In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Christian: Nach einem Finnland-Trip letzten Mai hatte ich Lust darauf, ein bisschen mehr über das finnische „Nationalepos“, die Kalevala zu erfahren. Da kam mir Tilman Spreckelsens Nacherzählung gerade recht, die bei mir zu Hause schon seit einigen Jahren herumliegt.
Alle Figuren der Kalevala sind magisch begabt, mehr oder weniger unsterblich und können sich bei Bedarf auch in Tiere verwandeln. Das funktioniert jedoch nur, solange sie bei Kräften sind und vor Selbstbewusstsein strotzen. Sind sie besiegt, können sich auch solche Helden nicht mehr selbst helfen, sondern sind auf fremde Hilfe angewiesen. So wie der Heißsporn Lemminkäinen, der gerne die hübsche Tochter der Hexe Louhi ehelichen möchte. Er erledigt für die Hexe eine unmögliche Aufgabe nach der anderen, nur um am Ende doch von einem Feind vergiftet, zerstückelt und ins Meer geworfen zu werden. Aber da eilt ihm seine Mutter zu Hilfe. Sie fischt mit ihrem Zauberrechen das Meer ab und findet so Stück um Stück des Kriegers. Es gelingt ihr auch, ihn wieder zusammenzusetzen und wiederzubeleben, aber irgendwie ist er doch nicht mehr so wie früher.
Auch die Geschichte des Gottes Väinämöinen ist große Fantasy. Sein Feind Joukahainen erschießt Väinämöinens Pferd, so dass dieser ins Meer stürzt und sechs Tage lang leblos herumtreibt. Ein Adler rettet ihn und trägt ihn ins Nordland zur Hexe Louhi. Um wieder nach Hause zu kommen, verspricht Väinämöinen der Hexe, dass ihr der Zauberschmied Ilmarinen den Sampo schmieden würde. Diese magische Mühle garantiert ewigen Wohlstand, da sie aus dem Nichts heraus Getreide, Salz und Geld hervorbringt. Die Hexe will den Wohlstand aber für sich selbst behalten. Das weckt Begehrlichkeiten, und so wird ihr der Sampo schließlich gestohlen. Die Flucht der Sampo-Diebe ist großes Kino: Die rasende Louhi schickt den Dieben erst das Ungeheuer Iku-Turso hinterher und verwandelt sich selbst in einen riesigen Adler, so groß, dass 100 Krieger auf ihr reiten können, mit scharfen Klingen an den Flügeln. Am Ende des epischen Endfights zerbricht das Sampo und ist unwiederbringlich verloren.
1999 hat Don Rosa sich der Kalevala angenommen und Onkel Dagobert und seine Neffen auf die Suche nach der Goldmühle geschickt. Daraus ist eine der besten Disney-Adaption klassischer Stoffe geworden, weil Rosa bis ins Detail dem Quellmaterial verpflichtet bleibt. Dagobert schlüpft in die Rolle des Väinämöinen, Gundel Gaukeley wird zur Louhi und Daniel Düsentrieb wird zum Sampo-Schmied. Aber auch kleine Details wie der Zauberrechen, mit dem das Meer durchfischt wird, finden ihren Platz, und Gundel verwandelt sich wie Louhi in einen Adler aus Schiffsteilen und Eisenklingen. In Finnland hat die Story einen kleinen Hype ausgelöst und Don Rosa wurde wie der Sagensammler Elias Lönroth fast schon als Nationaldichter gefeiert. Zurecht, denn „Die Jagd nach der Goldmühle“ ist eine fantastische Geschichte. Sicher eine von Rosas wichtigsten Duck-Erzählungen.
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