In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Daniel: Spider-Man, Spider-Man, nananana, Spider-Man! Ich liebe den Ramones-Song zur Spider-Man-Zeichentrickserie. Doch der kommt in dem neuen Playstation-4-Spiel gar nicht vor. Dafür ist es vollgepackt mit Anspielungen aus den Marvel-Filmen, Netflix-Serien und natürlich den Comics. Als Peter Parker aka Spider-Man schwingt man mit seinen Netzen durch Manhattan. Vergleichen lässt sich dieses Open-World-Spiel am besten mit den Batman-Titeln, Arkham City und seinen Nachfolgern. Aber Spider-Man ist besser. Besser weil die Stadt sich als Spider-Man besser anfühlt.
Das liegt vor allem an den intelligent geschrieben Dialogen, den Millionen von Easter Eggs – verstecken Anspielungen – letztendlich aber an der pakourartigen Fortbewegung. Zwar muss das richtige Timing beim Schwingen erst gelernt werden, doch macht man einen Fehler und klatscht gegen einen Wolkenkratzer, macht das nichts: Spider-Man läuft das Gebäude einfach weiter hoch, springt runter und schwingt weiter. Es macht einfach nur Spaß sich so durch ein echtes Manhatten (inklusive Avengers Tower) zu schwingen. Ein weiterer Pluspunkt ist das in media res. Entwickler Insomnica Games vertraut dem Spieler, dass er auch ohne Origin-Story ins Spiel findet. Also gibt es keinen Tod von Onkel Ben, keinen Peter als Wrestler und kein „With great power comes great responsibility.“ Ein bisschen Wrestling gibt es schon. Als eines von 40 Kostümen taucht auch diese Verkleidung auf, mit einer einigen Spezialfähigtkeit. Insomiac Games hat ein Spiel für Spidey-Fans gemacht. Das Gefühl beim Spielen: Ich bin Spider-Man!
Ich habe über das Spiel mit Manu Fritsch von insert moin auch eine Podcast-Folge aufgenommen, die es kostenlos zu hören gibt.
Niklas: Angeblich schreibt K.J. Parker Fantasy-Romane. Seine Romane spielen zwar in einer fiktiven Sekundärwelt, sie sind aber frei von Magie und fantastischen Wesen. Seine Themen sind die katastrophale Ökonomie und obsessive Liebe. Immer wieder wiederholt Parker diese Themen – und nicht immer gut. Doch wenn er gut ist, dann ist er wirklich gut. Außerdem stellt er gerne die moralische Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt – auf eine zynische Art, die nicht reißerisch sondern nüchtern rüberkommt. Anstatt zu beweinen, wie grausam die Welt ist, handeln seine Figuren grausam und können es moralisch für sich verantworten. Was ist schon gut oder böse, in einer Welt, in der sich jeder irgendwie rechtfertigen kann?
Um solche Fragen dreht sich auch Parkers neustes Werk, die Trilogie The Two of Swords, ein literarisches Experiment, das als eine Sammlung von elektronischen Novellen, die einzeln geschrieben und dann nach über einem Jahr zusammengeführt wurden. Alle Novellen sind in sich abgeschlossen, werden aber durch ein Thema zusammengehalten: Krieg. Als Leser sieht man durch die Augen der Protagonisten, wie zwei brillante Kriegsherren das Reich aus nichtigen Gründen zerreißen (so ein Streit unter Geschwistern kann schon hässlich sein), eine mysteriöse Organisation auf eine neue Welt hinarbeitet (wenn denn die Anführer noch existieren) und jeder versucht das Schlachten zu überleben, obwohl sie sich eine Welt ohne diesen Konflikt gar nicht vorstellen können. Wenn möglich, versuchen sie auch einen kleinen Profit aus der Sache zu schlagen, denn von irgendwas muss der Mensch ja leben. Jede Armee braucht schließlich Waffen, da wäre es eine Verschwendung, die alten Prügel Rost ansetzen zu lassen, wenn sie noch gut sind.
In Parkers Welt gibt es keine höhere Mächte, aber die Menschen glauben trotzdem: an Ideale, eine bessere Welt, die Liebe und dass man Menschen und Ereignisse kontrollieren kann, wenn man die richtigen Mittel zur Hand hat. Im Kontrast dazu, überleben die Protagonisten oft durch Zufall, müssen noch öfter improvisieren und stellen am öftesten, dass auch der Rest der Menschheit eigene Meinungen hat, die sie auch mit Gewalt durchsetzen. Schöner Mist.
Es ist ein komplexes und verwirrendes Geflecht an Handlungssträngen, die nicht immer sauber zusammengeführt werden und ich denke das ist auch einer der Punkte, die Parker rüberzubringen versucht: das Leben schert sich nicht nach Plänen und Macht ist nur eine Illusion, aber man versucht trotzdem das Beste aus der Situation zu machen. Am Ende wollen wir alle überleben und können uns mit allem arrangieren, wenn wir nur flexibel genug sind. Auch mit dem Krieg. Vielleicht glauben wir sogar an etwas und sei es auch nur, dass die Liebe wirklich existiert.
Ich denke, ich werde diese The Two of Swords behalten und eines Tages noch mal lesen. Ich glaube nämlich, dass das hier verdammt gute Literatur ist, ob die Bücher nun Fantasy sind oder nicht.
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.