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 The Punisher
USA 2004, Regie: Jonathan Hensleigh, Drehbuch: Jonathan Hensleigh & Michael France, Hauptdarsteller:
Thomas Jane (Frank Castle), John Travolta (Howard Saint),
Roy Scheider (Mr. Castle, Sr.), Rebecca Romijn-Stamos (Joan),
James Carpinello (John Saint),
Laura Harring (Livia Saint),
Marc Collie (Harry Heck)
Nachdem seine ganze Familie von der Mafia umgebracht wird entschließt sich FBI-Agent Frank Castle sich als der Punisher an Mafiaboss Howard Saint (gespielt von John Travolta) zu rächen.
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Inhalt:
Eigentlich will sich Bobby Saint, jüngster Spross der einflussreichsten Mafia-Familie in Tampa, Florida, nur seinem Vater gegenüber beweisen und zeigen, dass er einen illegalen Waffendeal mit einem Kerl mit dem schönen deutschen Namen "Otto Krieg" (kein Scheiß!) durchziehen kann. Allerdings läuft die Übergabe fürchterlich schief. Ein SWAT-Team des FBIs taucht auf, eine ruckartige Bewegung wird gemacht, und ein schießwütiger FBI-Mann knallt den guten Herrn Krieg und Bobby Saint ab. Während Bobby tot bleibt, steht Otto Krieg allerdings kurze Zeit später wieder auf. Er ist in Wirklichkeit FBI-Undercover-Agent Frank Castle und die Kugeln, mit denen auf ihn geschossen wurde, waren Platzpatronen. Castle hat als ehemaliges Mitglied der Special Forces und als FBI-Mann genug Tod und Elend gesehen und will nach diesem Job endlich ein ruhiges Leben mit seiner Frau und seinem Sohn in London führen. Vorher will er nur noch die große Wiedersehensfeier seiner Familie auf Puerto Rico besuchen.
Howard Saint, Bobbys Vater, erfährt derweil, dass Frank Castle für den Tod seines Sohnes verantwortlich ist. Er beschließt, dass seine Handlager Castle darum in Puerto Rico töten sollen. Seine Frau Livia macht ihm den besseren Vorschlag, nicht nur Castle, sondern auch dessen ganze Familie zu erledigen, wo man schon die Chance hat. Gesagt, tun getan. Während Onkels, Tanten, Nichten, Neffen und Schwippschwäger sich auf Puerto Rico ein rauschendes Familienfest gönnen und sich Castle und sein Vater die familiäre Waffensammlung angucken, tauchen Saints Killer auf und exekutieren die Männer, Frauen und Kinder. Frank gelingt es, einige der Schurken zu töten, während seine Frau und sein Sohn im Auto vor den Auftragsmördern fliehen. Auf einem Landesteg kommt es zum Showdown zwischen Killern (im Auto) und Castles Familie (nun zu Fuß), den das mobilisierte demographische Element gewinnt. Als Castle eintrifft, kann er nur noch um seine Familie trauern und sich voller Zorn auf die Killer stürzen, die ihn mit zwei Kugeln in den Torso stoppen und ihn dann krankenhausreif schlagen. Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen, verpasst ihm der andere Saint-Spross John noch auf kurze Distanz eine Kugel in die Brust und sorgt dafür, dass Castle zusammen mit dem Landesteg in die Luft fliegt…
Nun kann man den Bösen keinen Vorwurf machen. Kugel auf kurze Distanz und flammendes Inferno ist besser als das typisch schurkische: "Okay, lassen wir ihn in der Todesfalle und hoffen wir, dass er nicht entkommt." Das Problem ist: Castle überlebt trotzdem, und nach fünf Monaten des Heilens und des Wutaufbauens entscheidet er sich dazu, dass er an den Saints Rache nehmen will… pardon, dass er die Saints "bestrafen" will. Das ist ein Unterschied, auch wenn er sich mir nicht ganz erschließt. Castle kehrt also nach Tampa zurück, baut sich ein Auto, auf das das A-Team stolz wäre, legt sich eine Waffensammlung zu, auf die Travis Bickle eifersüchtig wäre, und greift sich das schwächste Glied in der Saint-Kette: Micky Duka, ein Kleinganove mit gutem Herz, der die Saints eigentlich nicht mal mag. Mit einem cleveren psychologischen Trick, einem Stück rohem Fleisch und einem Eis am Stiel suggeriert Castle dem Gangster, dass er ihn foltert und erfährt so das Wichtigste über Herrn, Frau und verbliebener Sohn Saint, sowie deren rechte Hand, den heimlich homosexuellen Quentin Glass. Außerdem dient Micky nun als Castles Maulwurf in der Familie Saint.
