Welche neuen Comic-Einzelbände kamen letzten Monat neu in die Läden, welche Serien sind neu gestartet? Wir haben uns wie immer durch die Flut der Neuerscheinungen gewühlt. In dieser Ausgabe tragen wir, vor allem in der Sektion „Eigenproduktionen“ auch noch einige Comics nach, die bereits im Mai auf dem Comic-Salon Erlangen erhältlich waren, aber entweder beim letzten Mal unter den Tisch fielen oder erst im Juni im Comic- und Buchhandel erhältlich waren.
HIGHLIGHT DES MONATS
Auch wenn man kein großer Freund von Fernsehserien ist oder man noch keine Gelegenheit hatte, in die erste Staffel von Netflix’ Jessica Jones hineinzuschauen, darf man sich über den positiven Begleiteffekt freuen, dass Panini erstmals die Comicvorlage dazu in deutscher Übersetzung veröffentlicht. Die insgesamt 28 US-Hefte der Reihe Alias erschienen bereits von 2001 bis 2004 in Marvels Max-Imprint. Dort wurde die von Brian Bendis und Zeichner Michael Gaydos erschaffene Ex-Superheldin mit der traumatischen Vergangenheit und der aktuellen Existenz als Privatdetektivin eingeführt und, seitdem ist sie eine immer mal wieder auftauchende Figur in weiteren Marvel-Comics. Alias war zum damaligen Zeitpunkt eine sehr originelle Serie, die sich mehr mit der Psyche ihrer weiblichen Hauptfigur beschäftigte als mit dem Superheldentum. Von daher ist es sehr zu begrüßen, dass Panini diesen Schatz endlich gehoben hat und den Lesern hierzulande verfügbar macht. Der erste Jessica Jones: Alias Megaband enthält die Ausgaben 1-15, ein zweiter geplanter Band wird den Rest abdecken. [Leseprobe]
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EIGENPRODUKTIONEN
Im hessischen Witzenhausen gab es von 1899 bis 1944 die deutsche Kolonialschule, in der Schüler ausgebildet wurden, die später als Beamte oder Fachleute für Landwirtschaft und Viehzucht in die deutschen Kolonien gehen sollten. Nicht weit entfernt ist Kassel, wo es an der Kunsthochschule eine Illustrations- und Comicklasse gibt, die von Hendrik Dorgathen geleitet wird. Gemeinsam mit Studierenden aus anderen Kasseler Fakultäten (Geschichte und Agrarwissenschaften) befassten sie sich mit der Kolonialgeschichte. Die daraus entstandenen Texte und Comics erscheinen nun in der Anthologie Raus Rein beim Avant-Verlag. [Leseprobe]
Bei Popcom hat der zum Medium zurückgekehrte Zeichner Timo Würz jüngst ein neues Zuhause gefunden. Nach dem Start seines aktuellen Werks Ghost Realm publiziert der Verlag nun auch die früheren Comics von Würz. Darunter fällt auch eine Neuedition von dessen über 20 Jahre altem Erstlingsalbum Aaron & Baruch, einer Story um einen Serienkiller und einen Waffenhändler, die hier mit Bonusmaterial aufgestockt wurde. Von Würz selbst kommen allerdings nur die Bilder, die Texte sind von Autor Niki Kopp. [Leseprobe]
Beim Verlag Edel wagt man sich an das in japanischen Manga schon oft erprobte Genre des Koch-Comics: Pulp Kitchen heißt der Band von Texter Ulfert Becker und Zeichner Ralph G. Kretschmann, dessen Hauptfigur, der Koch Andie von Eden, im echten Leben Chefkoch im Hamburger Restaurant Zuehlke ist. Von ihm stammen auch die in den Comic eingeflochtenen Rezepte. [Leseprobe]
Einige zunächst im Web veröffentlichte Comics sind kürzlich auch in gedruckten Ausgaben erschienen: zum Beispiel die ersten Kapitel von Mario Bühlings Thriller The Order of Things sowie vom gleichen Autor und Zeichner die Fantasyparodie Gert & Grendil (beide in der Edition Kwimbi).
