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Währenddessen… (KW 24)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

© Netflix

Stefan: Netflix expandiert weiter und bemüht sich, mit Stoffen für nahezu jeden Geschmack und Inhalten aus den verschiedensten Ländern der Welt, neue Zielgruppen zu erschließen. Schön, dass neben Animes aus Japan, Krimiserien aus Spanien und Kunstkino aus Mexiko nun eine ganz hervorragende deutsche Serie im Stream verfügbar ist: How to sell drugs online (fast) bietet ein Wiedersehen mit Bjarne Mädel als Drogengroßhändler und einem erfrischenden, jungen Cast um Hauptdarsteller Moritz (Maximilian Mundt) und seine große Liebe Lisa (Anna Lena Klenke), die sich nach einem Jahr in den USA gerade frisch von ihrem 17-jährigen Gymnasiasten getrennt hat. Ein athletischer Wichtigtuer hat offenbar bessere Chancen bei ihr, zumal er die Partydroge Ecstasy besorgen kann und das kommt – nicht nur ihr – in einer so deprimierenden, verwirrenden Zeit wie der Pubertät und der bevorstehenden Wahl von Studium und Karriere, gerade recht, um einfach mal unbeschwert zu sein und Spaß zu haben. Die Story basiert auf wahren Ereignissen. Humor, Bilder und die erwachsene, aufgeklärte Herangehensweise an Themen wie Drogen, Darknet und Leistungsdruck dürften Zuschauern von Breaking Bad gefallen, aber auch Fans des Tatortreinigers. Anders als Bastian Pastewkas Versuch, einen deutschen Walter White zu erfinden (Morgen hör ich auf) oder Matthias Schweighöfers You are wanted auf Amazon wirkt How to sell drugs online (fast) angenehm eigenständig und die Mischung aus Drama und Humor funktioniert bestens und wirkt eben nicht wie gewollt, aber nicht gekonnt. Die knackig kurzen Episoden sind spannend, überraschen mit einem Star aus Star Trek: The Next Generation, nämlich Jonathan Frakes, und treffenden Beobachtung des Lebens in Deutschland im 21. Jahrhundert. So clever, temporeich und amüsant wie der in einer der ersten Folgen zitierte Kultfilm von 1999: Fight Club, dessen Twist von den beiden Nerds übrigens sehr hinreißend komplett gespoilert wird. Ein The Big Bang Theory aus dem echten Leben mit besseren Gags. Ganz großes deutsches Kino!

Christian:

„ Wenn die Juden sich über Zion erheben
und ein Komet den Himmel teilt
und das römische Imperium neu entsteht
dann endet unser beider Leben.
Aus dem ewigen Meer steigt er empor
stampft Armeen aus dem Boden hervor
es töten die Brüder sich die Erde wird leer
und die Menschheit existiert nicht mehr.“

So lautet der Vers aus Richard Donners Film Das Omen, der von der Rückkehr des Teufels in Form eines kleinen Kindes handelt. Mit dem neuen römischen Imperium ist natürlich Amerika gemeint, das ewige Meer ist dazu die Welt der Finanzen, der Politik und der Lobbyisten. Um dem Antichristen eine gute Startposition für seine Karriere zu gewährleisten, tötet ein satanischer Orden das frisch geborene Kind eines amerikanischen Botschafters und jubelt ihm stattdessen das Kind des leibhaftigen Satans unter, doch weil das Kind recht allergisch auf religiöse Symbole reagiert, bekommt es bald Beistand von einem nicht weniger satanischen Kindermädchen und einem bösen Höllenhund, die beschwichtigend auf allzu ungebührliche Auffälligkeiten wirken sollen.

Das alles ist natürlich übelst fundamentalistischer Kram, ernst und humorbefreit erzählt, gleichzeitig ist der Horror äußerst morbid und mit viel Freude am Grotesken inszeniert, am berühmtesten sicher die Enthauptung mit einer Glasscheibe. Getoppt wird das Ganze aber locker von den Sequels, in denen der Satan seine Widersacher auf überaus grässliche Weise killt, bis er dann in Teil 3 überwunden wird und die Kraft und die Herrlichkeit sich endlich durchsetzen – „und in alle Ewigkeit ein Halleluja der himmlischen Heerscharen“. Ab jetzt ist alles auf immer und ewig nur noch wie im Musical Meine Lieder – meine Träume.

Das schreit natürlich nach Verarsche. Die haben Terry Pratchett und Neil Gaiman schon 1990 mit ihrem Buch Good Omens geliefert, Amazon Prime lieferte kürzlich die recht werkgetreue Verfilmung dazu. Etwas zappelig geraten ist die sechsteilige Miniserie ja schon, ich weiß aber auch nicht, wie Terrry Pratchett anders verfilmt werden könnte. Optik und Stil dagegen lassen sich wohl am besten als Gaimanesk bezeichnen, also wie Tim Burton, wenn er Geschichten von Neil Gaiman werkgetreu nacherzählen würde. Die Miniserie zieht ihren Charme vor allem aus den tollen Schauspielern und einem etwas grätigen, wenig geschmeidigen Erzählstil. Besonders hat es mir die erste Episode angetan, die auf sehr treffende Art den ganzen Stuss von Richard Donners Film auf die Schippe nimmt und selbst in den Schauplätzen dem ursprünglichen Omen-Film sehr nahe kommt. Damit habe ich auch große Lust bekommen, die ursprünglichen Omen-Filme noch einmal anzusehen. Immerhin haben sie mit Jerry Goldsmiths satanischem Ave Satani eine der besten Filmmusiken der Filmgeschichte. Mit dieser Musik, die einen bis in die Zehenspitzen nur begeistern kann, wird Das Omen für jeden Christen zum reinsten Satansporno.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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