Castle beschließt, dass er erst mal seine fünfzehn Minuten Ruhm haben möchte. Er taucht bei einer FBI-Konferenz vor versammelter Medienmannschaft auf und beschwert sich, dass fünf Monate nach dem Massaker an seiner Familie noch kein Saint verhaftet worden sei. Die Medien berichten über den totgeglaubten EX-FBI-Agenten, und Howard Saint ist gebührend wütend, dass Castle sich nicht die Radieschen von unten anschaut. Unser (Anti-)Held beschließt derweil, Howard Saint noch weiter zu ärgern, etwa indem er von Saint gewaschenes Geld abfängt, einen Teil als Finanzhilfe für seine Bestrafungsaktion einsackt und das Restgeld aus ein paar Stockwerken Höhe auf die Straße werfen lässt, wo es zum altbekannten "Es regnet Geldscheine"-Tumult kommt. Zudem initiiert er einen elaborierten Racheplan, mit dem er Howard und Livia Saint sowie Quentin Glass gegeneinander ausspielen will und in dem das tollste Gimmick des Punishers zum Einsatz kommt: ein tragbarer Hydrant. Heilige freiwillige Feuerwehr, Batman hatte so was nie.
In seinem Hauptquartier in einem abbruch- reifen Appartementgebäude schafft es Castle derweil nicht, seine Rolle als einsamer Wolf zu halten. Die freundliche Gruppe Ausgestoßener rund um den übergewichtigen Koch Mr. Bumpo, den schüchternen Piercingträger Spacker Dave und die traurige, nähende Kellnerin Joan versucht das Vertrauen des aus Nachrichten und Zeitung bekannten Frank Castle zu gewinnen. Tatsächlich kommt es zum Kontakt, als Castle hilft, den randalierenden Ex-Freund von Joan aus dem Gebäude zu vertreiben. Diese Gelegenheit nutzt Joan, die sich in sieben Jahren in sieben Städten siebenmal in die falschen Kerle verliebt hat, dazu, sich in Frank zu vergucken.
Howard Saint hat in der Zwischenzeit entschieden, dass der Gitarre spielende Auftragsmörder Harry Heck Castle den Gar aus machen soll. Der El Mariachi- Ersatz findet sein Opfer in Joans Cafe, spielt ihm ein kleines Ständchen darüber, dass er besser auf seinen Rücken achten sollte, liefert sich (außerhalb des Cafes natürlich) eine Autoverfolgungsjagd mit Castle - inklusive Sprung über eine Klappbrücke - , baut einen Unfall und wird von Frank erschossen. All das in kaum zehn Minuten. Frank möchte daraufhin am liebsten in seinem Zimmer in Selbstmitleid zerfließen und sich ordentlich mit Alkohol abfüllen, aber mit einem verschlagenen Meisterplan locken ihn die drei Stooges Joan, Bumpo und Dave zu einem Abendessen (sie behaupten arglistig, dass Joans randalierender Ex-Freund wieder da sei). Man versucht, Frank Castle aufzumuntern, ihm eine etwas positivere Einstellung zum Leben zu geben und ihm und Joan die Chance zu bieten, sich nahe zu kommen. Frank allerdings verlässt die Festtafel schon vor dem Nachtisch. Wer kann es ihm verdenken, nachdem er sich gerade von Joan hat einen Motivationsvortrag darüber anhören müssen, dass er sich nicht von seinen schlechten Erinnerungen umbringen lassen soll und dass gute Erinnerungen ihm das Leben retten können.
