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 Mystery Men
USA 1999, Regie: Kinka Usher, Drehbuch: Neil Cuthbert, Hauptdarsteller:
Ben Stiller (Mr. Furious), William H. Macy (Shoveller), Hank Azaria (Blue Raja), Greg Kinnear (Captain Amazing), Kel Mitchell (Invisible Boy), Paul Reubens (Spleen), Janeane Garofalo (Bowler), Claire Forlani (Monica, die Kellnerin), Wes Studi (Sphinx), Geoffrey Rush (Casanova Frankenstein)
Die Mystery Men, ein zweitklassiges Superhelden- team um Mr. Furious, bekämpfen den Bösewicht Casanova Frankenstein in dieser Superheldenparodie.
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Inhalt:
Champion City ist eine Stadt, wie man sie aus seinen Comics kennt. Eine Mischung aus Metropolis und dem Film-Gotham. Und wie diese Städte leidet auch Champion City unter einer Flut des Verbrechens. Kurzum: Champion City ist das natürliche Habitat für einen ganz großen Superhelden: Captain Amazing, klassischer 08/15-Supermanverschnitt, der mehr Werbung auf seinem Trikot trägt als ein Rudel Formel 1-Rennfahrer.
Captain Amazings Erfolg ist jedoch gleich in doppelter Hinsicht ein Fluch. Einerseits können neben so einer Lichtgestalt selbst bemühte Feierabend- Superhelden wie Mr. Furious , dessen Superkräfte sich zeigen, wenn er wütend wird, der Blue Raja, der immer ein ganzes Arsenal Wurfbesteck mit sich führt, und der Shoveler, dem Gott das Talent zu schaufeln gab, nur ganz schlecht aussehen. Andererseits hat Captain Amazing beim Verbrechenbekämpfen eine goldene Regel vergessen: werde nie so erfolgreich, dass du dich selber arbeitslos machst. Genau das ist aber nun passiert. In Champion City herrschen plötzlich Recht und Ordnung, und Captain Amazing hat, anders als Superman oder Batman, auch noch das Problem, dass die von ihm eingebuchteten Schurken im Kittchen bleiben und nicht alle paar Monate wieder ausbrechen.
In dieser Situation muss nun Captain Amazing selber aktiv werden, um zu verhindern, dass er irrelevant wird und seine Sponsoren abspringen. In seiner zivilen Identität als Multi-Milliardär Lance Hunt sorgt er dafür, dass sein alter Erzfeind Casanova Frankenstein aus der Nervenheilanstalt entlassen wird und somit der ewige Kampf Gut gegen Böse in eine neue Runde gehen kann. Nur hat Casanova leider nicht vor, freigelassen zu werden, nur damit Captain Amazing ihn möglichst medienwirksam wieder festnimmt. Stattdessen bringt er seine alte Gang, die Disco Boys, wieder zusammen und wendet das Blatt, indem er Captain Amazing überwältigt und in seiner Festung einsperrt.
Mr. Furious, der Blue Raja und der Shoveler sehen nun ihre Chance gekommen, sich endlich als ernstzunehmende Superhelden zu präsentieren. Sie entschließen sich dazu, es mit Casanova aufzunehmen und Captain Amazing zu befreien... mit dem ernüchternden Resultat, dass ihnen die Disco Boys ganz gehörig in den Arsch treten. Das Team braucht Verstärkung. Die findet es einerseits in Form des Invisible Boy, dessen Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, nur dadurch beschränkt ist, dass sie nur wirkt wenn ihm niemand zusieht, und andererseits in Spleen, Meister fieser Darmwinde.
Während die Helden in ihren Privatleben mit ihren ganz eigenen Problemen zu tun haben (Mr. Furious versucht ein Date mit der Kellnerin Monica zu bekommen, die Ehe des Shoveler droht, aufgrund seiner Superheldenexistenz zu scheitern, und der Blue Raja muss seine Geheimexistenz vor seiner Mutter verbergen) versuchen sie auch weiterhin, neue Mitglieder für ihr Team zu gewinnen. Da man keinen so schnieken Wachturm auf dem Mond hat wie die JLA, findet das offizielle Casting bei Barbecue und Bier im Garten des Shovelers statt. Hierbei tauchen zwar durchaus illustre Gestalten, etwa der Waffler mit seinem Waffeleisen der Wahrheit, auf, allerdings lässt sich niemand finden, dem man wirkliches Potential unterstellen würde. Als die fünf Helden die Hoffnung schon aufgeben wollen, stellt sich ihnen The Bowler vor. Die ist die Tochter des bei einem "Unfall" verstorbenen Superhelden Carmine The Bowler und will Rache nehmen für den Tod ihres Vaters, der jetzt als Geist in ihrer Bowlingkugel haust. Bowler wird ins Team aufgenommen.
