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Währenddessen… (KW 32)

Christians Sommer wird überschattet von einem Bänderriss am Sprunggelenk, so dass er viel zu Haue sitzt und Zeit hat, sich Podcasts anzuhören – z.B. „Die Filmanalyse“ von Wolfgang M. Schmitt jun. oder den Deadline-Ableger „Devils and Demons“. Es war auch eine Zeitreise in die ’80er.

Christian: Die neueste Filmanalyse über Ridley Scotts Alien von 1979 zeigt Wolfgang M. Schmitt in Top-Form. Für Schmitt ist es einer der „radikalsten“ Filme, weil Kapitalismuskritik darin perfekt auf den Punkt gebracht wird: In Alien ist der Mensch bereits aus dem ganz grundsätzlichen Konstrukt der Gesellschaft heraus bedroht, da das System in seinem Effizienzstreben den Menschen nur als Ressource und Betriebsmittel sieht. Androiden sichern den Verlauf der Mission, die gemeinen Weltraum-Malocher, selbst diejenigen mit den weißen Kitteln, selbst die Offiziere, sind beliebig austauschbar.

Aber auch abseits der Systemkritik hat der Film einiges zu bieten. Einerseits demontiert man sich gegenseitig in Klassenkämpfen, die zu nichts führen, gleichzeitig ist der in abstrakten Sprachkategorien lebende Mensch in Konflikt mit der eigenen Körperlichkeit. Die Gemengelage unseres Körpers, die Zusammensetzung aus Organen, Knochen, Blut, Viren, Mikroorganismen, Krankheitserreger – wendet man den Blick nur nach innen, ist man sich selbst fremd, und da sind verstörende Triebe noch nicht mal mitgedacht. Die biomechanische Optik des kompletten Films ist viel mehr als nur originelles Set-Design. Das Unbehagen, das der Film damit erzeugt, kommt auch aus uns selbst. Der Film verdoppelt es, präzisiert es, wirft es zurück. Wir sind uns selbst unserer größter Feind. Sind die Figuren in Alien vielleicht deswegen so hilflos gegenüber dem „perfekten Organismus“, weil es als Spiegelbild unserer selbst gesehen werden kann? Der Mensch ist sich selbst ein Alien.

Das sind die Fragestellungen, die in den Fortsetzungen außen vor bleiben, dabei aber doch das eigentliche Herz der Erzählung sind – Hansruedi Giger würde das sicher ähnlich sehen. Ein sehr erhellender Podcast, der weit über meine Zusammenfassung hinausführt.

Achtung: Nur Screenshot!

Bei „Devils and Demons“ reden sie im diesjährigen Sommer-Special über sämtliche Freitag der 13te-Filme. Ich mag die Serie auch sehr gerne, denn sie ist wirklich die Quintessenz der Urban Legends der 80er, dabei aber völlig ironiefrei. Zu viel Plot oder Twists a la American Horror Story würden da nur stören, nur campende Jugendliche, ein unheimlicher Mörder und die Warnung „Geht nicht in dieses Camp“, das reicht. Die Podcasts gehen richtig tief hinein in die Hintergründe der Reihe und erzählen unzählige amüsante Trivia, z.B. dass Betsy Palmer die Rolle der Pamela Vorhees im ersten Teil nur angenommen habe, weil ihr Auto kaputt war und sie die Gage für die Reparatur verwenden wollte. Den Film selbst mochte sie gar nicht.

Im Podcast über Teil 4 (The Final Chapter) wird ausführlich die Rolle des jungen Corey Feldman gewürdigt, der später eine fragwürdige Entwicklung als verkorkster Kinderstar hatte, was auch die Ethik der damaligen Filmproduktionen in Frage stellt. Feldman ging dem Team offensichtlich damals mit Allüren ziemlich auf den Geist, gleichzeitig musste man ihn als Kind schützen, teilweise vor sich selbst – z.B. wollte er sich partout tatsächlich eine Glatze rasieren, was ihm dann aber ausgeredet werden konnte. Ich habe beim Anhören spontan Lust bekommen, mir mal wieder David Cronenbergs Maps to the Stars anzusehen, der ebenfalls von sehr problematischen Kinderstars handelt – ein sehr sehenswerter Film.