Frank kehrt also zum Besäufnis in sein Zimmer zurück, wird allerdings erneut gestört. Während sich die drei Mitbewohner in Joans Küche in einer kulinarischen Tanzeinlage zu "La Donna e Mobile" betätigen, klopft ein weiterer von Saints Profikillern an… oder genauer, durch… Castles Tür. Der Russe. Der Zwei- Meter- Etwas-Gigant beginnt damit, Frank nach Strich und Faden zu vermöbeln und darüber zu schmunzeln, dass ihm Castle ein Messer in die Schulter rammt. Während des Kampfes nehmen die beiden Kontrahenten Franks abbruchreife Bude ganz auseinander, Franks Kopf nimmt Kontakt mit einer Werkbank, mehrmals mit der Kühlschranktür und einer Kloschüssel auf, eine Granate explodiert im Badezimmer, Castle wird durch mehre Wände geschleudert, und erst als die Kampfkolosse in Joans Küche ankommen, wendet sich das Blatt. Castle kann dem Russen eine heiße Suppe ins Gesicht schütten und ihn dann eine Treppe hinuntertackeln. Der Russe bricht sich das Genick, Frank ist schwer angeschlagen, aber am Leben.
Während Joan, die ja auch nähen kann, sich um Franks Wunden kümmert, tauchen weitere Killer von Saint auf, um zu sehen, ob der Russe schon fertig ist. Sie finden die Leiche des slawischen Muskelpakets, Mr. Bumpo und Spacker Dave, aber nicht den von Joan versteckten Frank Castle. Obwohl Quentin Glass ihm mit einer Zange seine Piercings aus dem Gesicht reißt, bleibt Dave eisern und verrät nicht, wo Frank Castle ist. Man ist ja eine Familie und so.
Nachdem Frank wieder halbwegs auf dem Damm ist und die zwei im Haus verbliebenen Gangster entsorgt hat, wird ihm klar, dass er die Angelegenheit jetzt beenden muss. Joan bekommt Bedenken, was sein Morden besser macht als das Morden derer, die er tötet, aber das stoppt Castle nicht. Frank benutzt den tragbaren Hydranten erneut, um seinen Masterplan zu beenden (das en detail zu erklären würde zu lange dauern). Er platziert einen Ohrring von Livia Saint im Haus von Quentin Glass und lässt seinen Maulwurf Micky Andeutungen gegenüber Howard machen, die diesen davon überzeugen, dass Quentin und Livia ihn betrügen. Howard fährt zu Quentins Haus und sticht seinen alten Freund nieder, anschließend nimmt er seine Ehefrau, fährt nach "Little Cuba", wo Huren seiner Ansicht nach hingehören, erinnert sich mit Livia daran, wie sie sich auf einer Brücke kennen gelernt haben… und schmeißt Livia anschließend von eben dieser Brücke auf die Bahngleise, wo sie, wie Howard später sagt, "den Zug nimmt."
Two down, two to go. Castle ist klar, dass das Ausschalten von Howard und John Saint Chefsache ist. In bester Rambo-Manier macht Frank Castle den Green Ar… halt, Marvel- Verfilmung… den Hawkeye, und erledigt ein paar Perimeterwachen mit dem Bogen. Zudem bringt er Claymore-Minen an verschiedenen Autos an und dringt dann in Howard Saints Privatclub ein. Eine in einem Champagner- Kühler versteckte Mine lässt den Club explodieren, während Castle die noch verbleibenden Bösen einen nach dem anderen niederschießt. Howard Saint flieht aus dem Club, Castle verfolgt ihn, entdeckt dann aber den durch die Explosion eingeklemmten John Saint. Diesem drückt er eine weitere Mine in die Hand und verlässt ihn mit dem guten Rat, nicht den Arm zu senken, weil die Mine sonst explodiert. Frank stellt schließlich Howard Saint auf dem Parkplatz, während John Saint im Hintergrund in die Luft fliegt, und schießt auch diesen nieder. Er verrät Saint noch seinen cleveren Plan und dass Saint seine Frau und seinen besten Freund grundlos ermordet hat. Danach bindet er den Mafiaboss an die Stoßstange eines Wagens und schaltet den Tempomat ein. Saint wird von dem Auto auf den Parkplatz geschleift, wo Castle die platzierten Minen explodieren lässt. Erst brennen Saints Hosen, dann brennt Saint ganz und dann sehen wir, dass Frank Castle sich die Zeit genommen hat, die Minen so zu platzieren, dass die explodierenden Autos aus der Vogelperspektive gesehen den Punisher-Totenkopf ergeben. Ähm, ja…
Frank kehrt heim und will sein Leben beenden, entscheidet sich dann aber doch anders, als die schönen Erinnerungen an seine Frau die Oberhand gewinnen. Er lässt Dave, Bumpo und Joan einen Haufen Geld zurück und einen Abschiedsbrief, in dem er schreibt, dass sie in der Zeitung auf ihn achten sollen (im Todesanzeigen-Teil, klar). Oder in seinen Worten: "Frank Castle ist tot. Ich bin… der Punisher!"
