In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.
Daniel: Mein Lieblingsvideospiel? Ganz klar, Final Fantasy Tactics. Ich mag die niedlichen Figuren, die vorhersehbare Story, die Entwicklungsstufen der Figuren und vor allem mag ich das rundenbasierte Kampfsystem. Es gibt mir genügend Zeit, die nächsten Spielzüge zu durchdenken. Aus diesem Grund habe ich vor ein paar Jahren den Kickstarter Unsong Story unterstützt. Auf das Spiel warte ich noch immer. Um die Wartezeit etwas zu verkürzen, habe ich mir ein anderes JRPG gekauft: Valkyria Chronicles. Das Japanese RolePlaying Game spielt in einem alternativen Europa zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Ost kämpft gegen West. Dazwischen liegt das neutrale Fürstentum Gallia, dessen Miliz der Spieler steuert. Und bei der Steuerung fangen meine Probleme an: Es gibt zwar ein rundenbasiertes Kampfsystem, aber die Aktionen der Figuren werden nicht auf Spielfeldern ausgetragen, sondern in einer 3D-Landschaft. Ich kann mich also nicht 5 Felder weit bewegen, sondern kann meine Figur solange steuern bis ihr die Stamina ausgeht. Ein komisches System. Doch das eigentlich Problem des Spiels ist seine Ähnlichkeit zur Historie des Zweiten Weltkrieges. Die niedliche Figuren reden über die schöne Zukunft und das Brotbacken, bevor sie Gegner mit Headshots erledigen. Das bedrückende Gefühl wird durch den Auftritt der Darcens, einer Volksgruppe, verstärkt. Sie stellen eine direkte Analogie zu den Juden im zweiten Weltkrieg. Das Spiel bemüht sich nach Leibeskräften, Mut, Freundschaft und Gerechtigkeit gegen das menschenverachtende Verhalten gegenüber den Darcens ins Feld zu führen. Aber Geschichten übers Brotbacken können das menschliche Versagen, nicht kritisieren, wenn immer wieder Panzer, MGs und Granaten durchs Bild fliegen. Es passt einfach nicht zusammen. Valkyria Chronicles ist ein komisches Spiel. Zum Glück gibt es Final Fantasy Tactics jetzt für Android und iOS.
Christian: Kein Netflix bei mir, ich konsumiere immer noch DVDs. Kürzlich lief bei mir die erste Staffel von American Horror Story, eine Serie, die Kollege Benjamin schon mal als toll inszeniert, aber eher schräg bezeichnet hat. Sehe ich ähnlich. Und wieder muss ich sagen: Sowas wäre früher wohl ein Vertigo-Comic gewesen. Sämtliche Horrorklischees der letzten 30 Jahre in einen Topf zu werfen und daraus eine Serie mit Cliffhangern zu machen steht nun mal in der Tradition von Serien wie Swamp Thing, Hellblazer, House of Secrets oder House of Mystery. Wie in den letztgenannten House-Serien des DC-Universums geben sich in American Horror Story die Geister die Klinke in die Hand und stolpern sich mitunter fast gegenseitig über die Füße. Trotzdem sind die diversen Subplots der American Horror Story tragfähig genug, mich bei der Stange zu halten, allen voran die geschickt konstruierte Story um einen Schul-Amokläufer. Respekt verdient auch das Selbstvertrauen, mit dem die Verantwortlichen die Erzählbausteine bekannter Horrorfilme neu zusammensetzen in der Überzeugung, dass man das in der vorliegenden Form noch nicht präsentiert bekommen hat. Stimmt ja auch. Die Herangehensweise ist im besten Sinne modern und auch das Erkennen zugrunde liegender Erzählmuster macht Spaß. Aber für eskapistischen Nerd-Spaß ist die Story zu deprimierend.