Beim Schwarzen Turm ist Circus Irritans von Katharina Netolitzky erschienen. Online lief der Comic als Circus Pulex Irritans zwischen Herbst 2013 und Januar 2016, nun gibt es ihn komplett in einer Buchausgabe. Erzählt wird ein „schräger Horrortrip“, der seinen Ausgang in einem Flohzirkus nimmt. [Leseprobe]
Schon seit stolzen zehn Jahren stellt Ulf Salzmann unter dem Titel Flausen seine Alltagsbeobachtungen in Form von Vier-Panel-Strips ins Netz. Eine 120-seitige Auswahl der besten gibt es nun ebenfalls beim Schwarzen Turm in Flausen und eine Nacht. [Leseprobe]
Beim selben Verlag kommt der Band Augenfutter heraus. Olivia Viewegs Strip zum Thema Film und Fernsehen lief 2014 und 2015 im Tagesspiegel am Sonntag, es gibt ihn aber auch im Blog der Zeichnerin und nun auch als gedruckte Ausgabe. [Leseprobe]
Ein Frühwerk von Marvin „Schisslaweng“ Clifford ist der Webcomic Molps & Murphy um einen Pechvogel und seinen Mitbewohner, ein fröhliches Monster. Nicht online erschienen, sondern mehrere Jahre in der Schublade blieb die längere Geschichte Berühmt für einen Tag – Molps und Murphy, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Zu haben bei der Edition Kwimbi. [Leseprobe]
Christian Zanotelli alias Zano legt bei Gringo Comics den zweiten Comic mit seinem „Rock’n’Roll-retro-futuristischen“ Helden Jean-Paul Porneaux vor: Jean-Paul Porneaux und das blutrote Vinyl erschien zunächst online bei MyComics und erzählt eine abgedrehte Geschichte mit Musikern, Kunstfurzern, Wissenschaftlern und Wahrsagern. [Leseprobe]
Eine Wiederveröffentlichung eines Comics aus dem Jahr 1987 gibt es beim anarchistischen Verlag Edition AV: Das Karbidkommando von Günter Rückert erzählt von den Dortmunder „Edelweißpiraten“, einer Gruppe von Jugendlichen, die sich während des „Dritten Reichs“ gegen das NS-Regime und die Hitler-Jugend wandte. Herausgeber Heiko Koch hat für die Neuausgabe auch Interviews mit dem Zeichner sowie mit dem Sohn des Historikers Hans Müller, der Rückert bei seinem Comic beraten hatte, geführt.
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EUROPÄISCH
Für den Comicband Rein in die Fluten! (Reprodukt) haben sich zwei großartige französische Künstler zusammengetan: David Prudhomme (Rembetiko, Einmal durch den Louvre) und Pascal Rabaté (Bäche und Flüsse). In einer neuen Kollaboration nach Die Plastik-Madonna (2010) schildern sie den jährlichen Wahnsinn, wenn die Ferien beginnen und sich die Familien in ihren Fahrzugen allesamt gen Strand begeben. Vom nervigen Stau über die Tücken eines Sandburgbaus bis hin zum richtigen Schwimmoutfit, bleibt keine der üblichen Schwierigkeiten ausgespart. [Leseprobe]
Vom belgischen Zeichner Hergé kennt jeder die legendären Tim und Struppi-Alben, doch seine anderen Werke sind längst nicht jedem gleichermaßen geläufig. Dazu zählen auch Die Abenteuer von Jo, Jette und Jocko, eine fünfteilige Abenteuerserie, die in den 1930er Jahren als Auftragsarbeit für ein französisches Jugendmagazin entstand. Die Geschichten handeln von einem Geschwisterpaar, das zusammen mit einem Äffchen aufregende Dinge erlebt. Carlsen legt die fünf Alben nun neu auf und weil sich die erste Story über zwei Bände erstreckt, kommen die beiden ersten zeitgleich auf den Markt.
