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 Immortal
Immortel - ad vitam, Frankreich 2004, Regie: Enki Bilal, Drehbuch: Enki Bilal & Serge Lehman, Hauptdarsteller:
Linda Hardy (Jill Bioskop), Thomas Kretschmann (Alcide Nikopol),
Charlotte Rampling (Elma Turner)
Enki Bilal verfilmt selbst seine Nikopol-Trilogie: In einem futuristischen New York muss der ägyptische Gott Horus sich mit einem Menschen verbinden, um durch ihn einen Nachkommen zeugen zu können.
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Inhalt:
New York, 2095. Die Stadt wird bevölkert von geklonten Menschen,
Mutanten und Außerirdischen. Das Klongeschäft ist fest in der Hand der
Firma Eugenics, die stets auf der Suche nach frischem Material für ihre
Forschungen ist.
Eine Pyramide schwebt über der Stadt, bewohnt von ägyptischen Göttern.
Einem von ihnen, dem adlerköpfigen Horus, wird von seinen Kollegen die
Unsterblichkeit genommen. Wenn er doch noch weiterleben will, muss er
innerhalb einer Woche einen menschlichen Nachkommen zeugen. Die Frau,
die dessen Mutter werden soll, ist schnell gefunden: die schöne
Mutantin Jill. Jetzt braucht Horus nur noch eine menschliche Hülle, die
er benutzen kann, um Jill zu schwängern. Nach etlichen Fehlversuchen,
die für die beteiligten Menschen stets tödlich enden, findet Horus
endlich einen menschlichen Körper, der seinen Bedürfnissen entspricht.
Es ist der Körper von Alexander Nikopol, ein Revolutionskämpfer, der
gerade eben erst aus der Haft entwischt ist. So entwickelt sich eine
Dreiecksgeschichte zwischen Jill, Nikopol und Horus.
Dazu kommen polizeiliche Ermittlungen und eine bald bevorstehende
Senatorenwahl.
Kommentar:
DER
LOOK
"Immortal" ist vor allem auf der visuellen Ebene ein Kino-Erlebnis.
Dabei überzeugt vor allem das komplett am Computer entstandene
Setdesign. Hier gibt es keine Hochglanz-Hightech-Welten, nein, das New
York von 2095 ist düster, dreckig und trotz all der Technik ziemlich
heruntergekommen. Vergleiche mit Filmen wie "Blade Runner" oder
"Metropolis" sind zwar berechtigt, aber die Welt von "Immortal" ist
nicht abgekupfert, sondern hat einen sehr eigenständigen Look. Häuser
und Straßen, Räume und Maschinen und auch die Bewohner der Stadt passen
sehr gut zueinander und ergeben ein stimmiges Bild, das visuell auch
sehr nahe an Bilals Comics bleibt.
DIE FIGUREN
Was als erstes auffällt und zu Beginn auch recht faszinierend ist,
bedeutet gleichzeitig eine der größten Schwächen des Films: hier
agieren (wenige) menschliche Schauspieler gleichberechtigt mit digital
erzeugten Charakteren. Drei zentrale Figuren werden von Schaupielern
verkörpert, die ihren Job sehr gut machen und der Geschichte genau die
Portion Menschlichkeit und Seele einhauchen, die ihr sonst fehlen
würde. Thomas Kretschmann als Nikopol gibt das sympathische Raubein,
Linda Hardy als Jill die geheimnisvolle Schönheit und Charlotte
Rampling ist als Ärztin Elma Turner ein Fels in der Brandung, der auch
dann ruhig und besonnen bleibt, wenn die Geschichte allzusehr in
verwirrende Metaphysik abdriftet.
Neben diesen starken Mimen hätten schon "normale" Schauspieler
Schwierigkeiten, zu überzeugen. Umso schwerer wird es da für die
zahlreichen CGI-Figuren. Diese sind zwar sehr hübsch designt, wirken
aber eigenartig künstlich und hüftsteif. Womöglich wäre das weniger ins
Auge gefallen, wenn gleich alle Figuren digital animiert wären, aber
das Schauspielertrio und die Pixelwesen wollen nicht so recht
zusammenpassen.
Kommentar:
Betrachtet man den Film unter rein optischen Maßstäben, bekommt man
hier 102 Minuten Augenschmaus. Trotz der oben genannten Schwächen bei
den digitalen Charakteren sehen die Welt von "Immortal" und ihre
Bewohner sehr faszinierend aus.
Die Geschichte allerdings lässt doch einiges zu wünschen übrig: vieles
bleibt unverständlich und unmotiviert, besonders die Passagen, in denen
es mystisch und übersinnlich wird. Da wirken dann auch die Dialoge
teilweise unfreiwillig komisch. Am Ende bleiben sehr viele Fragen offen
und der Zuschauer etwas verwirrt zurück. Schade, denn das Szenario ist
durchaus interessant und hätte viele Möglichkeiten geboten, einen etwas
anderen Science-Fiction-Film zu kreieren.
Die Comicvorlage:
Enki Bilal dürfte der erste sein, der seine eigenen Comics selbst als
Regisseur fürs Kino adaptiert. So braucht man sich schon mal nicht die
üblichen Comicfan-Sorgen bezüglich der Werktreue zu machen, denn wenn
der Film vom Comic abweicht, war das immerhin der Wille seines
Schöpfers und nicht der von fiesen Filmproduzenten.
"Immortal" basiert auf Bilals Nikopol-Trilogie, die in Frankreich ein
großer Erfolg war und den Künstler auch hier zu Lande recht bekannt
machte. Die Trilogie begann 1980 mit "La foire aux immortels" ("Die
Geschäfte der Unsterblichen"). 1986 erschien "La femme piège" ("Die
Frau der Zukunft"). Der dritte Teil, "Froid equateur" ("Äquatorkälte")
von 1992, spielte für den Film keine Rolle.
Das Drehbuch schrieb Bilal
gemeinsam mit Serge Lehman basierend auf Motiven der ersten beiden
Bände, jedoch ohne sich sklavisch an die Vorlage zu halten. Bilal hat
nach eigenen Angaben seine Comics gar nicht mehr extra gelesen, sondern
verließ sich auf seine Erinnerung. Besonders die
gesellschaftskritischen Aspekte rücken im Film zugunsten der
Dreiecksbeziehung zwischen Horus, Jill und Nikopol in den Hintergrund.
Auf deutsch erschienen die einzelnen Bände zuerst bei Carlsen, später
bei Ehapa, wo auch eine luxuriöse Gesamtausgabe der vollständigen
Trilogie vorliegt. Die Bände sind zwar nicht mehr überall erhältlich,
dürften aber durchaus noch aufzutreiben sein. Bei Humanoids Publishing
erschien kürzlich ein preiswerter englischsprachiger Sammelband mit
allen drei Teilen.
Bewertung:     
Links:
arte Kultur (Enki Bilal zu Gast bei arte)
immortel-lefilm.com (französische Website zum Film)
immortal-derfilm.de (deutsche Website zum Film)
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