Erwähnenswert:
Die meisten Charaktere (The Russian, Harry Heck [ohne Gitarre], Joan, Mr. Bumpo und Spacker Dave) stammen aus Garth Ennis "Welcome Back, Frank"-Miniserie. Franks "Regeln" stammen aus dem namensgebenden Tagebuch in "The Punisher: War Journal". Die Folterszene mit dem Eis ist angelehnt an eine ähnliche Folterszene in "Punisher: War Zone".
Während des Drehs gab es kleinere Kollateralschäden: Thomas Jane erwischte Kevin Nash tatsächlich mit dem Messer und Rebecca Romijn-Stamos setzte in der Szene, in der sie Franks Wunden näht, die Nadel so tief an, dass sie Thomas Jane tatsächlich in die Haut stach.
Das Frank Castle keinen Totenkopfanzug trägt, sondern ein Totenkopf-T-Shirt scheint von den Tim Bradstreet-Covern übernommen zu sein.
Kommentar:
Jonathan Hensleigh mag ja mit Filmen wie "Stirb langsam - Jetzt erst recht" oder "The Rock" bewiesen haben, dass er gute Action-Drehbücher schreiben kann, aber bei seinem ersten Job als Regisseur ist davon leider nichts zu merken. "The Punisher" hat zwei Hauptprobleme, den Humor und das Tempo. Der Film hat ein schreckliches Timing. Obwohl er eine Spielzeit von mehr als zwei Stunden hat, bleibt am Ende des Films das Gefühl, dass sowohl Action als auch Charakterentwicklung viel zu kurz kamen. Vor allem zeichnet sich das Problem von Anfang an ab. Die Exposition, bis das große Familienfestmassaker beginnt, dauert 30 Minuten, die fürchterlich schleppend sind. Und die Versuche, uns Franks Familie ans Herz wachsen zu lassen, scheitern an Dialogen, die klingen wie aus der Feder eines Teenagers. Als Beispiel soll mal dieser liebevolle Dialog dienen, den Herr und Frau Castle abgeben, als sie ihren schlafenden Sohn betrachten. Frank: "Let's have another one." Mrs. Frank: "I'm ready." Oooch, wie romantisch…
Leider bleibt das Problem auch weiterhin bestehen. Es gibt noch knapp vier Actionsequenzen, was ziemlich wenig ist für einen Actionfilm der alten Schule, und die Zwischenzeit wird gefüllt mit… tja, ich weiß nicht mit was, aber Charakterentwicklung kann es nicht sein, denn die Charaktere entwickeln sich gar nicht. Für den Mafiaclan gilt dasselbe Problem, das auch für Franks Familie gilt: der Zuschauer wird einfach nicht emotional involviert. Frank Castle entwirft diesen trickreichen Plan, damit Howard Saint sich an seiner Frau und seinem Concilière rächt und so sein Leben ruiniert. Aber dieses Racheschema funktioniert nur, wenn wir irgendwas für die Opfer empfinden. Entweder Mitleid, weil die Bösen doch eine menschliche Seite haben, oder aber Genugtuung, weil die Bösen das, was sie da bekommen, auch wirklich verdient haben. So wie der Film die Figuren allerdings ausspielt, erzeugte der Plan bei mir eher ein: "Jo. Tja. Hmm…" Das Schlimmste was einem Filmbösewicht passieren kann, passiert hier: Howard Saint ist weder irgendwie sympathisch, noch cool, noch absolut verachtens- würdig… er ist in erster Linie farblos, öde und vollkommen egal. Es ist ja nicht so, als wenn John Travolta keine verachtenswerten Charaktere spielen könnte, aber er bekommt nicht die Gelegenheit dazu. Die einzigen Szenen, die ihm ein wenig Tiefe geben, sind die, in denen der Zuschauer merkt, dass Howard Saint eigentlich unter dem Pantoffel seiner Frau steht, sie nicht kontrollieren kann und fürchtet, sie an jemand anderen zu verlieren. Das ist ein netter Charakterpunkt, er reicht aber nicht aus, um aus Howard Saint einen erinnerungswürdigen Bösen, einen Hans Gruber aus "Strib langsam" oder einen Duke aus "Die Klapperschlange (Escape from New York)", zu machen. Dementsprechend belanglos ist auch der ohnehin schon spannungsarme und viel zu kurze Showdown, und dementsprechend irrelevant ist es, dass Saint noch erfährt, dass er Frau und Freund zu Unrecht umgebracht hat.
