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Herkules 1 – Das Blut von Nemea

Die neue Serie Herkules ist bislang eher ein intellektuelles Spiel als eine überzeugende Geschichte, da die antike Sagenwelt um den Halbgott Herkules, dessen Vater ja kein geringerer als Obergott Zeus war, schlicht in ein Science-Fiction-Setting übertragen wird. Das geschieht erstaunlich mühelos und beweist, dass sich seit der Antike in Sachen Erzählmuster und dem Einsatz von Archetypen als Figuren recht wenig geändert hat.

© Splitter Verlag

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Auch die Grundzüge der Geschichte haben sich im Vergleich zur antiken Sage kaum verändert: Autor Jean-David Morvan beginnt mit den zwölf Aufgaben, die der Held zu meistern hat. Herkules hat sich die Feindschaft der Göttin Hera zugezogen, welche ihn dazu bringt, seine Familie zu ermorden. Gramgebeugt soll er erst Erlösung finden können, wenn er zwölf Missionen erfüllt. Zunächst tritt der muskelbepackte Krieger gegen den Nemeischen Löwen an.

Soweit die Sage und soweit die Grundstruktur dieses Comics. Die Götter sind in Morvans Science-Fiction-Szenario allerdings eine Form von Maschinenwesen, die Staaten und ganze Planeten lenken. Die Halbgötter dieses Kosmos sind von ihnen gezüchtete „Supersoldaten“, durch Gentechnik und mechanische Technologie verstärkt, welche für ihre Schöpfer Kriege in den entlegenen Winkeln der Galaxis ausfechten. Wie auch die übrigen Menschen werden die Halbgötter im Unwissen über die Hintergründe gehalten – und dieses Element ist bislang auch das einzig wirklich Neue. Das hat durchaus etwas Faszinierendes, aber als Leser kommt man dem Supersoldaten Herkules emotional einfach nicht nah genug, um von der Erzählung mitgerissen zu werden.

Ähnlich wie in der Vorlage und dem Großteil der antiken Sagen geht es in „Das Blut von Nemea“ im Kern um die Auflehnung der Menschen gegen das Schicksal und ihren Kampf gegen die Willkür der Götter. Hier wird das noch verstärkt, indem die Menschen in Unwissenheit gehalten werden, ihnen also eine Form der Aufklärung, welche zu einer Säkularisierung führen könnte, versagt wird. Erst am Ende des Bands erfährt Herkules, dass er möglicherweise betrogen worden ist, was dann wieder die Frage nach dem Schicksal und der göttlichen Bestimmung aufwirft. Es wird interessant sein zu sehen, wie dieser Aspekt in der Serie weiter verfolgt wird.

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Die Zeichnungen von Looky (i.e. Vivien Chauvet) und Olivier Thill fallen recht düster und teilweise sogar etwas unübersichtlich aus, können aber mit einigen sehr packenden Momenten  aufwarten. Etwa in der Szene, in welcher der Löwe eine Siedlung angreift, was wie eine Westernsequenz wirkt. Interessant ist, dass besonders zeichnerisch große Brücken geschlagen werden: Einflüsse aus der Antike (etwa die Helme) werden in das Zukunfts-Setting tradiert und mit Gegenwartselementen wie Tätowierungen verknüpft. Besonders das Orakel der Zukunft ist eindrucksvoll ausgefallen und innerhalb des Settings ziemlich logisch konzipiert: Es ist wie eine weibliche Personifikation des Internets gestaltet, mit einem Körper voller Kabel. Das klassische Orakel als Suchmaschine und direkter Draht zu den Göttern.

So entsteht ein Sci-Fi-Szenario, in dem der Schwerpunkt auf der Technik liegt, welche die Götter abgelöst hat. Zwar kann die Story noch nicht so ganz überzeugen, auch weil sie zu eng an der klassischen Vorlage bleibt, doch die visuelle Seite des Comics macht hier vieles wett.

Inhaltlich noch etwas schwach, überzeugt hier vor allem die grafische Seite

Herkules 1: Das Blut von Nemea
Splitter Verlag, 2015
Text: Jean-David Morvan
Zeichnungen: Looky, Olivier Thill
Übersetzung: Swantje Baumgart
48Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-110-9
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