Das neu formierte Team bekommt schon nach kurzer Zeit in einem Tunnel die Chance, es den Disco Boys für die vorherige Niederlage heimzuzahlen und Casanova so zu zeigen, dass mit ihnen zu rechnen ist. Die Freude über den Sieg währt jedoch nur kurze Zeit, denn nach der Siegesfeier gerät das Team in einer Allee in einen Hinterhalt der Disco Boys, aus dem es nur durch die Hilfe des Superhelden Sphinx, der sich dadurch auszeichnet, unglaublich mysteriös zu sein, entkommen kann.
Sphinx erkennt, dass das Team trainiert werden muss, ehe es wirklich gegen Casanova antreten kann und bietet den sechs Mitgliedern eine Art "Grundkurs Superheldentum" an, dem Mr. Furious jedoch schon nach kurzer Zeit entnervt den Rücken kehrt. Während der Rest des Teams sich bei einem verrückten Erfinder all diese nützlichen Waffen und Gadgets organisiert, die ein guter Superheld einfach braucht, wird Mr. Furious von Monica überzeugt, seinen Stolz zu überwinden und dem Team doch bei der Befreiung Captain Amazings zur Seite zu stehen.
Während Casanova im oberen Teil seiner Festung ein Treffen mit den wichtigsten kriminellen Organisationen Champion Citys (den Suzies, den Suits, den Frat Boys und anderen Gruppierungen, die auftreten wie die Handlanger aus der Batman-Serie der 60er Jahre) abhält, brechen die Superhelden in seinen Keller ein und versuchen, Captain Amazing aus dem Psychofrakulator zu befreien, an den er gefesselt ist. Dank einer gewissen Verwirrung darüber, wie oft man nun welchen Knopf drücken muss, um die Maschine abzuschalten , gelingt es dem Team nicht, den Captain zu retten, sondern ihn in ein ziemlich totes, menschliches Brikett zu verwandeln.
Trotz dieses Rückschlags entscheidet das Team, dass es nicht wegrennen kann, sondern Champion City davor bewahren muss, das Schicksal Captain Amazings zu erleiden. Nachdem die Mitglieder ihre privaten Probleme mehr oder weniger erfolgreich gelöst haben, kehren sie, frisch bewaffnet, mit einem neuen Fahrzeug und heroisch aussehenden Kostümen zu Casanovas Festung zurück. Nur Mr. Furious beginnt an seinen Superkräften zu zweifeln. Im folgenden Kampf gegen die verschiedenen Handlanger Casanovas bekommt jeder der Helden die Chance, seine Superkräfte einzusetzen. Selbst Mr. Furious gewinnt das Vertrauen in sich zurück, als Casanova enthüllt, dass er Monica als Geisel genommen hat. Mr. Furious gelingt es, Casanova in den Schacht des Psychofrakulators zu werfen, den anschließend die von Bowlers Vater besessene Bowlingkugel zerstört.
Nachdem sie Champion City auf diese Weise gerettet haben, treten die Superhelden vor die Kameras der Presseleute, die vor Casanovas Festung warten. Und während die Teammitglieder den Schauplatz verlassen und sie noch darüber diskutieren, ob sie nun Super Dudes oder Super Squad genannt werden wollen, dankt eine Journalistin diesen mysteriösen Helden, diesen Mystery Men.
Erwähnenswert:
Ben Stiller und Janeane Garofolo sind eingespieltes Team. Vor "Mystery Men" haben sie schon in "Reality Bites", "The Cable Guy", "Permanent Midnight" und "The Independent" zusammengearbeitet.
Paul Reubens spielte in "Batmans Rückkehr" Mr. Oswald Cobblepot, den Vater des Pinguins und war außerdem einer der Schauspieler, die als Riddler in "Batman Forever" angedacht waren, ehe Jim Carrey die Rolle erhielt.
Die Mystery Men sind eigentlich Nebencharaktere in Bob Burdens surrealem Superheldencomic "The Flaming Carrot" (siehe bei den Links). Flaming Carrot kommt allerdings im Film nicht vor, da er zu schwer umzusetzen gewesen wäre.
