Murderer Tale
Daten
Originaltitel:
Murderer Tale
Herstellungsland: Deutschland
Erscheinungsjahr: 2002
FSK

ab 16 Jahre

Regie: Marco Knapp
Darsteller: Carsten Hiller, Tobias Rehn, Iris Zimmermann
...

In seinem ersten größeren Film-Projekt versucht Marco Knapp, die Psyche eines Killers zu vermitteln und verpackt seine „Dokumentation“ in eine komplexe Erzählstruktur. Ein eigentlich löblicher Ansatz: Knapp nutzt die Narrenfreiheit einer Amateur-Produktion, um abseits der Serienkiller-Film-Klischees neue Perspektiven zu vermitteln, aber hier liegt auch schon einer der größten Knackpunkte: aufgrund des unbedingten Willen zur Innovation bleiben klassische Erzähl-Prinzipien auf der Strecke, und er hinterlässt oftmals einfach nur Konfusion, die durch einen hektischen Schnitt und vielen Effekt-Spielereien verstärkt wird. Die Charaktere werden einem quasi vor die Füße geworfen und bieten oft keinerlei Bezugs-Möglichkeiten, so dass man den Film eher emotionslos verfolgt. Knapp will ganz offensichtlich mehr Fragen stellen anstatt zu beantworten, da hätte etwas weniger Egozentrik im Storytelling gut getan.
Trotzdem ist der Film keineswegs missraten! Die Darsteller spielen verhältnismäßig ordentlich und wissen, was sie tun. Der Schnitt ist gut getimt und lässt kaum Hänger aufkommen, aber Knapp scheint etwas Schiss vor ruhigen bzw. statischen Einstellungen zu haben. Der Handkamera-Look ist vorherrschend, was den Eindruck einer Dokumentation suggerieren soll, aber auch in Dokumentationen nimmt man sich Zeit für Bilder. Die Gewaltdarstellungen sind zurückhaltend in Szene gesetzt, was für eine Amateur-Produktion mal sehr angenehm ist. Die Musik ist trefflich gewählt und unterstützt den Film unaufdringlich - schön!
Zu einem Klassiker à la „Henry“ oder „Mann beißt Hund“ verweigert sich der Film durch die fehlende Eingängigkeit schon im Ansatz. Man beobachtet eher, anstatt mitzufühlen. Was der Aufbau des Films allerdings für ein immenses Potential bietet, offenbart sich erst im Audio-Kommentar. Der Regisseur erklärt ausführlich und selbstkritisch den gesamten Film, und man bekommt eine Ahnung bezüglich der Qualität der Story, bei der weniger einfach mehr gewesen wäre - sehr schade um die „Schluss-Pointe“, auf die der Audiokommentar eher beiläufig aufmerksam macht, aber einen Story-Twist darstellt, der einfach mal grandios ist und auch eine Profi-Produktion geadelt hätte! Wenn dieses Ende auf den ersten Blick ersichtlich gewesen wäre - ein Klasse-Film! So ist’s eine recht ordentliche und originelle Amateur-Produktion - Fans des Genres mit Hang zum Experiment sollte mal reinschauen.

Karsten Schreurs

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