In ihrem Comic Das Imperium des Atoms kredenzten Szenarist Thierry Smolderen und Zeichner Alexandre Clérisse der Leserschaft ein Werk im Retrolook der 50er Jahre. In Ein diabolischer Sommer (Carlsen) bietet das Kreativteam nun einen Agentenkrimi auf, der in den 60er Jahren spielt. Das Werk ist vor allem wegen seines unkonventionellen Artworks, das zum Großteil aus knalligen Farben besteht, die ohne Outlines präsentiert werden, interessant. [Leseprobe]
Dein Verbrechen (Schreiber & Leser) ist ein Thriller um einen Mann, der sich im Jahr 1970 in Australien versteckt hält, weil er wegen Mordes an seiner Ehefrau gesucht wird. Die Story dazu stammt vom Belgie Zidrou (Lydie), für das aufgerämte, klare Artwork sorgt der französische Zeichner Philippe Berthet (Pin-Up). [Leseprobe]
Bei Erko sind zwei neue Alben erschienen: Zum einen der Einzelband Die Krankenschwester vom uruguayischen Künstler Zalozabal (Genetic Grunge), ein skurriler Comic rund um eine Krankenschwester, die einen entstellten Patienten in eine Spezialklinik überführt, in der so einiges Verrücktes vor sich geht. Zeichnerisch ist das Ganze entsprechend überbordend dargestellt. Die zweite Publikation ist die Docteur Mystère Gesamtausgabe. Enthalten sind erstmals alle drei Erzählungen des italienischen Abenteuercomics von Autor Alfredo Castelli (Gentlemen GmbH) und Zeichner Lucio Filippucci. Inhaltlich geht es dabei um einen vermeintlich legendären Doktor, der mit seinem Assistenten um den Globus reist, um Kriminalfälle zu lösen. [ital. Leseprobe]
In der dreiteiligen Reihe Auf die Barrikaden (Splitter) nimmt sich Szenarist Wilfrid Lupano (Die alten Knacker) dem Aufstand der Pariser Kommunarden im Jahr 1871 an. Diese strebten eine Verwaltung nach sozialistischen Vorstellungen einer Gesellschaft an. Mithilfe der Zeichnungen von Anthony Jean (Das Einhorn) legt Lupano bei seiner Erzählung einen besondern Augenmerk auf die weiblichen Mitglieder der Kommune, die nicht minder energisch für ihr Vorhaben kämpften als ihre männlichen Mitstreiter. [Leseprobe]
Neuer Nachschub für Freunde von Zombie-Comics kommt vom Szenaristen Jean-Luc Istin (Elfen, Die Druiden), der in geplanten sechs Alben die Story einer Krankenschwester erzählt, die sterbenskranke Patienten ermordet, sich plötzlich aber inmitten einer Zombie-Apokalypse befindet. Klar ist dabei, dass auch ihre Opfer als Untote wiederkehren und ihr Probleme bereiten. Die Zeichnungen der Serie Alice Matheson (Splitter) werden von wechselnden Künstlern übernommen. Die ersten beiden Alben sind von Philippe Vandaële gestaltet. [Leseprobe]
Mit Namibia startet der Splitter-Verlag eine weitere fünfteilige Albenreihe vom Autorengespann Leo und Daniel Rodolphe. Die Mysteryserie spielt wie schon deren Vorgänger Kenya (bei Epsilon erschienen) im afrikanischen Raum und zeigt eine britische Agentin, die in den 1940er Jahren unheimliche Fälle untersucht. Namibia ist ein weiterer, vom ersten unabhängiger Zyklus, in dem u.a. Rieseninsekten und Hermann Göring (der 1949 eigentlich tot sein müsste) vorkommen. Das knifflige Rätsel wird illustriert von Zeichner Bertrand Marchal. [Leseprobe]
Mit historischen Stoffen kennt sich der Franzose Philippe Xavier aus, immerhin hat er dieses Feld bereits in seinen Reihen Kreuzzug und Conquistador bespielt. Sein neues Werk, Winter 1709 (Splitter-Verlag), das er mit seiner Co-Autorin Nathalie Sergeef verfasst hat, spielt während des Spanischen Erbfolgekriegs, der von 1701 bis 1714 stattfand. Das Autorenteam schickt dabei einen einzelnen Mann während eines schlimmen europäischen Kälteeinbruchs auf eine Mission. Xavier selbst setzt die Handlung des Zweiteilers grafisch um. [Leseprobe]
