Selbstfahrende Autos und smarte Kühlschränke sind nur das freundliche Antlitz moderner Technologie, der finstere T-800 verkörpert die Schattenseite. Im Comic werden schon seit Langem viele Facetten Künstlicher Intelligenz erkundet – hier gibt es einen schlaglichtartigen Überblick über das Thema „Künstliche Intelligenz im Comic“.
Im Sommer 2019 ist der vielbeachtete Sachcomic We need to talk, AI erschienen und hat in der journalistischen Berichterstattung von der Süddeutschen Zeitung bis hin zum MDR viel Aufmerksamkeit erfahren. In dem Open-Access-Projekt haben die Datenwissenschaftlerin Julia Schneider und die Illustratorin Lena Kadriye Ziyal versucht, den technologischen Diskurs um ein niedrigschwelliges Angebot zu bereichern.
Im Januar 2020 erschien die sechste Ausgabe des Kieler Comic-eJournals Closure erschienen, die sich im Schwerpunkt dem Thema „Künstliche Intelligenz, Post- und Transhumanismus“ widmet.
Wer an Darstellungen von Künstlicher Intelligenz in den großen Erzählungen unserer Kultur denkt, dem werden die ikonisch gewordenen Bilder des dystopischen Terminators (USA 1984), des kühl berechnenden, aber rot funkelnden Auge von HAL in 2001 – A Space Odyssee (GB/USA 1968) oder Harrison Fords in Blade Runner (USA/GB 1982) einfallen. Ohne Frage hat das Medium des Films unsere Vorstellung zukünftiger Entwicklungen im Bereich der Technik am stärksten geprägt, obwohl die Themen keineswegs genuin filmisch sind.
Schon die jüdische Sage vom Golem rankt sich um ein künstliches Wesen aus Lehm, über das sein Schöpfer jederzeit die Kontrolle verlieren kann. Und dieses Schicksal mussten seither viele Erfinder in Literatur und Film erleiden: Auch in Mary Shelleys romantischem Schauerroman über Frankenstein und sein Monster (1818) lässt die Autorin den findigen Wissenschaftler an seiner Hybris scheitern, eine künstliche Mensch-Maschine zu entwickeln, die er nach freiem Willen kontrollieren könne. Alle Väter kennen diesen Irrtum.
Welche Rolle nehmen die Künstlichen Intelligenzen ein: Sind sie Werkzeug der Menschen („tool“), sozialer Begleiter („companion“) oder Gefahr („opponent“) – und aus welcher Perspektive nehmen sie diese oder jene Rolle ein? Dieser kurze Überblick beginnt bei einigen der zahlreichen Neuveröffentlichungen und streift dann schlaglichtartig durch die Geschichte des Motivs.
Der Hirte von Antoine Tracqui & Sylvain Ferret
Die Serie Androiden, deren einzelne Alben von je unterschiedlichen Künstler*innen-Teams geschaffen werden und voneinander unabhängige Geschichten erzählen, geht in die neunte Runde: In Der Hirte (Splitter, 2022) schlagen Autor Antoine Tracqui und Zeichner Sylvain Ferret den ganz, ganz großen Bogen – aber überspannen sie ihn auch?
Die Exposition beginnt wortreich und technisch: Eine außerirdische Zivilisation geht ihrem Untergang entgegen, und nur ein einziger Androide überlebt den Kollaps. Er strandet auf der spätsteinzeitlichen Erde und fasst dort den Plan, die Menschheit technologisch so weit voranzubringen, dass er den Planeten wieder verlassen kann. Laut seiner Energieanzeige hat er 9.020 Jahre Zeit für sein ambitioniertes Vorhaben. Wir sehen ihn an der Seite Gilgameschs als dessen treuer Begleiter Enkidu (etwa 3.000 Jahre v. Chr.), als Berater Abrahams und Initiator der Opferung Isaaks, als Waffenbruder des römischen Zenturio Flavius Metellus (eine Figur aus dem Computerspiel Assassins Creed) im Jahr 410, als Freund Leonardo da Vincis und Komplize Adolf Hitlers.
