Ein Sex-Skandal, ein Mann mit schrecklicher Frisur und waffenfanatische, religiöse Eiferer im Hintergrund – was sich wie ein Trump-Nachrichten-Mashup liest, ist in Wirklichkeit eine unterhaltsame SF-Story über eine menschliche Kolonie auf einem fremden Planeten.
Die Handlung dreht sich um den schlechtfrisierten Krieger Kolhen und die leichtbekleidete Jägerin Tryana, die so seltsame Namen tragen, weil sie auf dem felsigen Planeten Orion-XB12557 leben, unter dessen strengem Kastensystem beide gleichermaßen leiden. Sie wurden von der Kaste der Priester, die ihre Macht auszubauen versucht, zu Unrecht verschiedener Straftaten beschuldigt. Tryana hat nur ein Raumschiff landen und einen Menschen aussteigen sehen – eine ziemlich verrückte Geschichte für eine Pfeil-und-Bogen-Gesellschaft ohne Elektrizität, und politisch brisant, weil die religiöse Kaste dieses Wissen für sich behalten möchte. Der Erdenbewohner versorgt anscheinend die Einheimischen mit Waffen, die ihnen einen erheblichen Vorteil im Kampf um Ressourcen verschaffen würden. Tryana wie auch Kolhen werden aus der Gesellschaft verstoßen, fliehen gemeinsam und bemühen sich um die Klärung der Vorfälle: Wer ist dieser „Magier“? Warum verkauft er Waffen im Tausch gegen Mondeisen? Was planen die religiösen Eiferer? Im Laufe ihrer Flucht verlieren sie sich aus den Augen: Während Tryana als Sklavin an eine Bordellbesitzerin verkauft wird, gerät Kolhen in eine Piratenkolonie. Und dann wird es spannend. Band 2 mag kommen.
Éric Corbeyran, der für das Szenario verantwortlich zeichnet, ist ein alter Bekannter, sei es für Leser des Schmetterlingsnetzwerks, Fans von Assassins Creed oder Kenner der hochgelobten Kafka-Adaption Die Verwandlung (Knesebeck, 2010). Die Ausgestoßenen von Orion beruht auf einer Erzählung von Julia Verlanger (La Croix des décasés), die bislang nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. Corbeyran hat sich damit einen guten Stoff ausgesucht: Der Comic hat einiges Potential: die Probleme eines gesellschaftlichen Kastensystems, die Herausforderung einer politischen Nicht-Interventions-Strategie (vergleichbar mit der „Obersten Direktive“ in Star Trek) oder die nicht ganz trivialen Outlaw-Dialoge zwischen Kolhen und Piratenkapitän Draan, dem der Krieger zu Bedenken gibt: „Wenn du alle Welt zu Piraten machen würdest, würde es keine Piraten mehr geben.“ So darf es im zweiten und letzten Band bitte weitergehen, erzählerisch wie zeichnerisch, denn Jorge Miguel hat diese archaisch-rohe Welt gut in ebenso rohen Bildern eingefangen. Dass Kolhen einen alarmierend-gruseligen Haarschnitt trägt, kann Tagesschau-gestählte Leser nicht beeindrucken: Die Wirklichkeit ist grausamer als die Fiktion.
Mit Hecke-vor-Sportplatz-Frisur gegen den Rest der Welt
Splitter, 2018
Text: Éric Corbeyran
Zeichnungen: Jorge Miguel
Übersetzung: Resel Rebirsch
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,80 Euro
ISBN: 978-3962190170
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