Judge Dredd

USA 1995, Regie: Danny Cannon, Drehbuch: William Wisher Jr. und Steven E. de Souza, Hauptdarsteller: Sylvester Stallone (Judge Dredd), Diane Lane (Judge Hershey), Armand Assante (Rico), Rob Schneider (Fergie), Jürgen Prochnow (Judge Griffin), Max von Sydow (Chief Justice Fargo)

Sly kämpft als Judge Dredd, Verkörperung des Gesetzes, in der düsteren Zukunftsmetropole Mega City I gegen eine Verschwörung, durch die er wegen Mordes verurteilt wurde.

"Judge Dredd" auf Video
"Judge Dredd" auf DVD

Inhalt:
Die Zukunft ist kein schöner Ort. Ein zünftiger Atomkrieg hat den Großteil der Erde in ein lebensfeindliches Ödland, die verdammte Erde, verwandelt. Die Überlebenden suchten in riesigen Molochen, den Mega Cities, Zuflucht. Mega City I, in der dieser Film spielt, liegt an der US-Ostküste und wird von 65 Millionen Menschen bewohnt. In den Mega Cities begannen sich Chaos und Verbrechen auszubreiten, ganze Stadtteile bekämpften sich in brutalen Blockkriegen. Um Recht und Ordnung durchzusetzen war ein neues Ordnungssystem gefragt, das sich schließlich in den Judges manifestierte. Die Judges sind Polizist, Richter, Geschworene und Henker in einer Person und dazu berechtigt, ohne Prozess an Ort und Stelle des Vergehens ein Urteil zu fällen und zu vollstrecken.
Der Beste dieser Richter ist Judge Dredd, der erbarmungslos das Gesetz vertritt, komme was wolle.
Zu Beginn des Films lernen wir Fergie kennen, der nach einer sechsmonatigen Haft wegen verschiedener Hackerdelikte nach Mega City zurückkehrt, wo ihm eine Wohnung in den Heavenly Heights zugewiesen wird. Leider hält das Viertel nicht, was sein Name verspricht, und so findet Fergie heraus, dass Heavenly Heights sich in einem Blockkrieg befindet und seine Wohnung ein Zentrum des Geschehens ist.
Judge Hershey und ein Kadett, der frisch von der Akademie kommt, werden geschickt, um die Situation zu beruhigen, sehen allerdings keine Chance, die Kampfhandlungen ohne Verstärkung zu unterbinden. Die Verstärkung kommt in Form von Judge Dredd. Nachdem seiner Aufforderung, die Waffen niederzulegen, natürlich nicht nachgekommen wird, murmelt er ein "I am the Law" und beruhigt die Situation relativ permanent, indem er die Aufständischen liquidiert. Er entdeckt auch Fergie, der sich während des Schusswechsels versteckt hatte. Zwar hat Fergie nicht an den Kämpfen teilgenommen, die bloße Anwesenheit am Ort des Verbrechens reicht jedoch für eine Verurteilung. Fergies und Hersheys Bitte, Gnade walten zu lassen, ignoriert Dredd. Das Gesetz minutiös befolgend verurteilt er Fergie dazu, eine erneute Strafe in Aspen anzutreten.
Wie das Filmleben allerdings so spielt, ist es kurze Zeit später Dredd, der sich in den Mühlen des Gesetzes verfängt. Ihm wird der Mord an einem Journalisten zur Last gelegt, der seltsame Vorgänge im Zusammenhang mit Council Judge Griffin untersucht hatte. Judge Hershey, die an Dredds Unschuld glaubt, demonstriert bei seinem Prozess, dass die Videoaufnahmen, die Dredd belasten, nicht glaubwürdig sind. Die Anklage kann aber damit aufwarten, dass der Journalist mit Dredds Waffe erschossen wurde. Dies ist ein wasserdichter Beweis gegen Dredd, da die Waffe die DNA des Benutzers prüft und daher nur von Dredd abgefeuert werden konnte.
Chief Justice Fargo, der eine Art Ersatzvater für den als Waisen aufgewachsenen Dredd darstellte, bittet darum, dass ihm ein letzter Wunsch gewährt wird, ehe er sich in den Ruhestand zurückzieht (und damit den langen Marsch durch die verdammte Erde antritt, den jeder abtretende Richter vollziehen muss). Dredds Strafe wird von Exekution zu lebenslanger Haft in Aspen umgewandelt.
So findet sich Dredd in einem Straftransport nach Aspen wieder, neben dem von ihm verurteilten Fergie, dem die Ironie der Situation nicht entgeht.
Der Transport wird jedoch von der Angel-Familie kurz hinter der Stadtgrenze abgeschossen, und es gelingt Dr. Kimble… öh… Judge Dredd, zusammen mit Fergie zu entkommen. Dabei werden sie von der Angel-Familie gefangengenommen, die ein paar der beliebtesten Schurken aus den Comics und nebenbei eine inzestverseuchte, paganistisch-christlich-hinterwäldlerische Kannibalenfamilie sind. Liebenswert, in der Tat. Mit der Hilfe von Chief Justice Fargo, der bei seinem langen Marsch den Absturz beobachtet hat, kann man die Angels besiegen. Fargo enthüllt Dredd, dass dieser das Ergebnis des lange beendeten "Janus-Projektes" ist, dessen Ziel es war, den perfekten Judge zu schaffen. Aus diesem Projekt ist auch Rico entstanden, ehemaliger Judge und bester Freund von Dredd, ehe er zum Kriminellen wurde und Dredd ihn verurteilte. Dessen DNA ist mit der von Dredd absolut identisch. Dredd entschließt sich, zusammen mit Fergie in die Stadt zurückzukehren und zu beweisen, dass Rico der wahre Mörder des Journalisten ist.
In der Stadt ist derweil Griffin zum Chief Justice aufgestiegen. Wir erfahren, dass er Rico aus der Haft entlassen hat. Im Gegenzug belastete Rico Dredd, um ihn aus dem Weg zu räumen, und löscht nun für Griffin einen Großteil der Judges der Stadt aus. Griffins Ziel ist es, das Janus-Projekt zu reaktivieren und eine Armee an Überjudges zu schaffen, die die Stadt kontrollieren. Da der Verlust so vieler Judges die Ordnung in der Stadt bedroht, stimmt der oberste Rat Griffins Plan zu. Rico allerdings hat seine eigenen Ziele. Er tötet Griffin und befiehlt, die Klone mit seiner eigenen DNA auszustatten, so dass er mit Hilfe der Klonarmee die Stadt übernehmen kann.
Dredd und Judge Hershey, die den Plänen Griffins auf die Spur gekommen ist, treffen in etwa zeitgleich in Ricos Klonlabor ein. Während Hershey die Assistentin Ricos ausschaltet, bietet dieser Dredd an, sich die Macht mit ihm zu teilen, immerhin bleibt's ja in der Familie. Dredd, für den immer noch das Gesetz über allem anderen steht, lehnt ab und tötet Rico. Er und Hershey entdecken ihre Zuneigung zueinander, küssen sich, und Dredd wird begnadigt und wieder ins Korps der Judges aufgenommen. Er wird sogar gebeten, Chief Justice zu werden, lehnt jedoch ab. Sein Platz ist auf der Straße. Jaja, wie war das noch? Irgendwo geschieht gerade ein Verbrechen...

