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Währenddessen … (KW 50)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Niklas: Nächste Woche ist Weihnachten und vielleicht bringt mir der Weihnachtsmann, den fünften Band von Bryan Talbots Comicserie Grandville. Zeit also noch mal die vorherigen Bände zu lesen, von denen Band Eins noch auf der alten Seite rezensiert wurde. Was ist Grandville? Steampunk mit sprechenden Tieren, gewürzt mit viel Gewalt. Und vielen Referenzen an die Comicszene. In dieser Welt leben Spirou, Struppi und Dagobert Duck nebeneinander. Frankreich hat ganz Europa erobert und ein wütender Dachs, Inspektor Archibald LeBrock, räumt mit dem Abschaum in allen Klassen auf.

Es ist eine interessante Mischung, die außerdem Verschwörungstheorien, Referenzen an James Bond und Themen wie Rassismus und Liebe in die Geschichte einwebt und trotzdem funktioniert. LeBrock ist mir als Hauptfigur etwas zu soziopathisch, aber das macht Talbot mit sympathischen Nebenfiguren und einem der besten Lucky-Luke-Expys wieder wett, den ich je gesehen habe (und jetzt möchte ich eine ganze Serie mit ihm). Was die Welt von Grandville aber wirklich einzigartig macht, ist dass die anthropomorphen Tiere noch andere Tiere als Haustiere halten (und essen) und wie es Talbot gelingt seine Welt zum größten Teil aus Referenzen an frankobelgische Comics zusammenzusetzen, auch wenn britische und amerikanische Comics sich hier und da in ein Panel schleichen: Unter anderem Donald Duck als potenzieller Serienkiller. Irgendwie habe ich immer gewusst, dass es nicht gut mit ihm enden wird. Genau wie mit dem Erdferkel Arthur aus dieser harmlosen Kinderserie, die seinen Namen trägt.

Schön ist auch, dass die Serie mit jedem Band besser wurde. Bestand Band 1 im Grunde nur aus Actionszenen, mit einer seichten Kritik an den Bush-Jahren, so ist Band 4 ein spannender Krimi mit ausgefeilten Figuren und einem intensiven und intelligenten Kommentar zu den Gefahren von Rassismus, organisierter Religion und der Frage wie diese Themen in eine Gesellschaft aus sprechenden Tieren passen. Band 5 muss jetzt einiges leisten, um das zu toppen, aber ich bin da optimistisch. Jetzt muss das Album nur unter dem Christbaum landen. Wenn der Weihnachtsmann weiß was gut für ihn ist, schenkt er ihn mir auch. Sonst sage ich Inspektor LeBrock, wo er wohnt.

ChristianNeil Young hat sein Lebenswerk zum Streamen ins Netz gestellt. Die Seite ist sensationell gut gemacht und für die ersten Monate kostenlos zu bedienen. Seltsamerweise sind ein paar Stücke nicht verfügbar, offensichtlich gibt es da noch die eine oder andere rechtliche Frage zu klären. Das ist bei den gemeinsamen Arbeiten mit Buffalo Springfield oder Crosby, Stills and Nash nachvollziehbar, dass es aber keine verfügbare Version von Out of the Blue gibt, ist schon ärgerlich. Liegt das daran, dass das Stück mal in einem Film mit Dennis Hopper verwendet wurde? Trotzdem kann man sich in der Webseite verlieren und auch einmal die seltenen Scheiben von Neil anhören, die man bisher übersehen hat, beispielsweise die obskure American Stars’n Bars. Darauf ist außer You are like a Hurricane nichts Bekanntes, ich empfehle aber unbedingt, das Stück Will to Love anzuspielen, das Neil seinerzeit vor Kaminfeuer aufgenommen hat. Wem das so gut gefällt wie mir, sollte sich danach die On the Beach vornehmen, eine Platte, die jahrzehntelang nicht mehr aufgelegt wurde, obwohl sie zu Neils besten Veröffentlichungen der 70er zählt.