Was in dieser geschichtlichen (mal fiktiven, mal realgeschichtlichen) Zusammenschau reichlich trashig klingen mag, wird von Tracqui eines Besseren belehrt: Er führt den Androiden auf seiner Bildungsreise durch die Jahrtausende, und derjenige, der nur lehren möchte, entwickelt sich selbst plötzlich weiter. Dass dem Androiden eine tiefe Skepsis gegenüber der menschlichen Religiosität innewohnt, ist nicht überraschend. Dass er selbst einiges zu dieser Gläubigkeit beigetragen hat, ist eine ironische Wendung und ein besonderes Thema dieses Bandes. Die Maschine wird zum Gott und letztlich fast zum Menschen, denn schließlich wird der Androide zum Zeugen, wie eine Künstliche Intelligenz die Geschicke der Menschheit in die Hand nimmt, und da gehen bei ihm alle Alarmglocken an.
Androiden-Geschichten sind naheliegender Weise oft Geschichten von Schöpfungsprozessen und damit oft Abbildungen von Elternschaft: Hier aber ist der Schöpfungsprozess umgedreht (glücklicherweise ohne Anleihen bei Erich von Dänikens Die Götter waren Astronauten), denn der Androide erweist sich als Lehrmeister der ganzen Menschheit.
Manche Bände der Serie, die seit August 2017 bei Splitter (auf Frz. seit Juni 2016 bei Soleil) erscheint, haben weniger überzeugt (wie etwa Odissey), wohingegen anderen überaus gut gelungen sind wie etwa Der letzte Engel. Mit diesem Auftakt zum dritten Zyklus ist ein Highlight der ganzen bisher veröffentlichten Serie erschienen.
Elecboy 1 von Jaouen Salaün
Seit HAL, Deep Blue und Alexa wissen wir, dass Computer uns irgendwann fertigmachen werden, und so geschieht es auch in Jaouen Salaüns Auftakt zu seiner vierbändigen Science-Fiction-Serie Elecboy (Splitter, 2022). Die Menschen der verkorksten Zukunft des Jahres 2122 haben sich in eine landschaftlich reizvolle, aber extrem wasserarme Region zurückgezogen und eine elektromagnetische Abschirmvorrichtung gegen die Bedrohung einer mächtigen KI errichtet.
Aber wenn der Schrecken hinter der Tür lauert, sollte man stets über die Schulter schauen, und so auch hier, denn in der Kolonie haben sich archaische Clan-Strukturen etabliert.
Der junge Sylvio strebt gleichermaßen nach Macht wie auch nach dem Körper seiner Halbschwester Margot, deren Herz aber wiederum für Joshua schlägt. Und neben den allzu menschlichen Konflikten lauern ja noch irgendwo da draußen diese Maschinen. Was es mit der Herkunft dieser K.I. und der Genese des Mensch-Maschinen-Kampfes auf sich hat, erfahren wir bis zum Ende des ersten Bandes nicht einmal in Andeutungen. Salaün ist bislang als Zeichner (Carthago Adventures, Eternum) in Erscheinung getreten, und tatsächlich tut er sich mit dem Plot besonders schwer: Einzelne Szenen werden actionreich, aber nur lose aneinandergereiht, die Figuren geraten ihm meist klischeehaft, leider auch visuell.
Mit Jeff Lemires Descender oder der Alben-Serie Androiden liegen viel spannendere K.I.-Comics vor, aber insofern Salaün der Cliffhanger gelungen ist, mag man dem zweiten Band, der im Juli 2022 erscheinen soll, vielleicht dennoch eine Chance geben.
WE3 von Grant Morrison und Frank Quitely
Drei Haustiere, zu companions des Menschen hingezüchtet, werden vom Militär zu nützlichen tools umgerüstet. Als Cyborgs sollen sie die Rolle von Menschen in Kampfhandlungen übernehmen – tierisches Kanonenfutter. Aber natürlich geht das Experiment gründlich schief, und die Tiere tun das, was unzufriedene Tiere nun einmal tun: weglaufen.
Die Intelligenz ist in WE3 (Panini, 2022) sehr ungleich verteilt: Während die natürliche Intelligenz der handelnden Menschen, überwiegend sehr machtbewusst und kampffixiert, sehr zu wünschen übrig lässt, sind die tierischen Akteure, avancierter Technologie sei Dank, nicht nur ungemein waffenstarrend, sondern auch sprachbegabt.