Für Freitag der 13te Teil 7 habe ich einen besonderen Platz in meinem Herzen, weil das der erste Schulhof-VHS-Tausch-Film war, an den ich mich damals ’89 wagte. Es ist der Film, der bereits durch die amerikanische MPAA mit heftigen Schnittauflagen bedacht wurde, damit ein R-Rating möglich wurde, was den Regiesseur so geärgert hat, dass er noch einmal Nachdrehs ansetzte, damit man wenigstens die Opfer der Mordszenen noch einmal in ihrer ganzen maskenbildnerischen Pracht in Szene setzen konnte. Eine sympathische, nachvollziehbare Trotzhandlung, die tatsächlich den Film ein Stück weit rettet. (Nicht dass der Film wirklich gut wäre.) Auf Youtube findet übrigens jedes Kind heutzutage die ursprünglich gedachten Gore-Szenen in verstörend schlechter VHS-Qualität, was den ganzen Kram fast noch authentischer wirken lässt. Da muss jemand oft auf Standbild und Zeitlupe gedrückt haben, dass die Bilder so abgenutzt wirken.

Witzig: das Team von „Devils and Demons“ spricht gerne Trigger-Warnungen am Anfang jeder Sendung aus, „Achtung: Gaslighting“, oder „Achtung: Sexismus“ – nicht davor  gewarnt wird aber, dass man gleich darüber redet, wie viel Spaß Freitag der 13te macht und welche Kills die schönsten sind. Man geht offensichtlich davon aus, dass Splatter ein harmloses Vergnügen unter Jugendlichen ist, während perfide zwischenmenschliche Manipulation genau das nicht ist. Man kann diese Sichtweise teilen und sie ist ja auch nicht unsympathisch (die neuen Drei ???-Comics spielen sehr gekonnt damit), gerade bei moderneren Ablegern des Genres wie diversen Rob Zombie-Filmen, aber auch den sehr ursprünglichen, frühen Terrorfilmen (z.B. Chainsaw) stößt diese Sichtweise, das sei alles Fun, aber doch schnell an ihre Grenzen. Aber es geht ja vor allem darum, dass die Menschen während des Drehs anständig behandelt und nie kompromittiert wurden. Das ist ja tatsächlich was wert. „Devils and Demons“ ist eine so sympathische und unterhaltsame, immer bereichernde Podcastreihe.

Als Zugabe Christians Währenddessen-Text von 2015:  Ich bin Fan von Comic-Filmadaptionen seit ich als junger Bub irgendwann in den frühen 80ern die auf Deutsch bei Moewig erschienene Adaption des ersten Alien-Films gelesen habe. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass es solche Dinge gab – ich war völlig geplättet von dem vielen Blut und der völlig hoffnungslosen Handlung und hab mir geschworen, niemals diesen so grauenvollen Film anzusehen. Im Nachhinein begeistert mich vor allem die eigenwillige Farbgebung, die der Geschichte trotz identischer Handlung und teilweise sogar gleichen Bildern wie im Film eine völlig eigene Atmosphäre gibt. Zum Glück hat man das in der Neuauflage bei Cross Cult nur behutsam verbessert und nicht neu koloriert. So bunt war das Weltall wohl nie wieder. Ein Farbrausch, der immer wieder Freude macht. Super adaptiert.

Archie Goodwin und Walter Simonson: Alien – Der Comic. 2014, Cross Cult Verlag

Archie Goodwin und Walter Simonson: Alien – Der Comic. © 2014 Cross Cult Verlag

Leider verlagsvergriffen. Aber die Anschaffung lohnt. 

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