Kommentar:
Mein lieber Herr Gesangsverein, ist das eine Besetzung? Ben Stiller ("Verrückt nach Mary"), Wes Studi ("Der letzte Mohikaner"), Greg Kinnear ("Besser geht's nicht"), Janeane Gerafolo ("CopLand") und William H. Macy ("Fargo"). Mit so einem Cast kann doch eigentlich gar nichts schief gehen, und tatsächlich sind die Schauspieler alleine es wert, den Film zu sehen. Stiller und Garofolo haben zusammen eine beeindruckende Leinwandpräsenz und sind auch in den Einzelszenen extrem angenehm zu beobachten. Wes Studi ist grandios, wenn es darum geht, sinnfreie Aphorismen aufzusagen (Etwa: "Don't doubt your powers or you'll give power to your doubts."), als sei er die Reinkarnation Mr. Myagis aus Karate Kid, und Paul Reubens merkt man an, wieviel Spaß er mit seiner doch eher infantilen Rolle hat. Es ist allerdings William H. Macy, der allen anderen die Schau stiehlt...
Seine Rolle als Shoveler hat nicht mehr oder weniger Potential als die anderen Superhelden in diesem Film, aber Macy drückt dem Shoveler seine ganz eigene Note auf. Er schafft es, dem Charakter Tiefe zu geben, die wenige Charaktere in 'echten' Superheldenfilmen haben, von Komödien ganz zu schweigen. Sein Shoveler ist ein ehrlicher, hartarbeitender Mann, der sich bewusst ist, dass er sein Talent zu schaufeln für das Gute einsetzen muss, selbst wenn er dadurch seine Frau und seine Kinder verliert. In den kurzen Sätzen, die er in den Dialogen mit seiner Frau von sich gibt, wirkt Macy, als ob das gesamte Gewicht der Welt auf seinen Schultern lastet, während er in anderen Szenen mit leuchtenden Kinderaugen von seinem Helden Captain Amazing redet. In einer Szene erwähnt Mr. Furious, dass Lance Hunt ganz offensichtlich Captain Amazing ist und seine ganze Verkleidung daraus besteht, sich eine Brille aufzusetzen. Als Comicfan hat man diese Anspielung auf Clark Kent/Superman schon hundertfach gehört, aber wenn Macy voller Ernst antwortet, dass Lance Hunt nicht Captain Amazing sei, weil er ja ohne seine Brille nichts sehe, dann bekommt dieser Kalauer eine ganz neue Wirkung.
Was für eine Komödie wichtig ist: der Film ist lustig. Dabei deckt er ein durchaus breites Spektrum ab, mal parodiert er (etwa wenn wir die PR-Maschine sehen, die hinter Captain Amazing steht), mal bietet er erstklassigen Wortwitz (besonders in Szenen mit Bowler) und dann wieder taucht er ein in pubertären Slapstick ab (natürlich in Szenen mit dem Spleen), in dem er sich aber dankenswerter Weise nie verfängt. Dazu kommen beim Setting liebevolle Verweise auf Burtons Batmanfilme und bei der Auswahl der Gegner auf die alte Batman-TV-Serie, wobei das Element "Disco" glänzend ausgespielt wird ("Disco is not dead! Disco is life!"). Und, wie es sich für eine Parodie gehört, bietet er all das im Überfluss, was den klassischen Superheldenfilm ausmacht: überdrehte Kampfszenen, total unfähige Superhelden beim Casting, technisches Spielzeug, locker eingestreute One-Liner und den unvermeidbaren Team-geht-heldenhaft-nebeneinander-her-auf- die-Kamera- zu- Shot.
Es ist schwierig, sechs Helden in zwei Stunden Kinofilm zu charakterisieren, aber der Film gibt sich wirklich Mühe. Hier ist es dem Drehbuch hoch anzurechnen, dass man sich nicht einfach nur über die Absonderlichkeiten des Superheldengenre lustig macht, sondern versucht, uns Charaktere mit Problemen und Eigenheiten (wenn auch sehr abstrusen) zu bieten. So bekommt der Zuschauer die Chance, wirklich Sympathie für die Charaktere zu entwickeln. Für Mr. Furious' Probleme, eine Beziehung aufzubauen, für die Ehekrise des Shovelers und für die Probleme des Blue Raja, seine künstlichen britischen Akzent aufrecht zu erhalten. Dass manche dieser Plotlines etwas knapp kommen und man einigen Charakteren - wie dem Invisible Boy - mehr Beachtung hätte schenken können ist verständlich, immerhin ist das ein Kinofilm und keine Serie. Was hervorragend funktioniert ist das Zusammenspiel von Stiller, Macy und Azaria als Feierabendsuperhelden, die tagsüber ihren ganz normalen Mittelklassejobs auf dem Schrottplatz oder bei den Stadtwerken nachgehen und die abends seit Jahren mit mäßigem Erfolg als Superhelden unterwegs sind (und sich dementsprechend den ganzen Film hindurch mit Vornamen anreden). Die sympathischen Loser muss man einfach mögen, in dieser Hinsicht hat der Film das Herz auf dem rechten Fleck.