Erwähnenswert:
Die IMDb (Internet Movie Database) vermeldet, dass sich Regisseur Danny Cannon und Sylvester Stallone in einem andauernden Konflikt befunden hätten, in welche Richtung sich der Film entwickeln solle, weshalb das endgültige Resultat nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Skript zu tun hätte.
Der Roboter, den Rico in der Pfandleihe ersteht, ist ein ausrangierter ABC-Warrior namens Hammerstein. Die ABC-Warriors sind, wie Judge Dredd, eine weitere Serie aus dem britischen Hause 2000 A.D. Hammersteins Filmdesigner Chris Halls ist dafür bekannt, dass er unter dem Namen Chris Cunningham Regie in verschiedenen Musikvideos führte. Darunter auch das extrem coole (und verflucht verstörende) Video zu Windowlicker von Aphex Twin.
Dredds Filmuniform wurde von Gianni Versace entworfen, dem italienischen Modedesigner, der 1997 einem Attentat zum Opfer fiel.
Es geht das Gerücht um, dass Carlos Ezquerra, der Judge Dredd designte, seinen Charakter nach Sylvester Stallone in Death Race 2000 (deutscher Titel Frankensteins Todesrennen... aua... vgl. auch King Kong - Frankensteins Sohn) gestaltet habe. Dieses Gerücht hat Ezquerra inzwischen bestritten, er habe nur gescherzt, als er diese Andeutung gemacht habe.
Im Original wurde der einleitende Text von James Earl Jones, der Stimme Darth Vaders, vorgelesen.
Ein Gerücht besagt, dass Stallone sich seine markante Unterlippe, die besonders auf dem Filmplakat zur Geltung kommt, mit Collagen aufspritzen ließ.