„Er ist nur ein Hund“, erklärt der Wissenschaftler dem Kommandeur, um dessen Erwartungen an die Intelligenz des Tieres zu dämpfen: „Erwarten Sie nicht die Sonette von Shakespeare.“ Natürlich nicht, aber die hätten wir auch von dem stumpfen Militärfuzzi erwartet. Gleichermaßen instinktgeleitet und überfordert von den technischen Möglichkeiten, die ihnen ermöglichen, was besser unmöglich wäre, taumeln sie durch die Welt. Und man würde sich wünschen, irgendeine Intelligenz, ob menschlich, tierisch oder künstlich, würde lenkend eingreifen. „Guter Gott“ ruft ein Mann aus, bevor er sterben muss. Gott aber ist hier auch nicht zu finden.
Bandit, Tinker und Pirat übernehmen ihre Cyborg-Namen 1,2 und 3 wie sie auch das destruktive Verhalten ihrer Schöpfer adaptieren. Geschaffen vom Militär, um schwierige Einsätze durchzuführen, werden sie auch wieder abgestoßen, als sie lästig werden.
Für seine Zeichnungen hat Frank Quitely (All Star Superman) 2005 einen Eisner Award gewonnen. Die abwechslungsreiche Seitenarchitektur führt mit großem Tempo durch die Story. WE ist erstmals 2004 bei Image Comics erschienen und wurde kürzlich als Deluxe-Hardcoverausgabe bei Panini auf Deutsch (mit viel Bonusmaterial über den Entstehungsprozess) aufgelegt.
Alex + Ada von Jonathan Luna & Sara Vaughn
Ganz abseits solch dystopischer Weltentwürfe haben Jonathan Luna und Sara Vaughn mit Alex and Ada (Image Comics, 2013–15) einen Comic erdacht, in dem Künstliche Intelligenz nicht die Straßen, sondern die heimischen Wohn- und Schlafzimmer erobert hat.
In der glatt und kühl ins Bild gesetzten Welt fungieren Androiden als schaler Ersatz für menschliche Partner, sind keine tools, sondern zwischenmenschliche companions. Seit einem technischen Malheur, bei dem amoklaufende Roboter Menschen getötet haben, genießen die elektronischen Begleiter keinen guten Ruf mehr. Alex bekommt seinen Tanaka X-5 von seiner Mutter geschenkt und tauft ihn Ada. Als er Adas Software manipuliert und ihr damit ein Bewusstsein ermöglicht, begeht er nicht nur ein Sakrileg, sondern auch und vor allem eine Straftat: Fortan werden beide gejagt und müssen ihre Identität geheim halten.
Eine klassische witch hunt des Systems gegen „die Anderen“, die nicht nur entfernt an die amerikanische ‚red scare‘ der 1950er oder die Rassentrennung erinnert. Und ganz nebenbei geht es auch um die Symmetrie von Paarbeziehungen und die Frage, wie tolerant eine Gesellschaft gegenüber dem ‚Anderen‘ ist.
Pluto von Naoli Urasawa
Einen kybernetischen Kriminalfall wiederum hat Naoki Urasawa mit dem Manga Pluto (2003–09) inszeniert. Inspiriert durch den einen Klassiker der Robotermanga, Astro Boy (1952–68), des so genannten „Gott des Manga“, Osamu Tezuka, hat Urasawa eine friedliche Koexistenz von Menschen und Androiden ersonnen –, bis eine Mordserie an Androiden einsetzt. Eine besondere Episode mit dem Titel North Nr. 2 zeigt einen Haushaltsroboter, der von allem anderen träumt als von elektrischen Schafen: Während er in nächtlichen Alpträumen seine traumatischen Kriegserlebnisse verarbeitet, besteht sein sehnlichster Wunsch darin, Musik zu komponieren. Dass er diesen Wunsch in Gegenwart eines gealterten und inzwischen erfolglosen Komponisten für Filmmusik umzusetzen versucht, verleiht der Episode eine bittere Ironie. In der japanischen Mangakultur haben Cyborgs, Roboter und Androiden einen noch viel höheren Stellenwert als in amerikanischen oder europäischen Comics: Astro Boy ist nur ein prominentes und frühes Beispiel, die SF-Serie 2001 Nights (1984–86), bestehend aus Kurzcomics aus der Feder von Yukinobu Hoshino ein weiteres.