Bereits 2015 entstand eine Comic-Biografie zu Muhammad Ali, die von der Französin Sybille Titeux getextet und von ihrem Landsmann Amazing Améziane gezeichnet wurde. Der Band erzählt in Bildern den Werdegang des wohl legendärsten Boxers aller Zeiten. Jetzt erscheint der Band auch in deutscher Übersetzung bei Knesebeck, was man so kurz nach Alis weltweit betrauertem Tod als schönes Abschiedsgeschenk betrachten kann. [Leseprobe]
In insgesamt 13 Kapiteln, die alle im Lustigen Taschenbuch erschienen, erzählte Giorgo Pezzin zwischen 1994 und 1999 die Geschichte der USA mit Figuren aus dem Micky-Maus-Kosmos nach. Jetzt gibt es die gesamte Reihe Micky Maus – Es war einmal in Amerika gesammelt in zwei Versionen: Als Hardcover in der Egmont Comic Collection sowie in zwei günstigen Taschenbüchern der Reihe Lustiges Taschenbuch präsentiert von Ehapa. Zu letzteren gibt es auch einen Sammelschuber im Holzkisten-Look. [Leseprobe]
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AMERIKANISCH
Der Name Frank Miller ist nach wie vor einer, mit dem sich hervorragend Comics verkaufen lassen, auch wenn Miller in den letzten Jahren eher mit misslungenen Regiearbeiten (The Spirit), fragwürdigen Comics (Holy Terror) und noch fragwürdigeren politischen Statements aufgefallen ist. DC hat es nun geschafft, Miller zu einem dritten Teil seiner „Dark Knight“-Saga zu überreden. Wir erinnern uns: Mit seinem Batman-Comic The Dark Knight Returns (Die Rückkehr des Dunklen Ritters) von 1986 schuf Miller einen Klassiker des Genres und trug entscheidend dazu bei, dass Superheldencomics erwachsener und ernsthafter wurden (oft mehr, als ihnen gut tat). 15 Jahre später kam die Fortsetzung The Dark Knight Strikes Again (Der Dunkle Ritter schlägt zurück), bei der Miller es schaffte, viele Fans vor den Kopf zu stoßen: zum einen, indem er einige DC-Helden der Lächerlichkeit preisgab, zum anderen durch ein bewusst krudes Artwork und grelle Kolorierung. Weitere 15 Jahre später folgt nun ein dritter Teil, auf dessen provokanten Untertitel „The Master Race“ Panini bei der deutschen Ausgabe lieber verzichtet. Batman: Dark Knight III schließt inhaltlich an die beiden Vorgänger an, ist diesmal aber kein genuiner Miller-Comic: Dessen Name steht zwar auf dem Cover, sein tatsächlicher Input dürfte aber eher gering sein. Die Skripte schreibt Brian Azzarello, die Zeichnungen kommen von Andy Kubert und mit Tuscher Klaus Janson gibt es einen Bogen zurück zur Originalserie. Miller selbst steuert einen Teil der Minicomics, die jedes Heft begleiten, sowie ein paar Titelbilder bei (die prompt wieder zu Diskussionen führten). Qualitativ verpasst man hier vermutlich nichts Großes, aber die Neugier der Leser und die großen Namen werden bestimmt auch bei uns für ordentliche Verkaufszahlen sorgen. [Leseprobe]
