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TER 1 – Der Fremde

Rodolphe, Kreativpartner von SF-Trash-Guru Leo, hat sich gemeinsam mit Christophe Dubois einem eigenen Setting gewidmet: TER 1 – Der Fremde ist der Auftakt zu einer dreibändigen Serie, und der Auftakt macht klar: TER ist Planet der Affen ohne Affen.

Alle Abbildungen © Splitter Verlag

Inmitten der zerklüfteten Ruinenlandschaft von Ter findet der sympathische Grabräuber Pip (nicht der von Posy) einen Mann ohne Kleidung, ohne Sprache, ohne Namen. Wie man das mit nackten Fremden so macht, nimmt er ihn mit nach Hause zu seiner Schwester, womit das Abenteuer beginnt. Uns ist die archaische Umgebung ebenso unbekannt wie der Namenlose (genannt: Goltan) der einheimischen Bevölkerung: Überreste vorzeitiger Architekturen durchziehen die Oberfläche, die Fauna deutet auf einen anderen Planeten hin, die vorindustrielle Gesellschaft ist in zwei Gruppen gespalten.

Es bleibt lange offen, wie das Setting räumlich und zeitlich zu verorten ist, und am Ende des ersten von drei Bänden wird ein Twist diese Ungewissheit auflösen. Das ist nicht so spektakulär wie beim Planet of the Apes (1968), aber die Überraschung funktioniert.

In Deutschland sind nur einige der über 100 Alben erschienen, die Rodolphe (*1948, Rodolphe Daniel Jacquette) in seiner Szenaristen- und Zeichnerkarriere geschaffen hat. Während sämtliche Leo-Kooperationen (Amazonia, Namibia, Kenya, Centaurus) bei Splitter und etwa Der Fall E.P. Jacobs bei Carlsen (hier ein Verriss von Andreas Platthaus) erschienen sind, warten etwa sein Robert-Louis-Stevenson-Comic (2013, Zeichner: René Follet) oder die neunteilige Serie L’Autre Monde (1991–2019) noch auf deutsche Übersetzungen. Ter ist in Frankreich in drei Alben bei Daniel Maghen erschienen (2017–19).

Im Gegensatz zu den Leo-Serien Centaurus etc., die derzeit bei Splitter neu aufgelegt werden, lebt TER nicht von dem exotischen Reiz obskurer Lebensformen, sondern vor allem von dem Sense-of-Wonder-Effekt, den die Handlung erreicht, und der Figurenkonstellation, die wiederum ähnlich stereotyp ist wie in den genannten Leo-Serien.

Der Fremde, genannt Goltan, ist eine religiös aufgeladene Erlöserfigur, die sich in Pips Schwester verliebt, aber von einer undurchsichtigen Kontrahentin ebenso begehrt wird – offenbar aus ganz anderen Motiven. Dass Goltan in der Lage ist, in dieser technikaversen Welt mechanische Geräte wieder zu Leben zu erwecken, verleiht ihm den Nimbus des Besonderen.

Es scheint fast, als hätte Rodolphe im Laufe der Konzeptionierung Pierre Boulles SF-Roman-Klassiker La planète des singes (1963) bzw. dessen Verfilmung Planet of the Apes (USA 1968; Regie: Franklin J. Schaffner) mit Charlton Heston in der Hauptrolle zur Kenntnis genommen. Auch dort wird ein (vermeintlich) der Sprache nicht mächtiger Mann gefunden, der in einer gespaltenen Gesellschaft von den einen zum Erlöser stilisiert, von den anderen als Bedrohung empfunden wird. Die Ruinen am Ende von Planet of the Apes haben eine Generation von Filmfreunden gefesselt, und der Twist am Ende von TER ist dem nicht unähnlich.

Es gibt Schlimmeres, als einem guten Vorbild sehr eng zu folgen, und man kann TER nicht vorwerfen, gescheitert zu sein. Es kommt dem Comic zugute, dass die Zeichnungen von Christophe Dubois so stimmungsvoll sind. Die Landschaftsdarstellungen vor allem der Exposition sind herrlich und trösten darüber hinweg, dass mancher Winkelzug der Geschichte etwas vorhersehbar bleibt.

Auf Schaffners Film-Epos folgten vier Nachfolger, die allesamt weit weniger fesselnd waren – wenn Rodolphe und Dubois mehr erzählerische Ausdauer haben, wird uns eine spannende Serie erwarten.

Planet der Affen – ohne Affen

7von10TER 1 – Der Fremde
Splitter, 2019
Text und Zeichnungen: Rodolphe, Christophe Dubois
Übersetzung: Tanja Krämling
80 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 18,00 Euro
ISBN: 978-3962192921
Leseprobe

 

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