Kommentar:
Es ist leicht, den Film zu sehen und ganz okay zu finden. Er erfüllt die Voraussetzungen für einen sinnfreien Standard-Actionfilm, den man, mit ein paar Bier und ein paar Freunden, nutzen kann um einen Samstagabend totschlagen. Alle erwarteten Klischees sind da... Einzeiler, ein Sidekick, eine aufgepfropfte Lovestory. Von diesen Filmen gibt es unzählige, die besser sind, aber noch viel mehr, die schlechter sind als Judge Dredd.
Allerdings fällt dieses Urteil in dem Moment auseinander, in dem man sich klar macht, dass man es hier mit einer Comicverfilmung zu tun hat, und zwar mit einer schlechten. Das Design des Films ist durchaus okay, die Uniformen und Lawmaster-Hoverbikes ähneln der Vorlage aus dem Comic. Mega City I und die verdammte Erde sehen auch glaubwürdig aus, obwohl man den Einfluss bemerkt, den das von Sid Mead entworfene Los Angeles aus Blade Runner und das Ödland aus Mad Max II - Road Warrior hatten. Das ist aber nicht verwerflich, fast jeder dystopische Dark-Fiction-Film und fast jede apokalyptische Geschichte orientiert sich designmäßig an diesen zwei Filmen.
Das Problem beginnt, wenn man den Film-Dredd mit der Comicvorlage vergleicht. Der 1977 geschaffene Dredd ist gedanklich das Kind einer Zeit, in der in der realen Welt reaktionäre Politik (Thatcherismus, ab 1979) und im Kino Selbstjustiz und wortkarger Machismo (Dirty Harry, Death Wish - Ein Mann sieht rot) vorherrschten. Dredd verkörpert diese Zeit, er vollstreckt das Gesetz maschinenhaft, ohne es moralisch zu hinterfragen. Hinter der trashigen Action trieft der Comic vor Ironie und zynischem Witz. Wo sonst liefert sich der Burger King mit seinen Untertanen einen brutalen Krieg mit Ronald McDonald und dessen Lakaien. Wo sonst darf das niedliche Michelin-Männchen versuchen, den Hauptdarsteller zu töten?
Dieser zynische Humor scheint auch wunderbar in den Film transportiert worden zu sein. Dredds erstes Auftreten passt perfekt zu dem Bild, das der Comic erschafft. Dredd beendet im Alleingang einen Blockkrieg und verurteilt Fergie für seine bloße Anwesenheit am Ort des Geschehens. Als Alternative, so der Judge, hätte Fergie ja aus dem Fenster springen können… vierzig Stockwerke tief.
Leider geht es von dort an abwärts, was einerseits daran liegt, dass der Film den bösartigeren Humor aufgibt und sich mit faden Wortspielen von Fergie begnügt, und andererseits daran, dass das hier ein Hollywood-Film ist. Es ist einfach unmöglich, Sylvester Stallone in eine Comicverfilmung zu stecken, und ihn dann als Antihelden zu präsentieren oder moralisch zu hinterfragen. Dredd wird Opfer des Systems, beginnt Schwächen zu erkennen, entwickelt eine Freundschaft mit dem von ihm verurteilten Fergie. Zuletzt erkennt er zudem, dass er Judge Hershy liebt und erfährt durch den Kuss erstmals wahre Gefühle. Ooooh, wie der Blechmann im Zauberer von Oz. Wenn Dredd zuletzt seinen Dienst als Judge wieder antritt, dann hat der Film das neo-faschistische Justizsystem der Stadt nicht angekratzt, sondern sogar geadelt. Definitiv nicht, was Pat Mills und John Wagner im Sinn hatten, als sie Dredd erschufen.
Paul Verhoeven hat mit Robocop gut ein Jahrzehnt zuvor demonstriert, dass es durchaus möglich ist, Action und ätzende Gesellschaftskritik in einem Film unterzubringen. Und Dredd und Alex Murphy sind sich gar nicht so unähnlich.
Der größte Kritikpunkt des Fandoms war es, dass Dredd den Großteil des Filmes ohne Helm herumläuft, obwohl Dredds Gesicht im Comic nie wirklich gezeigt wird. Damit wurde im Comic Dredds Gesichtslosigkeit symbolisiert, er personifiziert das Gesetz, ist aber selber keine Persönlichkeit. Es ist zwar verständlich, dass man nicht Sylvester Stallone engagiert, um ihn dann den ganzen Film hindurch hinter einem undurchsichtigen Helm zu verstecken; ein Zeichen, dass die Macher den Charakter Dredds nicht verstanden haben, ist es trotzdem.
