Comicbook The Movie
von Christopher Tauber, März 2004

Filmbesprechung

Das Medium DVD ist wirklich bemerkenswert. Für die Industrie, weil die Einnahmen über Kauf-DVDs bereits die an der Kinokasse überragen, und für den Konsumenten, weil er somit recht leicht in den Genuss von Filmen kommen kann, die hierzulande noch nicht mal im Fernsehen laufen würden. Gut, das hatten wir so in etwa auch auf Video, nur eben nicht so stylish: Bonus DVD ist das Zauberwort. Tja, und manche Filme wären ohne die Existenz dieses Mediums gar um einen roten Faden verlegen. Zum Beispiel Mark Hamills „Comicbook – The Movie“.

Denn wären einige (fiktive) Filmbosse nicht so scharf darauf, eine fette Bonus-DVD für die geplante Adaption des (fiktiven) Comic-Klassikers Commander Courage (vom fiktiven Jack Whitney) zu produzieren, wären sie wohl nie auf die Idee gekommen, Don Swan (Mark Hamill) zu engagieren. Der ist Comicladenbesitzer (Nerd), Fanzine-Herausgeber (Mega-Nerd) und Lehrer (von irgendwas muss man ja leben) und darf für die Filmfritzen jede Menge Experten interviewen und auf der San Diego Comic Con die Bekanntgabe des Filmprojekts auf Video bannen. Man kennt eben seine Zielgruppe.... und die Zielgruppe ihre Feindbilder.
Denn natürlich muss es bei einem Film von Mark Hamill auch „das Böse“ geben, und das sind natürlich die, die in Comics bzw. deren Verwurstung die schnelle Mark sehen: die Filmproduzenten. Die wollen nämlich aus dem in die Jahre gekommenen Klassiker Commander Courage einen zeitgemäßen Codename Courage machen, der also nicht den Japanazis den Hintern versohlt, sondern Turban- und Burka-tragenden Terroristen den Garaus macht. Der obligatorische Gay-Side-Kick aus vergangenen Tagen wird kurzerhand zur Female Bombshell with Attitude umgemodelt, et voilà...
Aber nicht mit Don Swan, denn schließlich ist er Comicfan, und die sind bekanntlich die konservativsten Menschen dies- und jenseits von irgendwas. Wie ein wahrer Superheld in Form des kleinen Mannes hat er sich fest vorgenommen, seine Fähigkeiten als Lehrer zu benutzen und die Filmbosse davon zu überzeugen, dass es für alle besser sei, die ganze Commander-Geschichte so zu lassen, wie sie ist....

Eigentlich müsste jedem Comicfan bei der Handlung dieses Films das Herz aufgehen, von den vielen Cameos und den gesamten Credits wollen wir gar nicht anfangen... Kevin Smith, Stan „ichmachjedenscheißmit“ Lee, Bruce Campbell und Matt Groening (um nur mal die Plakativsten zu nennen) tummeln sich da vor der Kulisse der San Diego Comic Con, und es geht die ganze Zeit wirklich nur um Comics, Comics, Comics....
Die erfundenen Fakten um Commander Courage sind versiert und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Sogar ein Radio-Programm im Stil der 30er, 40er Jahre hat Hamill geschrieben und einige namhafte Trickfilm-Sprecher auf der Messe vor Publikum lesen lassen. Liegt es da vielleicht doch nur an meiner fehlenden Begeisterung für Superhelden-Comics, dass mich der ganze Plot und Mark Hamills Kampf für die Gerechtigkeit gegenüber seines Lieblingscomics verdammt kalt lässt?

Nein, nein, nein... schließlich finde ich auch Filme klasse, die einen U.S.-Militäranwalt zum Protagonisten haben, der verhindern will, dass vier G.I.s für eine Vergewaltigung bestraft werden, die sie tatsächlich begangen haben...
Was ich sagen, will: Ich bin selber Fanzineler und comicbegeistert, das setzt einiges an Sympathiebonus für Don Swan voraus... er erfüllt ihn aber nicht, genauso wenig wie die meisten Charaktere, ganz zu schweigen vom Plot, der nach den ersten fünf Minuten eigentlich erzählt ist, den der Regisseur uns aber alle weitere fünf Minuten unter die Nase reibt.