Bis hierhin klingt das ja alles hervorragend und zumindest in der ersten Stunde des Filmes stimmt das auch. Der Film ist klasse und wahnsinnig komisch. Wenn der Invisible Boy seinem desinteressierten Vater sagt, dass er jetzt mit drei seltsamen Männern auf sein Zimmer geht oder sich P.M.S. Woman beim Casting vorstellt, die nur vier Tage im Monat arbeitet (P.M.S.= "premenstrual syndrome"), dann kann sich selbst der hartgesottenste Grantler ein Grinsen nicht verkneifen. Leider verliert Regisseur Kinka Usher, der bis zu diesem Film nur Werbespots gedreht hat, in der zweiten Hälfte seines Filmes etwas den Faden. Nach ungefähr 75 Minuten kommt der Film zum Showdown, der dann nochmal fast eine dreiviertel Stunde anhält, was einfach zu lang ist. Insbesondere weil der Film in dieser letzten dreiviertel Stunde manchmal minutenlang ohne einen gelungenen Scherz auskommt und sich auf Superkräfte und Special-Effects konzentriert. Zum Teil verliert er dabei aus den Augen, dass er eigentlich eine Parodie sein will und dann zu dem wird, was er parodieren möchte. Damit soll nicht gesagt sein, dass das letzte Drittel des Films schlecht wäre, es gibt immer noch jede Menge coole Sprüche und amüsante Szenen, nur leider verfängt sich der Film ein wenig und weiß nicht so recht, ob er jetzt Komödie, Parodie, Superheldenfilm oder Beziehungsdrama ist. Resultat ist, dass der Film stellenweise anfängt, sich zu ziehen und die missglückten Witze (von denen es auch einige gibt) unangenehmer auffallen, weil sie nicht mehr durch eine größere Zahl gelungener Witze kompensiert werden.
Der Film ist gut, und das ist schade, denn er hätte großartig werden können. Die Schauspieler sind hochmotiviert und durchweg exzellent, die Charaktere sind abstrus, aber liebenswert, der Humor ist abwechslungsreich und trifft das Ziel öfter, als er es verfehlt. Hätte man all das ins letzte Drittel des Films gerettet oder den Showdown etwas gestrafft, dann wäre "Mystery Men" ein Klassiker. So bleibt ein wirklich guter Film, bei dem man sich später an viele gute Einzelszenen erinnern kann, der aber leider wegen der unübersehbaren Mängel zuletzt einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt. Gerade dadurch, dass man ihm wirklich das Beste gönnen würde, tun die Schwächen mehr weh als bei einem Film, der von Anfang bis Ende verhunzt ist.
Trotzdem sollte jeder, der Superhelden mag, den Film gesehen haben, denn Spaß macht er ohne Frage. Was leider keinen Spaß macht ist die verbockte deutsche Synchronisation. Über Lippensynchronität und Qualität der Sprecher brauchen wir nicht zu diskutieren, die sind gewohnt erstklassig, und dass der Witz um den britischen Akzent des Rajas verloren geht ist unvermeidlich. Wenn man aber Invisible Boy mit Unsichtbarer Bengel oder Pencilhead mit Radiergummi-Kalle übersetzt, dann zeugt das davon, dass man nicht verstanden hat, was der Unterschied zwischen einer Parodie und einem Zucker-Abrahams-Zucker- Slapstickfest ist. Solche gezwungen albernen Übersetzungen machen eine Menge des Charmes von "Ritter der Kokosnuss" oder manchem Bud Spencer und Terence Hill-Films aus, bei "Mystery Men" wirken sie aber einfach nur fürchterlich deplaziert und nervig. Also, wenn möglich zur DVD greifen und sich lieber die untertitelte englische Version angucken. bw
Bewertung:    
Links:
The Flaming Carrot (englische Seite zu Flaming Carrot)
Mystery Men.net (offizielle englische Seite zum Mystery Men-Comic)
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