Das neue Lustige Taschenbuch 598 mit Donald Duck als Wolverine verkauft sich bestimmt wie geschnitten Brot. Die erzählerischen Glanzstücke findet man aber eher in anderen Geschichten.

Donald – der Heros der 1000 Gestalten. Alle Abbildungen (c) Egmont
Christian: Im LTB 597 gibt es „Zwei wie Tag und Nacht“, eine kleine Geschichte mit Rudi Ross und Klarabella, die an und für sich nichts Besonderes ist: Rudis Cousin Toni kommt zu Besuch, ein furchtbar schusseliger Kerl, der keinen Schritt machen kann, ohne dass eine minderschwere Katastrophe passiert. Also wollen alle, dass Toni schnell wieder geht. Aber dann kommt Rudi Ross dahinter, dass er ja nur deswegen so gut im Reparieren von Dingen geworden ist, weil er von Jugend auf so viel von dem reparieren musste, was durch Tonis schusselige Hände ging. Eine kleine Geschichte ist das, ein bisschen kindisch, aber mit einer gut ausgearbeiteten Pointe, die gar nicht schlecht funktioniert.
Kurioserweise kommt gleich danach im gleichen LTB eine Story mit ganz ähnlichem Plot, die mit 69 Seiten fast den vierfachen Umfang hat: „Der Himmel von Hofwiesen“, in welcher Marco Nucci einmal mehr unter Beweis stellt, dass er zu den interessantesten Disney-Autoren zählt. Es handelt sich um die Fortsetzung einer Gustav Gans-Story aus LTB 567, in welcher Gustav herausfand, dass seine Glückssträhne an den Wohnort Entenhausen gekoppelt ist. Außerhalb von Entenhausen dagegen entpuppte er sich als echter Unglücksrabe, was ihm die überraschende Möglichkeit eröffnete, endlich eine Existenz als ganz normaler Jedermann führen zu können. Nucci dreht die Idee aber noch ein ganzes Stück weiter, denn nachdem Entenhausen sein Glückskind verloren hatte, kam das behutsam austarierte Verhältnis zwischen Glück und Unglück dieser Stadt ins Wanken; ohne einen Gustav gibt es kein Glück in Entenhausen und früher oder später würde die Stadt untergehen. Nucci nutzt diese verschachtelte Prämisse für eine durchdachte Geschichte um Verantwortung und Kompromiss, vermeidet eine einfach Lösung und führt die Story gekonnt zu einem bittersüßen Abschluss.

Pastellene Poesie in „Der Himmel von Hofwiesen“, LTB 597.
Im neuen LTB 597 gelingt es Nucci und seinem ebenso talentierten Zeichner Stefano Zanchi, bruchlos mit einem Sequel an die vorhergegangene Story anzuschließen. Gustavs Freundin Priska, die ihren Gustav nur in seiner Inkarnation als liebenswerten Jedermann kennt, will in Entenhausen ein Buchgeschäft eröffnen. Damit aber würde sie Gustavs Doppelleben durchschauen, der nur an den gemeinsamen Wochenenden der ist, als den sie ihn kennengelernt hat – unter der Woche aber ist Gustav nach wie vor der unausstehliche Glücksprotz, dem alles gelingt, und Entenhausen ist darauf angewiesen, dass das auch so bleibt. Auch dieses Mal gelingt es Nucci, keine einfachen Lösungen anzubieten, sondern menschlichen Egoismus und andere Schwächen in einer sehr poetisch geratenen Konstellation zu thematisieren. Dazu passen die feingliedrigen Zeichnungen von Zanchi, die das LTB zeitweise fast in einen Manga verwandeln. Die zweiteilige Hofrieden-Erzählung in LTB 567 und 597 (jeder Teil kann für sich gelesen werden) ist ein echter Event und ein Höhepunkt der Reihe.

In Italien gab es für „Der Himmel über Hofrieden“ auch ein exklusives Titelbild.
Dagegen ist das aufsehenerregende Marvel/Disneyfiguren-Crossover im aktuellen LTB 598 ein vergleichsweise laues Lüftchen. Dabei ist das Worldbuilding an und für sich gar nicht schlecht: die Superhelden werden wie die Mutanten bei den X-Men verfolgt und ziehen sich in ein Refugium zurück, in dem sie unbehelligt sind – hier ist es Oma Ducks Farm. Anstelle aber daraus eine Story zu entwickeln, wird uns kurz eine launige Wolverine-Version mit einem Old Man Donald vorgestellt, der sich von Micky-Hawkeye rekrutieren lässt, um es ein letztes Mal gegen das Böse zu versuchen. Einen irgendwie entwickelten Plot kriegt Autor Luca Barbierei dabei jedoch nicht auf die Reihe: Micky, Donald und ein mal eben noch schnell dazugestellter Goofy-Hulk fahren innerhalb von 15 Seiten (darunter mehrere Splash-Pages) zu Red Skull Karlo und legen ihn mit der Macht von Donalds Jähzorn aufs Kreuz, und schon läst sich alles in Wohlgefallen auf und Donald ist wieder Dagoberts Lohnsklave und muss dessen Taler putzen. Das ganze ist von Glada Perissinotto und Lucio Ruvidotti zwar recht kompetent in dynamische Zeichnungen gepackt, trotzdem ist es so völlig in der simplen Dramaturgie der Erzählungen aus der zweiten und der dritten Reihe – oder aber auch fast schon eine Annäherung an die klassischen Zeichentrickfilme der 40er Jahre.

Old Man Donald. Aus LTB 598.