Hamill gelingt es nur beinahe, Identifikationsmöglichkeiten zu geben. Die beste Szene bestreiten dann auch ausgerechnet die beiden Charaktere, denen die ganze Comic-Geschichte (wie könnte es anders sein: bis dahin) noch völlig egal ist: Kameramann Ricky (Jess Harnell) und CC-Erfinders Enkel Leo (Billy West).
Leo ist komplett überfordert mit der ganzen Comic Con, hat er doch bis vor ein paar Tagen keine Ahnung gehabt, dass sein Opa der Erfinder des weltbesten Comic-Helden ist. Nun tappt er dank Don Swans unermüdlichem Enthusiasmus als Outsider über diese Messe... und das Einzige, was ihn noch mehr runterziehen kann, sind die Mädels in ihren Kostümchen. Kurzerhand schnappt sich Ricky den introvertierten Outsider und versucht ihm beizubringen, wie man Mädels anmacht. Die Szene dauert wahrscheinlich insgesamt nicht viel länger, als ich gebraucht habe, um diesen Absatz zu schreiben.
Und sie ist mit Abstand eine der Besten.

Leute, die mit Comics nicht klar kommen, werden den Film komplett uninterssant finden. Es wimmelt nur so von Insider-Gags, die selbst ich nicht alle durchblickt habe. Man stelle sich ein 90 minütiges Gespräch mit fünf begeisterten Steuerprüfern in einem Fahrstuhl vor... so ungefähr dürften sich Anti-Comic-Folks bei diesem Film fühlen. Und wie schon erwähnt, durch Hamills extrem nervigen Charakter und einige andere Nerveleien dürfte es so manchem Comicleser ähnlich gehen. Da wird selbst der Kevin-Smith-Bonus, der in meinen Augen eher ein gewaltiger Malus ist, nicht viel dran rütteln.

Dabei hätte alles so schön sein können. Man nehme die Bonus DVD und schaue sich ein paar Outtakes an. Und schon finden wir einen kleinen Mini-Movie, der uns Devin T Quin zeigt. Einen frustrierten Indepent, der sich mal ordentlich auskotzt, der uns das einzige Dokument liefert, was mit Comics im Hier und Jetzt eigentlich noch so los ist, außer den Studio-Adaptionen. Ich kann einfach nicht anders, als hier im Anschluss noch ein Transkript dieser Szene zu posten, um meinen Standpunkt klar zu machen. Alleine für diese Szene lohnt sich der Film fast schon wieder (halt, ich habe fast gesagt, also sitzen bleiben!).

Krönend ist übrigens, wie selbstreferenziell dieser Film ist: Kameramann Ricky ist so knallhart an Ozzy Osbourne angelehnt, dass man sich nicht wundern muss, dass er ihn in einer Szene zur Belustigung des geschafften Leo brilliant zu imitieren weiss. Und das Vorhaben der Produzenten, ein paar Doku-Schnipsel zusammen zu filmen, um eine doppelt so teure DVD produzieren zu können, hat mich unverschämt an den Moment erinnert, als ich im Laden die bestellte DVD entgegennahm und gleich mal mehr blechen durfte.... zumal “Comicbook – The Movie” auch in Amerika ein Direct-to-Video-Film war....

Übrig bleiben aber auch einige amüsante Momente, und ein Blick in geselliger Runde kann überhaupt nicht schaden. Am besten mit vielen Leuten, aufgeteilt in Comicleser und –desinteressierte. Vielleicht entsteht danach eine lustige Diskussion oder noch viel lustigeres betretenes Schweigen „Aha... so seid ihr also drauf“. Für viel mehr möchte ich an dieser Stelle aber nicht garantieren...



Ein Opfer der Schere (Transkript)
Devin T Quin

DTQ: The only thing I do better than talking is rocking out… yeah!

(rappt – schlecht) I rock rough an tough with my afro puffs… (hört auf) selling my comic books. I'm going to explain to you in five words what the American dream is all about: Buy my comic book, please! Here's how it works: Two guys got this dream, so they're like: Let's make a comic book! They make the comic book, they go to a convention, they sell it --- bam! Instant millionaires. We sold over five comic books! FIVE! And a dollar seventyfive a piece, that must be thousands, right? I don't know, I'm just sellin' them.
(schnappt sich ein Exemplar seines Hefts “Robots vs. Zombies” und wedelt damit herum) This is what America is all about: young enterprising businessmen with a dream. Oh, Robots are cool, Zombies are jerks! Robots fightin' Zombies in outerspace. What we did was, we distilled comic books down to their most potent form, alright?
(eine Durchsage unterbricht ihn – zur Durchsage:) No! Hold on! You're ruinin' my bit. Quiet now.
(schlägt eine Seite des Hefts auf und hält es in die Kamera) Just check out the artwork!

Interviewer: Is this your first time here?

DTQ: This is our first time at the convention… hold on, there's a muffin on page 11 that's really kickin'! Hold on a second, yeah, zoom in on the muffin. This muffin is questioning the nature of reality. It wonders: Why am I here? What's it like to be a muffin? This is the first year I'm at the convent…

Interviewer: Comic Con!