Die Anleihen an The Amityville-Horror sind natürlich unübersehbar – eine der wenigen Filmreihen übrigens, bei denen das Sequel besser ist als der Originalfilm. Bei keinem Horrorfilm hatte ich je so viel Schiss wie bei Amityville 2 – The Possession (Regie: Damiano Damiani). Die erste Hälfte des Films, in der ein Junge von den Hausgeistern dazu gedrängt wird, seine eigene Familie umzubringen, ist konsequent subjektiv aus der Sicht des Jungen inszeniert, so dass es, je nach Blickwinkel, auch eine Psychose sein könnte, die in einer Tragödie endet. Das macht aus Amityville 2 einen verstörend psychologischen Film. In der zweiten Hälfte kippt der Film dann leider und wird unrealistisch: Der Junge kommt nach seiner Bluttat vor Gericht und am Ende stellt sich heraus, dass der Bub von einem besonders fiesen Dämon geritten war und ergo schuldunfähig. Dieses schiefe Crossover zwischen Psycho-Horror, Gerichtsfilm und Exorzistenquatsch ist unbedingt sehenswert. Eine echte Perle.
Und bei welchem Horrorfilm habt ihr euch, liebe Leser, mal so richtig gefürchtet?
Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.
Als jemand, der inzwischen bei der sechsten Staffel von American Horror Story angelangt ist, kann ich die Serie jedem nur wärmstens empfehlen. Richtig gruselig ist sie selten, will sie aber auch nicht unbedingt sein. Der Schwerpunkt liegt auf der Inszenierung, den grandiosen Schauspielern, der Unvorhersehbarkeit. Jede Staffel überrascht mit einem neuen Thema und einer teils völlig neuen Herangehensweise. Jede Einzelstory für sich ein kleines Meisterwerk, staffelübegreifend gesehen ist das Ganze noch spannender zu betrachten.
Was gewöhnungsbedürftig für mich war, dass die gleichen Schauspieler unterschiedliche Rollen spielen und immer wieder dabei sind.
Dann viel Spaß bei Roanoke, da gehen die Macher diesbezüglich noch ein Stück weiter.
Das erinnert mich daran, dass ich auf meinem Blog vor Jahren mal eine Kolumne: Alles auf Anfang nur Piloten geschaut habe, um zu entscheiden, ob ich weiterschaue. Bin gerade noch mal über die Formatierung gegangen, denn die war wirklich gruselig: http://neuesausdemelfenbeinturm.de/alles-auf-anfang-american-horror-story/
Und, bist du in dem Fall am Ball geblieben? Und wenn ja, wie lange?
Die erste Staffel hat sich schnell totgelaufen, weil das Murder House zu klein wird für alle wiederkehrenden Toten. Die zweite Staffel habe ich übersprungen und dann die Hexen und die Freakshow gesehen. Und werde mir Staffel 5 Hotel ansehen oder gleich Roanoke? Was denkst du?
Also man kann grundsätzlich jede Staffel voneinander abgekoppelt betrachten und in beliebiger Reihenfolge sehen. Trotzdem bin ich ein großer Freund davon, die Staffeln in der Ausstrahlungschronologie zu goutieren.
Denn versteckt gibt es kleine Querbezüge, die zu entdecken so mehr Sinn machen aus meiner Sicht. Ohne zu viel verraten, gab es z.B. bei Freakshow Plotponts, die erst im Angesicht von Asylum (was du übersprungen hast) doppelt Sinn machen.
„Das Murder House ist zu klein für alle wiederkehrenden Toten.“ Das stimmt. Deswegen wirkt die Serie wirklich eigentümlich altmodisch, denn sowas kennt man aus Comics der 70er wie „Swamp Thing“ oder „Tomb of Dracula“ und so. Egal in welchem Kaff die Hauptfigur gerade aufschlägt, immer gibt es einen Hexenzirkel, einen Werwolf, irren Wissenschaftler, Aliens, Cthulhu-Monster oder ist ein Dorf komplett von Maschinenwesen bevölkert. Jede Episode für sich ist gelungen, als Komplettrezählung mit stringenten Plot ist es dagegen ein Totalausfall. Ähnlich durchwachsen fand ich AHS: Einzelne Stories super, als durchgängige Erzählung dagegen eher daneben. Wenn man als Zuschauer allerding ein bisschen miteditiert und die Unausgegorenheit akzeptiert, dann funktioniert das ganz gut. So mache ich das als Comicleser auch.