Ein kindgerechtes, tierisches Abenteuer in der afrikanischen Savanne? Und ein Löwe ist mit von der Partie? So sehr man sich auch dagegen sträubt: Selbst über 20 Jahre nachdem Disneys Der König der Löwen die Kinoleinwände beherrschte, kommt man bei einer derartigen Comicveröffentlichung nicht umhin, an den Rekorde sprengenden Animationsfilm zu denken, der sich unauslöschlich ins popkulturelle Gedächtnis eingebrannt hat.
Hier dreht sich die Geschichte jedoch nicht um einen Jungleuen, sondern um einen altersmüden Elefanten, den titelgebenden Kalimbo, und seinen ebenfalls angegrauten Löwen-Kumpel Makoussa, der den Dickhäuter auf seinem letzten Weg zum Elefantenfriedhof begleitet. Einen Strich durch die Pläne macht den Tiersenioren aber das übermütige Zebrafohlen Mata-Mata, das seine Herde verloren hat.
Optisch muss Kalimbo den Disney-Vergleich jedenfalls nicht scheuen. Die Figurendesigns von Fred Besson sind überaus ansprechend, die Bewegungen und Körperhaltungen der vielen unterschiedlichen Tiere individuell und dynamisch, ihre Mimik stark. Allein der ständig griesgrämig-genervte Blick des alten Elefantenbullen – gerahmt von seinem mit tiefen Furchen durchzogenen Rüssel und den buschigen, weißen Augenbrauen – ist Gold wert! In Sachen Kolorierung ist der Comic ebenfalls ein Augenschmaus. Besson nutzt die begrenzte Farbpalette, welche der Handlungsort Savanne bietet, gekonnt und bringt durch viele Abstufungen und Variationen Abwechslung in die vorherrschenden Ocker- und Brauntöne. Der Gefahr, dass die weniger farbenfrohen Figuren in dieser Landschaft untergehen, begegnet er mit einer dicken, klaren Linienführung sowie korrekt platzierten Schatten unter dem ebenfalls schön variierenden Sonnenlicht.
Mit Autor Crisse (Winzling) hat Besson zuvor schon gearbeitet und zwar als Kolorist von dessen selbst gezeichneten Werken Atalante und Ishanti. Was der seit den späten 1970ern teils als Autor und Zeichner in Personalunion und teils als Szenarist für andere Künstler tätige Belgier Didier Chrispeels (Künstlername „Crisse“) an Geschichte abliefert, ist flott und funktioniert an allen wichtigen Punkten, kommt zugleich aber auch etwas sehr routiniert und klischeebehaftet daher. Andererseits bietet die natürliche Konstellation von Fressfeinden im Tierreich nur begrenzt Raum für originelle Rollenverteilungen. Recht aufgesetzt und bemüht wirkt zudem der Legendenüberbau um einen Tiermessias, den mancher Savannenbewohner – ohne genaue Angabe von Gründen – in dem kleinen Zebra wittert; aber hier sei dem Autor zugestanden, dass noch zwei weitere Bände folgen sollen. Diesbezüglich positiv ist, dass der erste Band auch schon für sich allein stehend eine runde, abgeschlossene Episode liefert.
Jüngere Leser, an die sich dieser Band hauptsächlich richtet, werden die obigen Kritikpunkte vermutlich eh nicht teilen, sondern den Comic wegen der sympathischen und vortrefflich gezeichneten Protagonisten, des Humors und der vielen spannenden Situationen lieben. Als Mitbringsel für Kinder zwischen 7 und 11 ist Kalimbo zweifellos eine sichere Nummer.
Kurzweiliges Savannen-Abenteuer für junge Leser mit einigem Schauwert für erwachsene Comicfans
dani books, 2015
Text: Crisse
Zeichnungen: Fred Besson
Übersetzung: Julia Leong
56 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,99 Euro
ISBN: 978-3-944077-74-1
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