Neustart auch für unsere Rubrik, in der wir einen Überblick über interessante Comic-Neuerscheinungen des vergangenen Monats geben. Diese litt in der Vergangenheit immer wieder unter Verspätungen oder musste ganz ausfallen. Um das zu vermeiden, kümmern sich künftig Benjamin Vogt und Thomas Kögel als Co-Autoren um die Kolumne. Los geht’s mit dem Januar, der in Sachen Novitäten relativ überschaubar war.
HIGHLIGHT DES MONATS
Das französische Kreativtrio bestehend aus Balak, Michaël Sanlaville und Bastien Vivès hat sich von Shonen Mangas und Videospielen inspirieren lassen und mit LastMan 1 einen frischen Kampfsport-Abenteuer-Comic lanciert. Das Ergebnis dieses Experiments ist sicher nicht jedermanns Sache, aber in jedem Fall verblüffend. In Frankreich erscheint LastMan in einem sehr schnellen Rhythmus, alle vier Monate ein neuer Band von 200 Seiten – und auch hier ist eine ähnliche Schlagzahl geplant. Zusätzlich bringt Reprodukt in seinem Verlagsblog in unregelmäßigen Abständen auch ganze Episoden als Webcomic. [Leseprobe]
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EIGENPRODUKTIONEN
In der Edition 52 pflegt man die Comics von Ulf K. sei jeher. Jetzt liegt mit Der Anfang nach dem Ende eine Sammlung seines 2009 in der FAZ veröffentlichten wortlosen Strips vor, der aus dem Arbeitsalltag von Gevatter Tod erzählt. Für Fans des Künstlers sicherlich ein Pflichtkauf. [Leseprobe]
Nach dem Ende ihres Webcomics haben Oskar Pannier und Marvin Clifford für die Printausgabe von Shakes & Fidget (das u. a. auch als Online-Rollenspiel existiert) die besten Stories zusammengestellt. Der Band erscheint im Zauberfeder Verlag, neben der regulären Ausgabe gibt es noch eine limitierte Edition mit Bonusseiten, Poster und Variantcover. [Leseprobe]
Die klassischen Strips von Vater und Sohn gibt es bereits in vielen Editionen. Die jüngst erschienene Gesamtausgabe des Südverlags (Sämtliche Streiche und Abenteuer) verzichtet zwar auf die später eingefügte Kolorierung vorheriger Ausgaben, aber arrangiert dafür die Panels komplett neu. Ein in den Augen vieler Leser wohl noch größerer Eingriff in Erich Ohsers Werk. [mehr zum Thema]
Die Hamburger Künstlerin Marijpol (Trommelfels) hat sich etwas Besonderes augedacht: Basierend auf Figuren aus ihrem letzten Comic Eremit hat sie ein Leporello bestehend aus 12 aufklappbaren Tafeln entworfen, die eine kurze Comicerzählung ergeben. Auf der Rückseite von Ferien im Sumpf (Avant-Verlag) ist eine durchgehende, über 2,50 Meter breite Illustration gedruckt. [Leseprobe]
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EUROPÄISCH
Bei Egmont Graphic Novel erscheint mit Der schielende Hund von Étienne Davodeau ein Comic, der sich um einen Museumsaufseher im Louvre dreht, welcher bei der Familie seiner Freundin ein Gemälde entdeckt. Eine Publikation, die dem Kunstbegriff als solchen auf den Zahn fühlt. Der Comic erschien in Frankreich in einer Reihe, die vom berühmten Pariser Kunsttempel selbst herausgegeben wird und zu der u. a. auch David Prudhommes Einmal durch den Louvre (Reprodukt) gehört. [Leseprobe]
Der Splitter-Verlag präsentiert gleich zwei interessante Einzelbände, den einen als Double-Album, den anderen als kleinformatiges Splitter Book: Ash von François Debois und der jungen Zeichnerin Krystel handelt von einem teuflischen Mädchen, das Jahrhunderte in einem Grab eingeschlossen war. [Leseprobe] In Charly 9 erzählt Richard Guérineau (Der Gesang der Strygen) nach einer Buchvorlage von Jean Teulé aus dem Leben von Charles IX., ehemals König von Frankreich, der durch das Massaker der „Bartholomäusnacht“ von 1572 berühmt wurde. Das Cover verspricht bei Zweitgenanntem jedenfalls schon mal viel Blut [Leseprobe].