Diese Probleme kann man auch auf den Rest des Saint-Clans übertragen. Laura Harring darf einmal zeigen, dass sie eine richtig fiese Schlampe ist. Damit ist die Charakterisierung abgeschlossen, und sie darf den Rest des Films bonbonfarbene Kleider in der Gegend herumführen und sich von einer Brücke werfen lassen. Will Pattons Charakter hat gar keine Tiefe, dafür merkt man in der Szene, in der er Spacker Dave foltert, dass er eine viel bedrohlichere Leinwandpräsenz hat als John Travolta. Wieder ein Film, in dem der Handlanger einen passableren Gegenspieler abgibt als der eigentliche Boss. Schade, dass es nicht zu einem Showdown zwischen Quentin Glass und dem Punisher gekommen ist, daraus hätte man wirklich etwas machen können. Wie auch bei Howard Saint ist das Schicksal von Glass und Frau Saint aus diesen Gründen total belanglos.
Warum ich bei einem Actionfilm auf der Charakter- entwicklung rumreite? Weil so ein machiavellistischer Racheplan nur mit Charakteren oder mit Archetypen funktioniert. Der Film versucht seine Bösen zu Charakteren zu machen, macht einen Schritt in diese Richtung und bleibt dann stehen. Das ist einfach zu wenig. Bei den Archetypen allerdings ist der Film nicht schlecht. Der Punisher ist, was er sein sollte, ein eindimensionaler, rachsüchtiger, fieser Bastard. Der noch dazu hervorragend von Thomas Jane repräsentiert wird. Natürlich muss Jane hier nicht großartig schauspielern, aber er hat die Statur, dass man ihm den Frank Castle abnimmt, und er kann auch ganz hervorragend fies und emotionslos in die Kamera gucken, ohne dass er dabei hölzern und leblos wirkt wie Steven Seagal. Harry Heck, der gitarrisierte Profikiller, macht auch einen ziemlich guten Eindruck. Kommt rein, singt ein Ständchen, geht. Leider macht er schon nach zehn Minuten schlapp, ohne jemals eine wirkliche Bedrohung für Castle geworden zu sein. Aus der Figur hätte man mehr machen können. Alles richtig gemacht hat man dafür beim Russen. Profi-Wrestler Kevin Nash nimmt man die über zwei Meter große Killermaschine richtig ab, die nur müde lächeln kann, wenn ihr Castle ein popliges Messer in die Schulter rammt. Dementsprechend ist die Prügelei zwischen Castle und dem Russen die beste Szene im ganzen Film. Die Action stimmt und ist so überzogen, so comichaft im Garth-Ennis-Stil, dass es eine Freude ist zuzusehen, wie Frank Castle was auf die Mütze kriegt. Heidewitzka. Solche Szenen hätte es viel häufiger geben müssen.