Im Zuge von DCs inzwischen beerdigter „New 52“-Initiative kehrte nach längerer Pause der galaktischen Kopfgeldjägers Lobo zurück. Die Figur wurde in den 80er Jahren ins DC-Universum eingeführt, avancierte aber erst in überarbeiteter Version in den 90ern zum kultigen, überdrehten Zentrum für parodistische Gewaltorgien (Stichwort: Frägg!), die größtenteils außerhalb des regulären Superheldengeschehens stattfanden. Unter Anleitung von Autor Cullen Bunn, der u.a. Deadpool-erprobt ist, schwört die aktuelle Serie dem Biker-Look des alten Lobo ab (der als Hochstapler charakterisiert wird) und führt den „wahren“ Lobo mit einem schnittig-modernen Design ein. Panini sammelt alle 14 US-Ausgaben der Reihe nun in einem Lobo Megaband. Trotz Gastspielen von Superman, Green Lantern und Sinestro kam diese Überarbeitung nicht wirklich gut an, weshalb es wohl nur eine Frage der Zeit ist, bevor der klassische Lobo wieder reaktiviert wird. [Leseprobe]
Bei der Figur John Constantine indes hat DC die Rolle rückwärts bereits ein Stück weit vollzogen. Der Okkultist, der über viele Jahre eine bemerkenswerte Vertigo-Reihe anführte, wurde zum Start des New-52-Universums in die reguläre DC-Kontinuität integriert. Die dort beheimatete Soloreihe war zwar nicht völlig schlecht, aber durch die Crossoverstories mit anderen Helden und den etwas zu braven Zeichnungen blieb nicht viel von dem übrig, was die Figur ursprünglich ausgemacht hat. Bei der Serie Constantine: The Hellblazer orientieren sich die Autoren Ming Doyle und James Tynion IV, sowie die Zeichner Riley Rossmo, Ming Doyle selbst und Vanessa Del Rey nun wieder stärker an den früheren Vertigo-Inhalten und setzen auf ein kantigeres Artwork. [Leseprobe]
In den 90er Jahren rüttelte ein gewaltiges Erdbeben Gotham City heftig durch. Was an dem Event „Das Beben“ interessant war, ist die Tatsache, dass der Dunkle Ritter hier einem Feind gegenüberstand, den er nicht besiegen konnte: einer Naturgewalt. Die Storyline zog sich damals durch diverse Bat-Serien und -ableger und involvierte natürlich auch andere Helden, die sich in Gotham für gewöhnlich tummeln. Panini legt nun Batman: Das Beben, das dereinst beim Dino Verlag erschien, nochmals in seiner Gesamtheit in zwei Bänden auf. Die Geschichte ging danach übrigens mehr oder weniger direkt in die legendäre „Niemandsland“-Story über. Ob diese ebenfalls einen Reprint erhält, ist wohl vom Verkaufserfolg der „Beben“-Ausgaben abhängig.
Und noch ein Highlight aus den Neunzigern legt Panini in zwei Bänden auf: Spider-Man: Maximum Carnage zeigt den Höhepunkt des Konfliktes zwischen dem psychopathischen Symbiontenträger Carnage, dessen geistigem Verwandten Venom und dem Wandkrabbler. Auch dieses Event zog sich in den USA durch eine ganze Reihe von Spidey-Serien, in deutscher Übersetzung konnte man es damals beim Condor Verlag im Die Spinne-Magazin nachverfolgen. [Leseprobe]
Nach dem Konzept der Klassik-Best-ofs zu den Avengers und den Fantastic Four legt Panini nun mit dem Band Marvel Klassiker: X-Men nach. Dieser enthält zehn Stories aus diversen (eher frühen) Epochen des Mutantenteams. Unter anderem dabei ist auch das erste X-Men-Heft mit der Urbesetzung von 1963, sowie Giant Size X-Men 1 mit einer späteren Inkarnation, bei der Figuren wie Wolverine, Storm oder Colossus erstmals zum Team stießen. [Leseprobe]
Zu den Superheldencomics der jüngeren Marvel-Vergangenheit, die einen lockeren, komödiantischen Ton anschlagen und grafisch sichtbar vom Mainstream abweichen (dazu gehören auch Serien wie Ms. Marvel, Silver Surfer oder Howard the Duck) zählt auch The Unbeatable Squirrel Girl, der vom kanadischen Autor Ryan North (Adventure Time, Dinosaur Comics) geschrieben wird und eine junge Heldin im Eichhörnchen-Look zeigt. Außerdem hat diese bei den Avengers früher als Babysitterin für das Kind von Luke Cage und Jessica Jones gejobbt. Der deutsche Band mit dem Titel Squirrel Girl enthält die ersten acht US-Ausgaben mit Bildern wie aus einem Zeichentrickfilm von Erica Henderson und Maris Wicks. [Leseprobe]