DTQ: Comic Con… you see, the brain works faster than the mouth sometimes. (auf einmal sehr ernst) Err, we've been talking about making books for years, we finally made our book, we showed up, we paid the money, err… here we are tryin' to sell 'em. It's tough.

Interviewer: Is this your first book ever?

DTQ: First book ever. And it's a kicker! Robots fightin' Zombies in outerspace! (auf einmal wieder nicht sehr ernst) This is the moonshine of comicbook. This is gonna kick you into next week! The way I figure it is, err... I don't know whether you want me to talk about my comic or what, but I really don't know how anyone makes any money on this. It's an expensive convention. This is all almost sort of advertising prices, if you don't have the money to kick away a little bit, because you're not gonna make the money on sales… a lot of people just will not buy a comic! We even made our book a dollar seventyfive, because we thought, we wanted to be cheap, so people can get it: not an issue! They will either buy it or they won't and if they will buy it a dollar seventyfive is nice… but…

Interviewer: It doesn't matter…

DTQ: It doesn't matter! I'm a little bit disappointed that in America today you can't come up with the greatest idea for a comic book ever and people don't flock to you. Apparently it's trickier than that.

Schnitt

This is the Picasso of comicbooks, this is the artbook of the now! The In-Book! The Hip Book! It's Art Deco, it's Deco Retro. It's Nouveau Deco Retro. And it's only a dollar seventyfive! And it's got a talking frog, a butterchurn... it's got an ad for a „Chock full of Miystery Morning Beverage“ --- (zitiert) “Oooh, the delicious suspense!”… I don't understand why they not selling like hot cakes!

Schnitt

We used to be a couple of guys in a room, cranking out crazy stories that people are going to want and makin' em cheap! We can't compete with people all the way over there (zeigt zu den “Majors”). We just can't. If you took “Iron Man #47” and put it next to our book, people might go for our book more than … you know… the same book that's been around for 57 years.

It's not an industry that goes for innovation, it's not an industry that really goes for originality, because I think these things are suppressed. I think these things are suppressed in the country as a whole. (Standnachbar tätschelt ihm die Schulter)… Yeah, where's my soapbox, my cigarre box? (Stellt ein Bein auf den Tisch und redet direkt in die Kamera)
Once you have more administrators than you have creative people, (laut) that's where the process starts to break down. That's where society starts to fall apart! And it's all in my comicbook (hält es hoch, lässt es lachend wieder fallen) for a dollar seventyfive – I don't even care anymore! I'm going to bed! (legt sich auf den Tisch, die Kamera schwenkt auf ein Schild: „Robots fighting Zombies! What could be better??“)

COMIC BOOKS, COMIC BOOKS, COMIC BOOKS!!! HALLELUJAH, FRIENDS AN' NEIGHBOURS TESTIFY TO THE COMIC BOOK, ONLY A DOLLAR SEVENTYFIVE GET YOU 32 PAGES OF SALVATION! WE'VE GOT A TRANSCENDENTAL MUFFIN! WE'VE GOT A BANJOPLAYIN' FROG! WE'VE GOT A SPACE-SNAKE BLOWN TO KINGDOM COME… Err…. And it's funny ha-ha-ha... look, a spaceship wearing underwear.

(von links kommt ein Typ zum Stand)

Typ: Is this Robots fightin' Zombies? I've heard, DC are sending people over here.

DTQ: Oh wow! My faith in the industry is restored! DC Comics is sending people over to US!

TYP: Someone showed this to me and it's the funniest thing I've read.

DTQ: Oh yeah! (zur Kamera) But let me explain something to you. Yesterday this man was two foot tall sloth from Borneo, today: look at him! He's looking forward to the future. This is what it's all about, the American Dream in action!

TYP: Are we being filmed?

DTQ: Yeah… I think so! One never knows in this country anymore.

TYP: I'm gonna get some money from the wife and I'll be right back and buy you out!

DTQ: Please do! Go mug somebody and buy me!

TYP: Pleasure to meet you again!

DTQ: Thank you! I look forward to being someone's commodity in the future and being fired from my own comic book that I filled with my own two hands cause it's not sexy and hip for the kids anymore…


Das war wohl insgesamt ein wenig zu viel für die Macher des Films. Das Einzige, was wir im Feature-Film von Devin T Quin zu sehen und zu hören bekommen, ist dann nämlich folgendes: 

I'm going to explain to you in five words what the American dream is all about: Buy my comic book, please!
HALLELUJAH, FRIENDS AN' NEIGHBOURS TESTIFY TO THE COMIC BOOK, ONLY A DOLLAR SEVENTYFIVE GET YOU 32 PAGES OF SALVATION!


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