Hans 1 bildet den Auftakt einer dreiteiligen Gesamtausgabe der klassischen Comicreihe von André-Paul Duchâteau und Grzegorz Rosinski, die in den 1980er Jahren im Magazin Tintin lief und in Deutschland in Albenform bei der Edition Stripspiegel herauskam. Eine dystopische Zeitreise-Erzählung mit Retrocharme, auf deren Neuauflage in gewohnt guter Splitter-Qualität bestimmt einige Altfans gewartet haben. [Leseprobe]
Das neueste Werk von Gipi (Aufzeichnungen für eine Kriegsgeschichte, Die Unschuldigen) ist autobiografischer Natur. Laut Inhaltsangabe von Reprodukt stellt MSGL – Mein schlecht gezeichnetes Leben das bislang persönlichste Buch des italienischen Künstlers dar. [Leseprobe]
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AMERIKANISCH
Mangels Nachschub aus den USA musste Panini die Heftreihe Batman: The Dark Knight (enthielt neben US-The Dark Knight auch noch Nightwings Soloserie) zwangsläufig beenden. Für Freunde des Mannes im Fledermauskostüm gibt es jedoch keinen Grund für lange Trauer. Denn mit Batman Eternal steht bereits die nächste Heftserie in den Startlöchern, die fortan sogar zwei mal pro Monat erscheint. Genügend Material ist vorhanden, denn im Heimatland kommt dieses Heft im Wochenrhythmus auf den Markt. Unter der Leitung von Bat-erfahrenen Autoren (z. B. Scott Snyder) und Zeichnern, startet die Reihe mit einer Storyline, die Commissioner Gordon und dessen vermeintliche Schuld am Tod vieler Menschen in den Mittelpunkt rückt. [Leseprobe]
Unter dem Banner „Marvel Now“ erhält auch Moon Knight, eine Art rachsüchtiger Batman-Verschnitt, bei Panini seine eigene Sonderband-Reihe. Moon Knight 1 wurde geschrieben von Warren Ellis (Planetary, Transmetropolitan), der seit seinen Hochzeiten zwar nur noch eher mittelmäßige Comics zustande bringt, aber hin und wieder doch für den ein oder anderen kreativen Einfall gut ist. Die Zeichnungen von Declan Shalvey machen nach Konsultierung der Beispielseiten jedenfalls einen überdurchschnittlich ordentlichen Eindruck.
Joe Hill, Sohn von Stephen King und Autor der hochgelobten Comicserie Locke & Key, zeichnet inzwischen für eine ganze Reihe von Einzelbänden mit abgeschlossenen Geschichten verantwortlich. Mal adaptieren andere Autoren Prosa-Kurzgeschichten von ihm, mal textet er Comics selbst, wie im Falle des neuen Bandes Wraith – Todesfahrt ins Christmasland. Laut Inhaltsbeschreibung kutschiert der Fahrer eines Oldtimers drei entflohene Häftlinge ins Weihnachtsland. Märchen? Horror? [Leseprobe]
Hachette hat es mit seiner Marvel Collection vorgemacht, die britische Firma Eaglemoss zieht nach: Die Sammelreihe DC Comics Graphic Novel Collection, die vor allem über den Kiosk- und Zeitschriftenhandel vertrieben wird, versucht mit einem fast identischen Prinzip (Hardcover, Rückenmotiv, Goodies für Abonnenten), vor allem die Einsteiger unter den Superheldenlesern anzusprechen. Zum Abdruck kommen abgeschlossene Einzelbände oder Anfänge ausgewählter Runs einzelner Helden. Los geht es mit der zweiteiligen Storyline Batman: Hush von Brian Azzarello Jeph Loeb und Jim Lee aus dem Jahr 2002. [alle Informationen]
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ASIATISCH
Der chinesische Zeichner Li Kunwu beschäftigt sich in dem Band Lotusfüße mit der chinesischen Tradition, Füße von Frauen so lange einzuschnüren, bis sie einem Schönheitsideal entsprechen. Nach Ein Leben in China bereits die zweite Publikation von ihm in der Edition Moderne. [Leseprobe]
Citrus markiert die erste Comicserie der Mangaka Saburouta in deutscher Sprache. Inhaltlich erwartet den Leser ein Girls-Love-Manga, der sich um die Erlebnisse an einer Mädchenschule dreht. Die passende Zielgruppe wird sich dafür sicher finden lassen. Der erste von drei geplanten Bänden liegt bei Tokyopop inzwischen vor. [Leseprobe]
Ebenfalls bei Tokypop startete die Sammelbandreihe von Mayu Sakais Momo – Little Devil. Eine Highschool-Schülerin rettet einem kleinen Mädchen das Leben. Dieses entpuppt sich als der leibhaftige Teufel. Der erste Sammelband des Romance-Mangas mit der ungewöhnlichen Inhaltsbeschreibung und dem kindlichen Look enthält die ersten beiden regulären Ausgaben. [Leseprobe]
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SEKUNDÄRLITERATUR
Mit dem unkonventionellen Titel Ctrl+T – Inio Asano Works widmet Tokypop dem Mangaka Inio Asano, der dort sein verlegerisches Zuhause gefunden hat, ein eigenes Artbook. Der Autor von Werken wie Gute Nacht, Punpun oder Solanin wird in dem magazinartig aufgemachten Taschenbuch anhand von Illustrationen, Interviews, Kurzcomics und weiterem Bonusmaterial porträtiert. Die titelgebende Tastenkombination führt übrigens in einem Browser zur Öffnung eines neuen Tabs.
Oh, danke fürs aufmerksame Lesen. Brian heißt in Wirklichkeit natürlich Jeph.
„Batman: Hush“ von Brian Azzarello?