Aber auch als Film selber strauchelt Judge Dredd. Das beginnt schon damit, dass man so ziemlich jedes Klischee, dass das Actionkino in den letzten 30 Jahren gebastelt hat, in den Film integrieren musste. Beispielsweise, dass Dredd eines Verbrechens angeklagt wird, das er nicht begangen hat, und fliehen kann ("Also, wenn Sie mal ein Problem haben und nicht mehr weiter wissen, warum suchen Sie nicht das A-Team?" - Oder so ähnlich…). Dredd ist auch in den Comics ein Klon, und Rico ist dort auch sein Bruder, aber die Art und Weise, wie diese Enthüllung in den Film eingebaut wurde, enttäuscht. Das Ganze soll schockieren, entlockt dem filmerfahrenen Zuschauer aber höchstens ein müdes Lächeln. Da war immerhin schon mal so eine Sache mit Luke und seinem Vater, die zum einen dramatischer und überraschender war und zum anderen als Messlatte für solche Enthüllungen dient.
Dass man eine Lovestory eingefügt hat, die nie wirklich zündet und nur der Form halber da ist, stört kaum, zumindest im Vergleich zum nervigsten Klischee des Films: Fergie, der lustige Sidekick. Jeder hasst lustige Sidekicks, aber Fergie zieht hier die Trumpfkarte. Ein eigentlich netter Kerl, der unglücklicherweise auf die schiefe Bahn geraten ist und dann zur falschen Zeit am falschen Ort war. Oh wie süß, ein Buddymovie.
Die Spannungskurve von Judge Dredd bricht gnadenlos ein, nachdem er auf die Familie Angel trifft. Dafür, dass das ein paar der beliebtesten Schurken der Comics sind, wird Dredd zu schnell mit ihnen fertig. Gleiches gilt auch für das Zusammentreffen mit Rico. Dredd findet Rico fast auf Anhieb und besiegt ihn dann in einem erstaunlich antiklimatischen Showdown, der gesamte Verwandtschaftsaspekt wird fast gar nicht ausgespielt.
Schauspielerisch gibt es in diesem Film auch nicht viel, von dem man zu Hause erzählen müsste. Stallone "spielt" Action-Stallone. Statur, Unterlippe und Gestus passen zu Dredd, aber der nuschelige Tonfall ist nicht gerade respekteinflößend. Die Rollen von Diane Lane und Jürgen Prochnow sind zu klein, um ihnen die Chance zu bieten, zu zeigen, was sie eigentlich können. Das ist vor allem bei Prochnow sehr schade, der sicher einen beeindruckenderen Bösen hätte spielen können, hätte er den Raum dazu gehabt.
Nur Max von Sydow schafft es, dem Chief Justice Fargo wirklich eine Aura der Würde zu verpassen, während Armand Assante als überdrehter Schurke nicht viel falsch machen kann. Er spielt zwar nicht in derselben Liga wie Colin Farrell als Bullseye in Daredevil, aber für diesen Film reicht es allemal.
So bleibt am Ende ein Film, bei dem das Design versucht, die Schwächen auszubügeln, die nicht auszubügeln sind. Die Autoren fahren mit dem Rasenmäher durch die Comicversion, und so entstand dann nur ein viel zu braver, formalisierter Actionfilm, der keinen einzigen originellen Einfall aufbietet, sondern angefüllt ist mit den typischen Klischees des Actiongenres und der scheitert, weil er es nicht schafft, in der zweiten Hälfte genügend Spannung aufzubauen.
Ein weiterer Beweis dafür, dass ein gutes Design keinen guten Comicfilm macht, wenn man die Vorlage nicht versteht oder sie nicht umsetzen kann, weil sie zu radikal für Hollywood ist.
Der letzte Kritikpunkt ist dem Film nicht wirklich anzulasten, aber wenn ich schon gehässig bin, tue ich's trotzdem. Wie kann man "The Cure" und "The The" auf den Soundtrack packen, aber Anthrax' Dredd-Hymne "I Am The Law" ignorieren? Weil zu viele Verweise auf den Comic darauf zu finden sind? bw

Bewertung: