Ein Zombie kommt selten allein
Daten
Originaltitel:
Shaun of the Dead
Deutscher Kinostart: 30. Dezember 2005
Herstellungsland: England
Erscheinungsjahr: 2004
FSK

ab 18 Jahre

Regie: Edgar Wright
Darsteller: Simon Pegg, Nick Frost, Kate Ashfield, Dylan Moran
...

Ich steh' ja total auf Nerd-Movies! Also solche Filme, deren Qualität sich nur einer qualifizierten Minderheit erschliesst. Und am liebsten zelebriere ich deren Film-Genuss vor großem Publikum! In "High Fidelity" werden Fach-Idioten zu recht als "Snobs" bezeichnet, aber mal ehrlich: isses nich' hin und wieder lustig, in einem vollbesetzten Kino einen Insider-Joker mit einem wissenden Lacher inmitten einer eisigen Stille zu quittieren und somit seine überlegene Kompetenz der unwissenden Menge gegenüber zu beweisen?! Elitäre Schwanzparade, klar - aber wem sag' ich das? Sonst würdest Du das hier ja nicht lesen...

"Shaun of the Dead" bietet neues Freak-Futter und somit wieder einmal ein treffliches Podium zur cineastischen Selbstdarstellung! Während die Story über den Loser Shaun, der sich im Verlauf des Films mit seinem besten Kumpel Ed, seiner Angebeteten, seiner Mutter, Zombies und dem Leben an sich rumschlagen muss noch halbwegs massenkompatibel daher kommt, wird's im Detail extrem geekig - und daher extrem gut!

Dabei wird es dem Zombie-Fan nicht wirklich leicht gemacht, denn der Film ist nicht wirklich eine "liebevolle Hommage", sondern ein durch und durch respektloser Verräter, dem wirklich nichts heilig ist! Aber sowas können die Engländer ja seit jeher am besten...
Die Zombies dürfen wieder rumschlurfern und offenbaren im Kontext des Films ihr wahres Gesicht - wer sich vor ein paar grunzenden Schießbuden-Figuren noch in die Buxe macht, dürfte auch bei Shauns Aufsteh-Ritual Angst und Bange werden...und so zieht es sich durch den gesamten Film: die hereinbrechende Apokalypse wird vor lauter Alltags-Tran erst gar nicht richtig registriert - wie auch, sind Shaun und Ed doch selber Zombies...lediglich ohne Reinkarnation. Wenn dem wirklich urkomischen Buddy-Gespann Ed und Shaun endlich der Ernst der Lage bewusst wird, kann man sich an einem Comedy-Feuerwerk erfreuen, das in seiner Konsequenz seinesgleichen sucht. Denn während ähnliche Blut-Lachen wie "Braindead" den Zombie-Mythos eher beiläufig bloßstellen, bezieht sich SotD explizit auf seine berühmten Vorgänger und scheut sich auch nicht vor "Nackte Kanone"-Nonsens. Und so unverfroren Edgar Wright den Zombie-Film der Lächerlichkeit preisgibt, er ist großer Fan des Genres und weiß, was er da durch den Kakao zieht - man muss daher ein Kenner sein, um den Film bis ins Detail auskosten zu können: umherirrende Menschengruppen schließen sich nicht zusammen - man plauscht kurz und geht dann wieder getrennte Wege, um sich dann an sinnlosen Locations selbst einzuschließen. Goblin-Film- Musik kommt natürlich ebenso zum Einsatz wie das berühmte Trampolin aus "Dawn of the Dead". Die Zombies schlurfen dermaßen langsam, dass man allerlei Tötungswerkzeuge an ihnen ausprobieren kann, und wenn mal ein Zombie gefährlich wird, kann man davon ausgehen, dass aus irgendeinem Grund Heavy-Metal-Mucke ertönt. Es gibt ein Fulci-Restaurant usw... jaja, Schwanzparade... ich hör' ja schon auf. Zum Finale wird's sogar richtig derb, wenn Bauchdecken zum weiteren Verzehr geöffnet werden und das Militär mal wieder seine Überlegenheit demonstrieren darf! Für ein Viertelstündchen bekommt der Fan eine schöne Packung Gore vor den Latz geknallt, und diese Selbstverständlichkeit ist auch noch so mitreißend inszeniert, dass es den humoristischen Unterton für einige wenige Momente runterzieht. Trotzdem fängt sich der Film nach dem kurzen Intermezzo wieder und dürfte beim Abspann einige selig grinsende Zuschauer hinterlassen - mit Sicherheit bei dem Publikum, das an dem neuerlichen Trend der reanimierten (Apropos! ;) ) Horror-Klassiker großen Spaß gehabt hat...

So zeigt SotD mit einem Verweis auf die letzten "modernen" Zombie-Filme auch für einen Moment so etwas wie Größe und entlarvt eine gewisse Heuchelei der Neuauflagen wie "28 Days later", "Resident Evil" und dem "Dawn of the Dead"-Remake. Der Zombie-Film an sich wird nur von einem Nerd-Publikum geschätzt werden können, denn für eine massenhafte Faszination ist das Genre zu blutrünstig, zu trivial und zu anrüchig. Der moderne Zombiefilm vermeidet gerne dieses Stigma, um sich keiner Lächerlichkeit bezüglich der Thematik preiszugeben.. .ein Dialog zwischen Shaun und Ed stellt da für mich das Highlight des Films dar, und diese Ehrlichkeit steht dieser Zombie-Klamotte besser als das verschämte oder auch pseudo-raffinierte Leugnen der eigenen Herkunft seiner aktuellen Kollegen:

"Any zombies out there?"
"Don't say that!"
"What?"
"That!"
"What?"
"The 'zed' word, don't say it!"
"Why not?"
"Because it's ridiculous!"

...Snob-Gegacker garantiert! ;)

Karsten Schreurs

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