Ach ja, ich schrieb ja, dass der Humor das zweite Problem sei. Der Film hätte mehr Humor vertragen können, vor allem schwarzen Humor. Garth Ennis, dessen "Welcome Back, Frank" die Hauptinspiration für diese Story war, übertreibt es manchmal, und bloß, weil ein Comic stellenweise richtig albern ist, heißt das ja nicht, dass das auch im Film so sein muss. Aber der Punisher ist ein Charakter, der teilweise lächerlich wirkt. Etwa, wenn er ohne Erklärung trotz Kugel auf kürzester Distanz nicht stirbt. So was kann man gut kompensieren, wenn man zeigt, dass man sich der Schwächen bewusst ist und das Beste draus macht. Wenn der Russian etwa eine auf ihn geworfene Handgranate im besten Baseball-Stil zurückschmettert und Frank Castle diesen Hellboy-"Oh crap!"-Moment hat, dann ist das eine nette Szene. Die Action und Brutalität wird nicht untergraben, gleichzeitig bekommt die Szene aber eine etwas entspannendere Note, die sie erträglicher macht. Wenn der Film öfter gezeigt hätte, dass er sich selbst nicht bierernst nimmt, dann würde ich auch darüber hinwegsehen, dass die Autos am Ende in Form des Punisher-Skull explodieren, dass der Film zu viele Standardklischees bietet oder die Dialoge auf Barbara-Salesch-Niveau sind. Da das aber nicht so ist, wirkt so etwas dann total albern und lächerlich. Der Humor, der vorhanden ist, ist dafür unangebracht clownesque. Bumpo und Dave fungieren als comedy reliefs, die dem Film wohl etwas von seiner finsteren Note nehmen sollen. Etwa wenn Bumpo mit Nudelholz bewaffnet zur Verteidigung anrückt, oder wenn das joviale "Wir sind Außenseiter, haben aber zumindest uns gegenseitig"-Trio in der Küche eine Tanzeinlage aufs Parkett legt, während der Russian und der Punisher sich gegenseitig alle Knochen im Leib brechen. Das soll sicher eine clevere Parallele sein, Tanz-aus- Lebensfreude gegen Tanz-des-Todes, aber es sieht im Film einfach nur dämlich aus. Nicht, dass man nicht ein paar "It's a good life if you don't falter"-Charaktere einbauen kann, aber doch bitte nicht so aufdringlich und aufgesetzt fröhlich, dass man sich wünscht, der Russian würde sich ihrer statt des Punishers annehmen. Ah, und wo wir schon bei diesen drei Figuren sind: Rebecca Romijn-Stamos, ein Bademoden- und Unterwäsche- Model, als graue Maus Joan? Sicher, Charlize Theron und Cameron Diaz haben in "Monster" und "Being John Malkovich" auch Mut zur Unscheinbar- keit bewiesen, aber dann sollte man da auch ein bisschen weniger Make-Up und Hairstyling verwenden. Totale Fehlbesetzung.
Das schlimmste Fazit, das man dem Film allerdings ausstellen muss, ist, dass er langweilig ist. Oder mit Homer Simpson: "Booo-ring!" Klar, es ist ein Actionfilm, wir alle wissen, dass Frank Castle überleben wird, aber selbst da sollte es Szenen geben, in denen man sich fragt: Wie kommt er da jetzt wieder raus? Okay, der Kampf mit dem Russen ist so eine Szene. Aber es ist leider die einzige Szene dieser Art. Der Gitarrenkiller hätte das Potential gehabt, wird aber nicht ausgespielt, und ansonsten ist da nie auch nur der Hauch einer Bedrohung für Frank Castle. Das ist besonders beim blutleeren Finale zu merken. Da ist null-nada-zip Spannung drin. Ein eiskaltes, emotionsfreies Massaker, bei dem es nicht eine Figur gibt, die das Gefühl vermittelt, dem Punisher bedrohlich werden zu können. Der letzte Shootout mit Howard Saint wird nicht zelebriert, nicht zu einem Akt erhoben, der triumphal oder zumindest final wirkt, sondern er wird ganz beiläufig in zwei bis drei Sekunden durchgeführt. Nicht blinzeln, sonst verpasst ihr ihn.
