Arano
scheint die personifizierte Gefühlskälte zu sein - einzig sein
Hass auf Yakuza-Gangster treibt ihn trottend durch ein düsteres und
abgeklärtes Tokio. Sein Wille, alle Yakuza-Gangster umzubringen,
kommt dem zwielichten Banden-Chef und Zuhälter Kamijo sehr zugegen,
und zwischen dem schweigsamen Killer und dem aufstrebenden Klein-Kriminellen
entwickelt sich eine Hass-Liebe, die zum Finale hin eskaliert.
Toshiaki
Toyoda wollte vorrangig ein Portrait über Gewalt und Emotionslosigkeit
in den Großstädten, verpackt in einem Yakuza-Thriller, präsentieren
- und hat dabei auch noch einen der besten Slasher-Filme seit "Psycho"
und "Evil Dead Trap" vorgelegt! Kôji Chihara verkörpert
einfach großartig den etwas debilen &, wortkargen Hauptdarsteller
- Verweise auf DeNiros Travis drängen sich förmlich auf, obwohl
der Amok-Lauf zwischen "Taxi Driver" und "Pornostar"
unterschiedlicher nicht sein könnte. Man erfährt nichts über
den Grund seiner Mordlust, und der ganze Film wirft mehr Fragen auf, als
dass er beantworten mag, aber das ist auch gar nicht nötig. Die Regie
ist eindeutig visuell orientiert und verwöhnt den Zuschauer mit erlesenen
Bildern, die immer wieder durch ernüchternden Realismus gebrochen
wird. So kauert Arano z.B. in einer dunklen Gasse - in sich versunken,
harte Gitarren-Riffs durchschneiden die Stille, dann regnet es - Messer!
Hunderte, Tausende Messer fallen auf Arano vom Himmel herab - wohl eine
göttliche Prophezeiung oder Fingerzeig, denn ein paar Minuten später
schlachtet er einen Yakuza-Chef auf bestialische Weise ab. In diesen Szenen
wird auch der Zuschauer nicht geschont: während das Opfer durch die
Tiefgarage taumelt, packt Arano ein halbes Dutzend Messer aus seiner Tasche
und beginnt routiniert mit der Arbeit: er rammt seine Messer in den Brustkorb
des Gangsters, und zwei Minuten lang traktiert Arno immer wieder das Opfer...ohne
einen Kamera-Schnitt, in einer einzigen Kamera-Fahrt. Eigentlich ist es
ungerecht, diese Szene stellvertretend für die handwerkliche Perfektion
nachzuerzählen, aber wenn die Faszination des "Wie-haben-die-das-gemacht-"-Effekts
dem Ekel und dem Unwohlsein weicht, hat der Filmemacher sein Ziel erreicht:
großes, packendes Kino! Bilder, die an die Nieren gehen wie ein
"Audition" und ein quälendes Finale taugen zwar nicht zum
lustigen Party-Abend-Film, verwöhnt dafür den Asia-Cinema-Fan.
"Pornostar"
sei jedem ans Herz gelegt, der mal Geschmack am Nippon-Kino finden möchte.
Er ist eingängig erzählt, knochenhart, ist poetisch und visuell
aufregend. Bleibt nur zu hoffen, dass Hollywood Toyoda nicht in seine
Maschinerie einspannt und einen Konfektions-Regisseur à la John Woo hervorbringt,
von dem man auch nur noch schwärmt, wenn man an seine Werke vor
Hollywood gedenkt...
Karsten
Schreurs
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