"SPUN" DVD-Review
von Karsten Schreurs

Pressetext

'Spun' bedeutet 'high sein', 'drauf sein'. Auf was? Egal! Amphetamine, Ice, Speed, Ecstasy, Koks, Heroin, Crack - geschnupft, geschluckt, gespritzt, geraucht, gebraten, gebacken, geschüttelt oder gerührt.

Ron, ein Looser-Typ um die 20, nimmt alles, was ihm in die Quere kommt. Als er den durchgeknallten Dealer 'The Cook' (Mickey Rourke) kennenlernt, beginnt ein völlig abgefahrener Trip in Galaxien, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat.

Kritik
Haaah - schön! Nach dem Einlegen der DVD und dem Aufpoppen des Haupt-Menüs bekommt der Zuschauer erstmal eine Ladung hektisches Patchworkdesign in die Augen gepfeffert, die Appetit auf weitere optische Extravaganzen macht - welche der Film auch bereits in den ersten Minuten zu erfüllen weiss...

Regisseur Jonas Akerlund kommt aus der Musicvideo-Branche - mehr brauchen sogenannten Cineasten nicht zu wissen, um einen angeekelten Schüttelfrost zu provozieren. Die Gefahr, vollkommen selbstzweckhaft die Bilder über eine Geschichte zu stellen, ist bei dieser Gattung der Spielfilm-Debütanten nicht generell von der Hand zu weisen - und es macht zuweilen auch den Reiz aus. Bereits David Fincher oder Jonathan Glazer huldigen künstlerisch erfolgreich mit erlesenen Bildern der großen Leinwand und auch Akerlund kann und will seine Herkunft nicht verleugnen. Der schwedische Regisseur lässt ein regelrechtes Gewitter an Schnitten, Kamera-Einstellungen und -Geschwindigkeiten auf den Zuschauer losdonnern, dass dem MTV-Ästhetik-Verächter wohl schnell schwindelig werden dürfte. Beeindruckend virtuos spielt die Regie mit Bildern und Tönen, bedient sich ausgiebig an Zeitraffer-, Zeichentrick-Sequenzen, cartoonhaften Story-Einschüben und ist in seiner Enthemmung wohl nur von Oliver Stones "Natural Born Killers" zu toppen. Und genau da liegt bei beiden Filmen der Hund begraben: so formal brilliant die Filme auch sein mögen, sie haben *nichts* zu sagen!

Akerlund will oder traut sich sich nicht verbindliche Bilder zuschaffen, die die Geschichte unterstützt, und sich nicht mit purer Augenwischerei zufrieden gibt. Ausgerechnet das Drogen-Millieu dient hierzu mal wieder als Vorwand für ausufernde Kamera-Eskapaden. Auch wenn Danny Boyle mit "Trainspotting" oder Darran Aronofsky mit "Requiem for a Dream" ebenfalls nicht ohne Spielereien auskommen um die Wirkung von Drogen zu visualisieren, ist "Spun" den gesamten Film über wie ein einziger Acid-Trip. Man bestaunt Farben, Formen etc., verfolgt das Geschehen aber völlig gleichgültig. Dabei kann sich Akerlund an einer spielfreudigen Riege von überaus talentierten Darstellern bedienen, aber keiner der Charakter bietet sich wirklich als Sympathie-Figur an. Jason Schwartzman gibt als Hauptdarsteller den etwas debilen Verknüpfer zwischen den anderen Figuren und deren Schicksalen, von denen Brittany Murphy als Nikki noch am besten wegkommt - sie spielt intensiv und nutzt alle Möglichkeiten ihrer Rolle. Eine tolle Schauspielerin. Micky Rouke hinterlässt als lakonischer Cowboy-Proll "Cook" den wohl charismatischsten Eindruck und Peter Stomare sieht man selbst in den kleinsten Rollen immer wieder gerne.

Fazit
Trotz aller Extraklasse vor und hinter der Kamera genügt sich "SPUN" als kurzweiliges Freak-Sammelsorium mit unzähligen Eye-Candys, an die man sich schnell satt gesehen hat - aber zumindest gibt der Film nicht vor mehr zu sein, als er ist. So etwas wie "Mitgefühl" blitzt beim Zuschauer während des gesamten Films lediglich einmal auf: wenn für einen kurzen Moment die Ruhe einkehrt und man den Zuschauer nicht blenden, sondern etwas vermitteln will. Der "Cook" gibt im Finale während einer Autofahrt einen kurzen und intimen Ausriss aus seiner persönlichen Geschichte preis und bekommt zu dem Zeitpunkt als einzigste Figur im gesamten Film erstmals eine gewisse Persönlichkeit...aber dann ist es auch schon zu spät.

Wem das zuwenig ist - Uli Edels "Christiane F. / Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" beweist hiermit wieder einmal seine (unterschätzte) Qualität.

Das Bonus-Material fällt ordentlich aus: Kinotrailer, Musikvideo und einige interessante deleted Scenes sind ebenso vorhanden, wie ein informativer Audio-Kommentar des Regisseurs (nicht untertitelt)

Verwandte Filme
"Trainspotting", "Requiem for a Dream", "Natural Born Killers"

Verleih ab 24.4.2004
SPUN
Schweden/USA 2002
Drama/Satire
ca.97 min.
PAL Color
Untertitel
Ton Deutsch/Englisch
Dolby Sourround
FSK 16
DVD Bildformat 16:9
Ländercode 2
Regie:
Jonas Akerlund
Darsteller:
Jason Schwartzman, Mickey Rourke, John Leguizamo, Mena Suvari, Brittany Murphy, Patrick Fugit, Peter Stormare und Alexis Arquette, Deborah Harry, Eric Roberts u.a.
Extras:
Trailer, deleted Scenes, Musikvideo, Audiokommentar
Vertrieb Deutschland:
www.tobisstudiocanal.de



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