Descender von Jeff Lemire & Dustin Ngyuen
In Descender (Splitter 2015–19) geht es um einen Jungen namens Tim-21, der sich dem Leser bald als künstliche Lebensform offenbart, aber zugleich derart ans Herz wächst, dass man den Unterschied rasch vergisst. Jeff Lemire inszeniert die Geschichte einer kosmischen Bedrohung durch intergalaktische Roboter als eine Suche nach Menschlichkeit inmitten von Menschen, die sich wie Maschinen benehmen. Und seine Roboter träumen nicht nur, er gestattet ihnen auch eine religiöse Perspektive, einen „Schattenserver“, auf dem die Daten der Roboter gespeichert werden, die „out of order“ sind. Auch hier werden Roboter verfolgt und dies mündet in ein Roboterprogrom, das nicht weniger grausam daherkommt, nur weil es als Aquarell gemalt ist. Seit 2019 wird eine Fortsetzung unter dem Titel Ascender veröffentlicht.
Descender gehört zu den aufregendsten SF-Comics der letzten Jahre. Die Story um den Androiden Tim-21, seinen bösartigen Maschinenzwilling Tim-22 und allerlei menschliche wie maschinelle Begleiter ist eine furiose Geschichte über Partnerschaft, Familie und Technologie. 2015 erschien die erste Ausgabe aus der Feder des kanadischen Autors Jeff Lemire und dem Wasserfarbkasten des amerikanischen Zeichners Dustin Ngyuen.
Der Kampf des Menschen gegen die Maschinen ist ein uralter Topos: kalter Kaffee auf rostigem Draht (oder so ähnlich). Schon immer haben sich die Geschöpfe des Menschen gegen ihre Erzeuger gewendet. Für den Golem der jüdischen Mythologie gilt das ebenso wie für Dr. Frankensteins ungehörige wie ungeheure creature. Weder Magie noch Naturwissenschaften haben je geholfen, die künstlichen Menschen gefügig und kontrollierbar zu machen. Eltern, deren kleine Kinder auch bei gleißendem Sonnenschein und tropischen Temperaturen partout lieber Gummistiefel anstelle wetterangepasster Sandalen tragen wollen, wissen das.
Auch in Jeff Lemires Werk kehren die Themen Vaterschaft und Familie immer wieder – sei es in Der Unterwasserschweisser, Essex County oder der aktuellen Serie Black Hammer. In Descender geht es um biologische, künstliche sowie metaphorische Väter. Glänzen Lemires Väter sonst vor allem durch ihre Abwesenheit, sind sie in Descender völlig überpräsent, und so wird das Gummistiefelproblem zum interstellaren Supergau. Notabene: Die Väter machen es nur immer schlimmer.
Sentient von Jeff Lemire & Gabirel Walta
Künstliche Intelligenz ist auch in Jeff Lemires Sentient (Panini 2021), gezeichnet von Gabriel Walta, erschienen im Dezember 2019 bei dem amerikanischen Independent-Newcomer TKO, das zentrale Thema. In einer ungewissen Zukunft hat die Menschheit den Planeten so weit zu Grunde gerichtet, dass er nur noch wenige Jahre davon entfernt ist, so unbewohnbar zu werden wie Neumünster oder Ludwigshafen. Betroffene wissen, was das bedeutet…
Die USS Montgomery ist auf dem Weg von der Erde zu einer fernen Kolonie, die von politischen Unruhen erschüttert wird. Rebellen liegen mit der Agenda der Erdregierung über Kreuz und sabotieren den Neubeginn, weil ihnen die gesellschaftliche Umgestaltung nicht weit genug reicht. Oder so ähnlich. An Bord der USS Montgomery befindet sich nun eine solche Widerständlerin, die kurzerhand beschließt, dass diese Raumschiffbesatzung die Kolonie nicht erreichen solle. Kruger tötet weite Teile der Besatzung, wird jedoch von Valarie, der Künstlichen Intelligenz des Raumschiffes, überwältigt. Val macht kurzen Prozess. Ganz kurzen.
„Val“ klingt verdächtig nach „HAL“, wie die Künstliche Intelligenz in Stanley Kubricks Science-Fiction-Klassiker 2001 heißt. Und gewissermaßen erscheint sie auch als fürsorglich-blauäugiges Pendant zu der rot funkelnden Diode, hinter der sich in 2001 das Grauen verbirgt. Man darf ihr mit Misstrauen begegnen. Die an Bord mitgereisten Kinder überleben das Massaker, und Valarie muss fortan als mütterliche Stief-KI herhalten, die Kinder beruhigen, ermutigen und in ihrer Entwicklung fördern. Lil und Isaac sind die beiden Gegenspieler in diesem interstellaren Kammerspiel: Isaacs Mutter war die Attentäterin, Lils Mutter kam dabei ums Leben.
