In
seinem ersten größeren Film-Projekt versucht Marco Knapp, die
Psyche eines Killers zu vermitteln und verpackt seine Dokumentation
in eine komplexe Erzählstruktur. Ein eigentlich löblicher Ansatz:
Knapp nutzt die Narrenfreiheit einer Amateur-Produktion, um abseits der
Serienkiller-Film-Klischees neue Perspektiven zu vermitteln, aber hier
liegt auch schon einer der größten Knackpunkte: aufgrund des
unbedingten Willen zur Innovation bleiben klassische Erzähl-Prinzipien
auf der Strecke, und er hinterlässt oftmals einfach nur Konfusion, die
durch einen hektischen Schnitt und vielen Effekt-Spielereien verstärkt
wird. Die Charaktere werden einem quasi vor die Füße geworfen und
bieten oft keinerlei Bezugs-Möglichkeiten, so dass man den Film eher
emotionslos verfolgt. Knapp will ganz offensichtlich mehr Fragen stellen
anstatt zu beantworten, da hätte etwas weniger Egozentrik
im Storytelling gut getan.
Trotzdem ist der Film keineswegs missraten! Die Darsteller spielen verhältnismäßig
ordentlich und wissen, was sie tun. Der Schnitt ist gut getimt und lässt
kaum Hänger aufkommen, aber Knapp scheint etwas Schiss vor ruhigen
bzw. statischen Einstellungen zu haben. Der Handkamera-Look ist vorherrschend,
was den Eindruck einer Dokumentation suggerieren soll, aber auch in Dokumentationen
nimmt man sich Zeit für Bilder. Die Gewaltdarstellungen sind zurückhaltend
in Szene gesetzt, was für eine Amateur-Produktion mal sehr angenehm
ist. Die Musik ist trefflich gewählt und unterstützt den Film
unaufdringlich - schön!
Zu einem Klassiker à la Henry oder Mann beißt Hund
verweigert sich der Film durch die fehlende Eingängigkeit schon im
Ansatz. Man beobachtet eher, anstatt mitzufühlen. Was der Aufbau
des Films allerdings für ein immenses Potential bietet, offenbart
sich erst im Audio-Kommentar. Der Regisseur erklärt ausführlich
und selbstkritisch den gesamten Film, und man bekommt eine Ahnung bezüglich
der Qualität der Story, bei der weniger einfach mehr gewesen wäre
- sehr schade um die Schluss-Pointe, auf die der Audiokommentar
eher beiläufig aufmerksam macht, aber einen Story-Twist darstellt,
der einfach mal grandios ist und auch eine Profi-Produktion geadelt hätte!
Wenn dieses Ende auf den ersten Blick ersichtlich gewesen wäre -
ein Klasse-Film! So ists eine recht ordentliche und originelle Amateur-Produktion
- Fans des Genres mit Hang zum Experiment sollte mal reinschauen.
Karsten
Schreurs
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