Mit einem Budget von gerade mal $ 20.000.000 und als Actionfilm der alten Schule angekündigt, wirkt der Punisher leider nicht wie ein Kinofilm, sondern eher wie eine direct-to-video- Produktion. Angeblich musste Hensleigh wegen des knappen Budgets mehrere Nebenplots kürzen, was erklären könnte, warum die versuchte Charakterentwicklung so oberflächlich wirkt. Die Stunts, die Verfolgungsjagd, die durch Scheiben fliegenden Schurken, die brennenden Bösen, der Verzicht auf CGI-Effekte, all das wirkt durchaus kompetent gemacht, der Kampf mit dem Russen kann begeistern und es sind auch zwei bis drei "Whoa."-Momente zu finden, aber insgesamt ist der Film doch eher unterwältigende Standardware. Ein Fließbandactionfilm, dem jede Persönlichkeit und jedes Herz fehlt und der viel zu stark auf ausgelutschte Klischees à la "Was macht dich besser als die Bösen?" oder "Positive Erinnerungen können dein Leben retten," und One-Liner, die man kennt, noch bevor sie ausgesprochen wurden.("Frank Castle is dead. Call me… the PUNISHER" oder "You killed my Son." [Sohn Nr. 2 explodiert im Hintergrund] "Both of them.") setzt. Um Gottes Willen, solche Sprüche will ich in meinen Comics nicht mehr lesen müssen, wenn man sie dann im Film hört, wirken sie noch viel kindischer. Wenn der Film sich dessen wenigstens bewusst wäre und seine Logiklöcher - etwa Franks wundersames Überleben oder der Aspekt, dass er in den Medien auftritt, jeder weiß, wer er ist und die drei Ausgestoßenen ihn trotzdem als Freund haben wollen - mit einer Spur Selbstironie garnieren würde, dann wäre das alles kein Problem. Es wirkt aber leider eher so, als wenn ein paar Teenager ein Skript geschrieben hätten und dabei so debattiert wurde: "Wäre es nicht cool, wenn die Autos in Form des Punisher-Totenkopfs explodieren würden?" - "Whoa, das wäre so cooool!" - "Ja, coool!" - "Und Otto Krieg. Das ist doch ein cooler, deutscher Name. Wie in Blitzkrieg." - "Ja, coool!"
Selbst wenn man freundlich ist und akzeptiert, dass der Film einen Actionfilm im Stile der späten '70er bis späten '80er-Jahre darstellt und die von "The Matrix" gesetzten Actionstandards ignoriert, hat der Film einen verdammt schweren Stand. Ihm fehlt das augenzwinkernde Element, das späte Rachefilme wie "Dirty Harry III - V" bieten, ihm fehlt der sympathische Hauptcharakter oder der Spaß am Gemetzel, was immerhin "Die Hard I & II" ausmachte, ihm fehlt die Spannung, die John Carpenters "Assault on Precint 13" bot oder die ungebremste Action eines "Predator". "The Punisher" schneidet also selbst im Vergleich mit 15 bis 20 Jahre alten US-Actionfilmen ganz schwach ab. Wenn man dann noch überlegt, dass zu diesem Zeitpunkt John Woo in Hong Kong mit Filmen wie "A Better Tomorrow" oder "The Killer" neue Maßstäbe für das CGI-freie Actionkino setzte, dann sieht es für "The Punisher" zappenduster aus. Zuletzt bleibt ein Film, der schlichtweg überflüssig ist, der eine Dekade zu spät kommt, keine Hommage ist, aber dem Genre nichts Neues zu bieten hat. Ein Actionfilm. dem es trotz langer Laufzeit an Action, Spannung oder bemerkenswerten Charakteren mangelt und der sich eher dem Lager der "Delta Force"-Filme im Pro 7-Nachtprogramm zuzurechnen ist als den Klassikern des Actionkinos. Dass der Soundtrack mit Nu Metal-Bands wie Nickelback, Drowning Pool oder Seether (mit Evanescense- Frontfrau Amy Lee) dieselbe Belanglosigkeit und Langeweile für den Bereich der Rock- und Metalmusik offenbart, ist da nur passend und der finale Sargnagel für diesen Film. bw
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