Wie Lemire und Walta die gegensätzliche Figurenentfaltung gelingt, zeigt schon die Klasse dieses Comics: Zunächst werden die Beziehungen von Isaac und Lil zu ihren Müttern auf gegenüberliegenden Seiten in einer Reihe von Spread Panels dargestellt, und die parallele (und inhaltlich kontrastive) Gestaltung im Bildaufbau zeigt schon, dass hier Welten aufeinanderprallen. Die Panels korrespondieren kreuz und quer miteinander, so dass man geneigt ist, plötzlich in verschiedene Richtungen zugleich zu lesen: Die Lektüreordnung in der traditionellen Leserichtung wird herausgefordert von einer Lesart, in der die Panel-Paare miteinander gelesen werden. Ein wundervolles Experiment mit der Orientierung der Leser*innen ist den beiden hier gelungen.
Magnus, Robot Fighter von Russ Manning
Der amerikanische Zeichner Russ Manning hat in den 1960er Jahren die düstere, aber abenteuerfröhliche Welt um Magnus, Robot Fighter, 4000 AD (1963) ins Leben gerufen. In diesem zukünftigen Weltentwurf leben Menschen in Abhängigkeit von den sie umgebenden Robotern. Die Menschen haben sich von der einst nützlichen Technologie verweichlichen lassen. Magnus, der von einer wohlmeinenden Maschine namens 1A aufgezogen worden ist, lehnt sich gegen die Herrschaft der Maschinen auf und verfolgt diejenigen Roboter, die sich gegen den Menschen wenden. Magnus ist ein klassischer Superheld mit übermenschlichen Kräften, gegen dessen heroischen Handkantenschlag auch die metallenen Körper seiner Widersacher nichts ausrichten können.
Die Comics, die bis 1977 von Russ Manning selbst geschrieben sowie gezeichnet und dann von anderen Künstlern fortgeführt wurden, sind eine unverhohlene Zivilisationskritik an einer dekadenten Gesellschaft, die sich von ihrem ursprünglichen Naturzustand denkbar weit entfernt hat. Damit hat Manning das Thema seiner späteren Tarzan-Interpretation (1967–79) bereits vorweggenommen: Denn dort auch kämpft ein körperlich überlegener noble savage als Einzelkämpfer gegen eine verweichlichte Welt.
Diese Liste von Beispielen ließe sich beinahe beliebig erweitern, vor allem um Comics der letzten fünf Jahre, so etwa um die Image-Serie Injection von Warren Ellis (seit Oktober 2015), die Kurzcomicsammlung I Feel Machine (2018) mit Beiträgen u.a. von Tillie Walden und Shaun Taun, den Kurzmanga in 2001 Nights (1984–86), Andi Watsons Geisha (1999) oder die anderen Bände der französischen Albenserie Androides (seit Juni 2016), deren abgeschlossene Geschichten von verschiedenen Verfassern wie etwa Jean-Luc Istin, Christophe Bec oder Stephane Louis stammen. Nicht zuletzt hat auch die deutsche Cristin Wendt mit Message 1 (2019) ein vielbeachtetes deutsches Comic-Debüt vorgelegt.
Das Spektrum von Darstellungen Künstlicher Intelligenz im Comic reicht von körperlosen (wie in Injection) bis hin zu androiden Formen, utopischen wie dystopischen Szenarien. Im Fokus stehen dabei Themen wie die Reichweite und Grenzen gesellschaftlicher Teilhabe, das (konstruktive oder destruktive) Potential technologischer Entwicklungen, die Frage von Schöpfung und Verantwortung sowie die Frage sozialer Isolation in einer technologisch avancierten Gesellschaft. Das Thema erweist sich als produktiv in ganz verschiedenen Diskursen (Recht, Ethik, Technologie, Gesellschaft, Militär, Theologie). Kein Wunder, dass uns die Androiden nicht in Ruhe lassen – wir haben von ihnen noch viel über uns zu lernen.
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