Am
Ende der Straße gibt es hier eine kleine Videothek. Die ist ziemlich
Mainstream, will sagen, man findet da kaum etwas anderes als das, was man
in gewöhnlichen Videotheken so findet. Da bin ich vor gut drei Wochen
fast jeden Tag hin und hab geguckt und geguckt, aber im Endeffekt war
da wirklich nichts von Interesse zu finden. Aber es geht ja auch anders,
also habe ich mir eine Reihe von asiatischen Streifen besorgt, um mal
wieder richtig gute Filme sehen zu können. Okay, nicht alles ist
natürlich der Überhammer, aber bisher hatte ich ein glückliches
Händchen. Heute war nun BAD GUY von Kim Ki-duk dran.
Nun,
Meister Kim hat so seinen ganz eigenen Stil, Filme zu machen. Ich glaube,
er weiß noch nicht mal, wie man "politisch korrekt" buchstabiert,
geschweige denn, was es bedeutet. Das hat zur Folge, dass zwischen einem
seiner Filme und einem aus Hollyood eine Entfernung entsteht, die einige
Lichtjahre bemisst. Das hat weiterhin zur Folge, dass seine Filme wie
besonders brutale Autounfälle wirken. Unfälle, bei denen Leichenteile
auf der Fahrbahn rumliegen und die eingequetschten Personen noch irgendwie
am Leben sind, aber nur so viel, dass sie noch gequält schreien können.
Wir, die Zuschauer, sind die Gaffer, die das alles abscheulich finden,
aber auch den Blick nicht abwenden können. Zudem hat Kim Ki-duk eine
Vorliebe für dysfunktionale Beziehungen. Seine weiblichen Charaktere
werden mit allem möglichen Dreck konfrontiert, durch den sie sich
im Anschluß hindurch quälen müssen. Das wäre noch
ertragbar, wenn damit nicht immer wieder ekelerregende Männerphantasien
kombiniert würden (Frauen, die vergewaltigt werden und nach dem dritten
Mal dann auch noch Gefallen daran finden und solche Späße...),
das bringt einen schon zum Würgen.
In
BAD GUY fängt alles recht harmlos an. Han-gui, überzeugend gespielt
von Jo Jae-hyeon, muß er doch die meiste Zeit seinen Charakter ohne
Worte darstellen, ist in der City, schlendert umher und isst eine Wurst.
Sein Blick fällt auf ein nett aussehendes College Girl. Wie gebannt
kann er seine Augen kaum mehr von ihr abwenden. Sein Verlangen ist so
groß, dass selbst, obwohl ihr Freund daneben steht, unser BAD GUY
sich dazu genötigt fühlt, sie zu einem Kuss zu zwingen. Die
Szene eskaliert, als das nette Mädchen ihn anschreit und zu einer
Entschuldigung auffordert. Drei zufällig anwesende Soldaten vertrimmen
Han-gui und servieren ihn auf dem Silbertablett. Er entschuldigt sich
nicht, weshalb sie ihn beschimpft, ihm ins Gesicht spuckt und ohrfeigt.
Seine Rache folgt auf den Fuß, und in der folgenden Spielzeit wird
man von dem Film richtiggehend eingekeilt, genau wie das Unfallopfer,
welches man gerade beobachtet. Es passiert auch Schönes, aber das
vor dem Hintergrund unglaublich böser Taten, so dass man ständig
in dem Konflikt mit sich selbst steht. Man kann viele Sachen nicht als
nette Geste hinnehmen, denn diese kaputte Situation, die diese Geste erst
nett macht, wurde ja gerade von den Menschen herauf beschworen, die sich
auf einmal für einen kurzen Moment menschlich benehmen.
Ein verstörender
Film, der einen wirklich nachdenklich macht. Ist das jetzt eine eindringliche
Milieustudie, und solche Schicksale gibt es wirklich, worauf der Regisseur
aufmerksam machen will, oder hat hier einfach jemand eine fehlgesteuerte
Fantasie, ist es das alte Lied der Klassenunterschiede? Schwer zu sagen.
Ziemlich leicht zu sagen ist jedenfalls die Tatsache, dass ich später
nicht das Gefühl hatte, meine Zeit vergeudet zu haben, wie bei vielem
anderen Mist im TV oder Kino, der absolut nichts Neues zu bieten hat.
Fazit: BAD GUY ist eine intensive Geschichte. Was man daraus gewinnt,
Ekel, Einsicht, Unverständnis oder ganz was anderes, bleibt dem Einzelnen
überlassen.
Sascha
Thau
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