Immer wieder kehrt Autorenlegende Jim Starlin zu seiner Schöpfung, dem schurkischen Thanos zurück. In Marvel Exklusiv 120: Thanos – Die Infinity-Allianz ist nun eine weitere Miniserie des Altmeisters enthalten, die vom erfahrenen Ron Lim gezeichnet wurde. Darin bündelt Thanos seine Kräfte mit kurzzeitig Verbündeten wie Adam Warlock, dem Silver Surfer oder den Guardians of the Galaxy, um den sinistren Annihilus aufzuhalten. [US-Preview]
Und dann startete bei Panini auch noch „Das brandneue Marvel-Universum“, bei dem nach dem Mega-Event „Secret Wars“ mal wieder einiges auf Null gesetzt wird, Kreativteams rotiert und neue Nummer-Einsen an den Start gebracht werden. In den USA lief das Ganze unter dem Banner „All-New, All-Different Marvel“. Den Anfang machen hierzulande u.a. zwei neue Heftserien: Avengers enthält eine von Mark Waid geschrieben Rächer-Reihe, die ein paar frische Gesichter ins Team bringt. Darunter fallen Ex-Falcon Sam Wilson, der aktuell als Captain America agiert, die neue Ms.Marvel oder Miles Morales, der Ultimate Spider-Man, der jetzt auch hier beheimatet ist. Für die Zeichnungen sorgen Mahmud Asrar und Adam Kubert. [Leseprobe]
Ein wenig den Iron Man macht Peter Parker in der neuen Heftreihe Spider-Man, in der er als jetsettender Konzernchef gezeigt wird, der von seinem Alter Ego Spider-Man als Bodyguard begleitet wird. Auch dieser Amazing-Spider-Man-Reset wird wieder von Dan Slott geschrieben, der den Helden nun schon seit vielen Jahren betreut. Mit Giuseppe Camuncoli und Paco Diaz hat man zwei bewährte Zeichner an Bord, die den Stil des Comics zu seinen Vorgängerstories nicht wesentlich verändern. [Leseprobe]
Zukünftig nicht mehr in Heftform anzutreffen sind die X-Men, was im deutschsprachigen Raum schon seit mittlerweile rund zwanzig Jahren nicht mehr der Fall gewesen sein dürfte. Stattdessen sind die einzelnen Untergruppierungen nun jeweils separiert in eigenen Sonderbandreihen anzutreffen. So verbirgt sich die von Jeff Lemire (Sweet Tooth, Animal Man) verfasste US-Serie Extraordinary X-Men in Deutschland hinter dem schlichten Titel X-Men. Die Bilder stammen von Humberto Ramos, der seinen typisch mangaesken Stil einbringt. Die Erzählungen darin drehen sich um ein von Storm angeführtes X-Team, welchem u.a. auch Old Man Logan angehört. [Leseprobe]
Und dann gibt es noch die Serie Uncanny Avengers, ebenfalls in Sonderbänden erscheinend, die vom Kreativteam Gerry Duggan (Deadpool) und Ryan Stegman (Spider-Man) stammt und eine Art bunt zusammengewürfelten Haufen aus diversen Superwesen zeigt. Rekrutiert von Ex-Captain America Steve Rogers finden sich hier Mutanten, Menschen und Inhumans ein, um eine spezielle Einsatztruppe zu bilden. Außerdem mit dabei: Deadpool. [Leseprobe]
Bei Cross Cult sind gleich zwei neue Comicbände zu aktuellen Videospielen erschienen: Zum einen wäre da Mirrors Edge: Exordium, das die komplette, sechsteilige Dark-Horse-Miniserie enthält und als Prequel zum Game Mirrors Edge: Catalyst fungiert, welches in einer futuristischen Stadt spielt und in dem Parcourläufer hoch über den Dächern die Hauptrolle einnehmen. Der Comic stammt vom Kreativteam Christofer Emgård, Mattias Häggström und Robert Sammelin.[Leseprobe]
