi mit der Farbgebung und dem Format schon neues Terrain betreten hat, wurde von ihm (und auch von seinem deutschen Verlag) zumindest die asiatische Leserichtung von rechts nach links beibehalten. Das ist erfreulich, da dies der Herkunft des Künstlers viel besser Rechnung trägt, als alle versuchten Anspielungen auf japanische Tradition und den Geburtsort des Protagonisten innerhalb der Story.

Die an der Oberfläche wabernde Erzählung ist ernüchternd, dafür weiß das Artwork zu begeistern

7von10Die Wächter des Louvre
Carlsen Comics, 2015
Text/Zeichnungen: Jiro Taniguchi
Übersetzung: John Schmitt-Weigand
136 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 29,90 Euro
ISBN: 978-3-551-76319-8

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