Zeitlos schön natürlich sind Harvest und After the Goldrush, letztere war immer mein persönlicher Soundtrack zu Alan Moores Swamp Thing-Run (möglicherweise eine biografische Assoziation, weil ich beides etwa zur gleichen Zeit kennenlernen durfte). Von den in den letzten Jahren erschienen Archiv-Aufnahmen gefällt mir immer am besten die Live at the Fillmore East von 1970. Hier singt er oft zweistimmig mit dem damaligen Bandkollegen Danny Whitten, was weit weniger perfekt klingt als die Sachen mit Crosby, Stills and Nash, aber um einiges lässiger. Man denkt öfter, Whitten wäre ein Stück zu nah am Mikrofon gestanden, was die Live-Aufnahme sehr ungeschliffen und authentisch wirken lässt. Auch die Hawks and Doves von 1980 ist spitze, und selbst seine Elektro-Experimente von der Platte Trans sind rückwirkend betrachtet ziemlich spannend und gut gealtert. Leider ist das Video Live in Berlin von 1982 nicht im Archiv, aber das findet sich auf YouTube. Sicher einer seiner abgefahrensten Auftritte. Die Live-Version von Sample and Hold ist phänomenal.

Stefan: Am Freitag um 16.15 Uhr im Kino und der Saal ist brechend voll. Das schaffen nur ganz wenige Filme und Star Wars ist viel mehr als nur ein Film. Die Vorfreude war groß, obwohl Episode 7 ein zwiespältiges Gefühl zurückließ: Man ersetzte Luke durch Leia und den Todesstern durch die Starkiller-Basis und schon kann man die Handlungsbeschreibung von Episode 4 auch für Nummer 7 verwenden. Das fühlte sich extrem unkreativ an. Episode 8 ist zu lang und stellenweise langweilig. Der Disney-Ton schlägt sich negativ nieder, weil ständig neues Merchandise für quengelnde Kinder angepriesen wird, die bedauernswerte Eltern dann kaufen müssen. Diese niedlichen Szenen sind zwar ein netter comic relief, aber auf Dauer nervig.

Der Film ist die längste Spielzeugwerbung der Welt, aber im Vergleich zur Transformers-Reihe nicht seelenlos, sondern gut gemacht. Viele Wendungen sind unerwartet und gerade das macht am meisten Spaß: Hier wird zwar teilweise Episode 5 beliehen, aber es passiert genug Neues und der Film ist im besten Sinne ein weihnachtlicher Familienfilm, mit wichtigen Botschaften und Weisheiten. Fallt nicht auf Scharlatane rein, liebe Kinder. Und denkt daran, was Mel Brooks in Spaceballs sagte: Vergiss den Ring, der Ring ist Tineff. Oder eben: Lasst Euch vom Merchandising-Overkill nicht blenden, der Großteil ist Plunder und keine Wertanlage, sondern Geldverschwendung. Schaut mal, zu welchem Kurs Figuren von Darth Maul im Netz gehandelt werden.

Christian: Mein persönlicher Höhepunkt des Comic-Jahres 2017 war mein Gespräch mit Denis Kitchen, das ich auf dem Comicfestival München für das ICOM Comic-Jahrbuch 2018 führen durfte. Er hat mir einiges über die Gründung des Comic Book Legal Defense Fund in den 80er Jahren erzählen können, einer Stiftung, die die Rechte von Comichändlern und Comicschaffenden vertritt, wenn sie Probleme mit der Justiz bekommen. Unter anderem redeten wir auch über den seltsamen Fall des Mike Diana, der mit einem Serienmörder verwechselt wurde, weil er so kaputte Comics zeichnete. Außerdem erzählte mir Kitchen, wie er Robert Crumb und Will Eisner kennengelernt hat und weshalb selbst die seltsamsten Underground-Comix in den 60er Jahren locker 10.000 Mal über den Ladentisch gingen. Und er wusste viel über die Zensurproblematik der letzten 30 Jahre zu erzählen und wie sich das im Lauf der Zeit gewandelt hat. Außerdem kamen wir auf Donald Trump und Bernie  Sanders zu sprechen. Um es kurz zu sagen: Das knapp einstündige Gespräch hatte wenig Leerlauf.

Und das sind nur zehn Seiten des sehr lohnenden Jahrbuchs, das diesmal mit 260 Seiten besonders dick geworden ist und trotzdem nur 15,25 Euro kostet.

 

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