Die Vorgeschichte von zumindest einer wichtigen Figur aus dem Spaceshooter EVE: Valkyrie liefert der gleichnamige Comic, der in den USA ebenfalls bei Dark Horse erschien. Geschrieben hat diesen Brian Wood, den man von Serien wie DMZ, Northlanders oder Star Wars kennt. Für die Zeichnungen sorgen Eduardo Francisco und Michael Atiyeh. [Leseprobe]
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ASIATISCH
Kuro aus der Feder von Mangaka Somato erschien in Japan zunächst als Webmanga und wird bei Tokyopop jetzt in gedruckter Ausführung auf Deutsch, im Großformat und teilweise farbig, vorgelegt. Die Geschichte dreht sich um ein kleines Mädchen, welches zusammen mit seiner geliebten Katze in einem riesigen Anwesen lebt. Doch eines Tages verschwindet das Haustier und kehrt einige Zeit darauf mit scharfen Zähnen und der ein oder anderen unerklärlichen Fähigkeit zurück. Eine Userin im Comicforum beschreibt den Manga als „Kleine Katze Chi in geisteskrank und blutrünstig“. [Leseprobe]
Um Geschlechterrollen und -identitäten geht es in der Serie Becoming a Girl One Day (Carlsen Manga) der Japanerin Akane Ogura. Sie erzählt die Geschichte eines Jungen, der nach einem Arztbesuch, bei dem sich herausstellt, dass er genetisch gesehen ein Mädchen sei, plötzlich mit seiner weiblichen Seite umgehen muss.
In Corpse Party – Blood Covered hatte Makoto Kedouin eine Gruppe Schüler in die Ruinen einer alten Schule verfrachtet, aus denen sie entkommen muss. In der Nachfolgeserie, Corpse Party – Another Child (Egmont Manga), erwischt es nun eine zweite Gruppe. Das Horrorspektakel hat Kedouin diesmal zusammen mit Shunsuke Ogata erarbeitet.
Egmont Manga nimmt eine preisgekrönte Serie ins Programm: A Silent Voice handelt von einem gehörlosen Mädchen und seinem ehemaligen Mitschüler Shoya, der sie zu Schulzeiten wegen ihrer Behinderung gemobbt hatte. Jahre später treffen sie sich wieder und Shoya hat einiges wiedergutzumachen. Zeichnerin und Autorin Yoshitoki Oima gewann in diesem Jahr den angesehenen Osamu-Tezuka-Kulturpreis für die beste Nachwuchskünstlerin und ist aktuell bei den Eisner Awards in der Kategorie Asiatische Comics nominiert. Eine Anime-Adaption kommt im Herbst in die japanischen Kinos. Den in sieben Bänden abgeschlossenen Manga ordnet EMA zwar den Kategorien „Romance“ und „Shoujo“ zu, allerdings handelt es sich eher um ein Slice-of-Life-Drama für etwas ältere Leser und Leserinnen als um eine Lovestory für Mädchen. [Leseprobe]
Weitere Romance-Manga im Juni: Bei Tokyopop starteten die Reihen Dein Verlangen gehört mir von Ai Hibiki [Leseprobe] sowie Izuka Yuzuharas Rainbow Revolution [Leseprobe]. Mit Sag mir bitte, was Liebe ist von Naho Watarumi und Lalako Kojima gab’s zudem einen neuen Boys-Love-Einzelband.
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SEKUNDÄRLITERATUR
Für den Suhrkamp Verlag hat Nicolas Mahler bereits einige literarische Werke von Thomas Bernhard und anderen Autoren eigenwillig und frei zu Comics adaptiert. Zwei dieser „transmedialen Übersetzungen literarischer Texte ins Comic-Format“ nimmt sich der Germanist Robin M. Aust in seiner Masterarbeit „Es ist ja auch eine Methode, alles zur Karikatur zu machen.“ – Nicolas Mahlers Literatur-Comics Alte Meister und Alice in Sussex nach Thomas Bernhard und H. C. Artmann“ vor, die beim Ergon Verlag erschienen ist.
Beim EMF Verlag erschien ein Zeichenlehrbuch unter dem Titel Manga einfach zeichnen. Dessen Autorin Martina Peters hat nicht nur reichlich Erfahrung als Manga-Autorin und -Zeichnerin, sondern führt auch immer wieder Workshops und Zeichenkurse durch. [Leseprobe]