Bill
Plympton! Für Simpsons-Erfinder Matt Groening ein "Gott",
dem Normalsterblichen wohl vorwiegend aus zahlreichen MTV-Clips bekannt,
in denen sich verliebte Pärchen zum Küssen auffressen oder sich
ein Mann beim Entfernen eines Nasenhaares im wahrsten Sinne des Wortes
das Fell über die Ohren zieht. Bills Werke sind von einem skurilen
und makaberen Humor geprägt, die ihren Reiz aus einer völlig
entfesselten Visualisierung beziehen. Der Anarchist unter den Animatoren
geht dabei extrem konsequent zur Sache und zeichnet immer alle Cells selbst!
Wie auch bei seinem letzten 70minütigen Spielfilm "Mutant Aliens".
Die
Raumfahrt des berühmten Astronauten Earl Jensen wird durch den Raumfahrtsindustrie-Tycoon
Dr. Frubar sabotiert und gilt daraufhin als verschollen. 20 Jahre später
landet er wieder auf der Erde, um sich mit einer Handvoll Aliens an seinem
Peiniger zu rächen. In diversen Rückblenden erläutert Earl
seiner mittlerweile stattlich herangewachsenen Tochter die Odysse durch
das All und somit den Ursprung seiner Alien-Freunde...
Bill bleibt sich treu - es wird so ziemlich alles aufgefahren, was nicht
mal in den härtesten Animes selbstverständlich wäre. Wenn
das Bild mal nicht von Sex, Splatter, Sodomie o.ä. dominiert wird,
stichelt man gerne gegen den amerikanische Patriotismus oder die Konsumgesellschaft.
Diese völlige Autonomie und Unabhängigkeit von Produzenten oder
sonstigen Auflagen machen Bills (Kurz-)Filme immer wieder zu einem Erlebnis
für jeden Animations-Film-Liebhaber. Sicherlich gibt es viele, denen
der Stil zu krude, die Ideen zu abstrus und bizarr sein könnten.
Flüssige Animationen im Stile eines Disney-Films sollte man ebenfalls
nicht erwarten, aber wen stört es, wenn der Filmemacher mit ganz offensichtlicher
Lust und Freude seine Protagonisten auf alle nur erdenklichen Weisen
deformiert bzw. abstrahiert. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, ein
"Trickfilm-Fanzine" anzuschauen. Diese Freiheit ist Plymptons
größter Trumpf - er weiss das und nutzt sie ausgiebig.
Ich
war schon immer ein großer Fan von Bills Filmen und seinem Zeichenstil.
Vielen ist er wohl etwas zu skizzenhaft und sperrig, trotzdem findet er
immer wieder spannende Einstellungen und versucht zum Glück erst
gar nicht, Disney, Animes o.ä. zu imitieren, die verglichen damit
optisch schon eher als bieder auffallen.
Trotzdem bleibt "Mutant Aliens" nicht nur wegen des wenig jugendfreien
Inhalts nicht uneingeschränkt empfehlenswert. Man muss schon ein
Faible für Animation bzw. Zeichenkunst haben, um sich durch den Film
"durchzuarbeiten". Die Interessierten werden dafür allerdings
reichlich belohnt!
Karsten
Schreurs
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