28 Days later
Daten
Originaltitel:
28 Days later
Herstellungsland: England
Erscheinungsjahr: 2002
FSK

ab 18 Jahre

Regie: Danny Boyle
Darsteller: Alex Palmer, Bindu De Stoppani, Jukka Hiltunen, David Schneider
...

In einer Mischung aus "Quiet Earth" und einem Zombie-Film Deiner Wahl lässt der "Trainspotting"/"Beach"-Regisseur Danny Boyle seinen Hauptdarsteller Cillian Murphy durch ein augenscheinlich menschenleeres London irren. Nach den titelgebenden 28 Tagen wurde der Großteil der Bevölkerung mit einem "Pure Rage"-Virus infiziert, der sie entgegen des üblichen Zombie-Klischees nicht zu debilen und ungelenk wankenden Schiessbuden-Figuren mutieren lässt - die spärlich gesäten "Überlebenden" werden von höchst agilen und agressiven Derwischen gehetzt.

Das ist nicht die einzige Konvention, die Boyle im Verlauf des Film brechen wird: Selena (Naomie Harris) entledigt sich unvermittelt und ohne mit der Wimper zu zucken einem sorgsam aufgebauten Sympathie-Charakter, auch vor kleinen Kindern kennt keiner Skrupel. Und wenn im Finale des Films den rettenden Soldaten die letzten beiden überlebenden Frauen als Sold versprochen wird, sind Boyle und "Dawn of the Dead"-Veteran Romero auf einer Wellenlänge: der Mensch ist ein Tier und "Menschlichkeit" ein dehnbarer Begriff.

Womit der grimmige und kompromisslose Unterbau des Films auch schon beschrieben wäre; aber auch der Zuschauer wird nicht geschont: Boyle entwickelt mit Digi-Cam und High-Shutter-Action-Szenen eine eigene, in sich geschlossene Ästhetik, die sich nicht nur wohltuend von der durchgelutschten
gängigen Hollywood-Optik abhebt, sondern auch Raum für höchste Effektivität bietet. Boyle baut Spannungskurven und Schock-Momente derart klischeehaft auf, dass man in ihrer Eingänigkeit von ihr regelrecht überrumpelt wird. Ein ganz großer Verdienst ist der Beweis von Kameramann Anthony Dod Mantle, dass Digi-Cam nicht zwingend einen amateurhaften Touch haben muss. Verspielte Einstellungen, gekonnte Licht & Schatten-Effekte, übersteuerte Sound-Effekte und ein lebendiger Schnitt erzeugen die nötige düstere Vision, die sogar zuweilen recht "punkig" wirkt.
Die Darsteller schlagen sich wacker - Cillina Murphys Metamorphose vom verschreckten Zauderer zum rasenden Berserker entspricht der von DeCaprios Charakter aus "The Beach", auch die entgegengesetzte Entwicklung von Selena will nicht immer so recht überzeugen, trotzdem fügen sich die beiden Charaktere gut in die Geschichte und in den Grundton des Films ein.
Schade, dass Boyle im Finale weniger konsequent wird und in ein Happy End abglitscht, das einfach deplatziert wirkt. Ferrars "Bodysnatcher" wäre da ein schönes Vorbild gewesen...
Nichtsdestotrotz ein "schöner" Film! Endlich mal wieder ein mutiger & anspruchsvoller Horror-Thriller für Erwachsene!

Karsten Schreurs

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