An dieser Stelle berichten wir von Comic-Events wie dem Comic-Salon Erlangen, der Frankfurter Buchmesse oder dem Münchner Comicfestival. Persönliche Eindrücke, Fotos, Nachrichtenhäppchen und einiges mehr.
24.10.07
Nachwehen
Splashcomics, die ja in diesem Jahr zum ersten Mal der offizielle Berichterstatter der Faszination Comic sind (die ersten sechs Jahre war es comic.de), mussten auf Bitte von Scott McCloud ihren Video- und Tonmitschnitt seines Vortrages "Comics: An Art Form in Transition" offline nehmen. Wie man hörte, war das Video aufgrund der schwierigen Lichtverhältnisse aber qualitativ sowieso nicht einfach anzuschauen. Da Splashcomics seine Berichterstattung fast vollständig durch Filme und MP3s abdeckte, fehlt dieser Programmpunkt nun leider komplett.
Und das allerletzte: Mehr Fotos von der Faszination Comic 2007 als die kargen fünf in der MaD könnt Ihr Euch hier in unserer Galerie anschauen.
Wir lesen uns an dieser Stelle spätestens zu Erlangen (Comic-Salon, 22.-25. Mai 2008) wieder!
Bis dann.
posted by Frauke um 20:59 | Permalink
15.10.07
Laut lesen macht Laune
(Lesung "Erlesene Comics")
Im letzten Jahr war es noch eine eher improvisierte Veranstaltung im ganz kleinen Rahmen, diesmal fand die Sache ganz offiziell im Frankfurter Museum für Kommunikation statt, wo noch bis 18.11. die Ausstellung Cataloonia zu sehen ist (die weit besser ist als die handvoll Blätter, die auf der Buchmesse ausgestellt waren).
Zum Rahmenprogramm dieser Ausstellung gehörte die Lesung Erlesene Comics, zu der Organisator Christopher "Piwi" Tauber eine Reihe von Comiczeichnern (plus zwei weitere Gäste) einlud. Der Dreh an dieser Art Lesung ist der, dass die Zuschauer, anders als bei anderen Formen der Comiclesung, die Bilder nicht sehen. Und deshalb müssen die Vortragenden selbst beschreiben, was man in den Bildern sieht.
Klingt eher anstrengend, funktioniert aber super, wenn man die richtigen Comics zum Vorlesen aussucht. Von unveröffentlichten Indies über große Klassiker bis zu unfreiwillig komischen Trashcomics bekam man eine wirklich feine Mischung geboten.
Während es Stefan Dinter zum Auftakt mit einer Szene aus dem druckfrischen Krigstein noch etwas schwer hatte, brach spätestens beim zweiten Beitrag das Eis: Tobi Dahmen präsentierte eine Story aus den Gespenster-Geschichten, die so blöde war, dass sie großen Spaß machte. In eine ähnliche Kerbe schlug die kitschige Romanze um einen Stuntman aus Young Love, vorgetragen von Naomi Fearn (der einzigen Frau auf der Bühne und, wie Moderator Kai ... feststellte, die einzige ohne Brille). Und Piwi präsentierte einen angenehm angestaubten Sponti-Klamauk aus einem U-Comix-Heft der 80er.
Auch Unveröffentlichtes gab es zu hören: Reprodukt-Redakteur Christian Maiwald gab eine Szene aus dem autobiographischen Peepshow von Joe Matt zum Besten (demnächst auf deutsch bei Edition 52) und Mawil brachte Comics seines Freundes Oli Ferreira mit, die laut Mawil wahrscheinlich nie bei einem Verlag unterkommen werden, "weil sie dafür zu gut sind". Comicgate-Mitarbeiter Björn Wederhake musste selbst zum Übersetzer werden, denn die von ihm ausgewählte Karl-Marx-Geschichte aus Action Philosophers gibt es nur auf englisch.
Den Abschluss machte Jan Dinter mit einer hörspielreifen Performance einer Spirit-Story, die von seinem Bruder Stefan mit nicht ganz so hörspielreifen Soundeffekten unterstützt wurde. Alles in allem ein höchst unterhaltsamer Abend, der zudem auch recht gut besucht war. Sowohl bei den Akteuren als auch beim Publikum blickte man hinterher durchweg in zufriedene Gesichter.Labels: Lesung
posted by Thomas um 11:46 | Permalink
13.10.07
Mehr Worte als Bilder
(Sondermann-Preisverleihung 2007)
Irgendwie sonderbar, denkt man sich, wenn man am heutigen Samstag, dem ersten Tag an dem außer den Fachbesucher auch "normale" Gäste anwesend sind, auf die Messe kommt. Einmal abgesehen von dem Gedrängel, was die Freude etwas mindert, wird die Messe nun von einer ganze Horde von Cosplayern bevölkert. Fast jeder Zehnte eifert den Protagonisten seines jeweiligen Lieblingsanime in Form von Kostümen nach. Das eigentlich Sonderbare daran ist aber vielmehr die Tatsache, dass der Cosplayer-Preis erst morgen verliehen wird. Heute ist nämlich erst einmal die Sondermann-Preisverleihung 2007 an der Reihe.
Der Preis wurde zu Ehren des 2004 verstorbenen Comic-Zeichners Bernd Pfarr nach dessen Comic-Figur Sondermann benannt. Somit jährt sich diese Preisverleihung 2007 zum vierten Mal. Der Sondermann ist ein ausdrücklicher Publikumspreis: 6.000 Comicbegeisterte haben im Vorfeld 26.000 Stimmen in fünf möglichen Kategorien abgegeben. Für diese Kategorien werden nach Befragung des Handels die jeweils drei verkaufsstärksten Comics vorausgewählt, aus denen die Leserschaft dann wählen kann. Zusätzlich vergab eine sechsköpfige Jury, bestehend aus Gabriele Roth-Pfarr, Achim Frenz (Cariacatura - Museum für Komische Kunst), dem Künstler Rudi Hurzlmeier sowie den Journalisten Constanze Doering, Andreas Platthaus (FAZ) und Dr. Christian Schlüter (Frankfurter Rundschau), den Sondermann-Preis für den besten Newcomer 2007 sowie den Bernd-Pfarr-Sondermann für Komische Kunst 2007.
Nachdem sich diese Veranstaltung im letzten Jahr doch etwas in die Länge zog, wurden in diesem Jahr die Preise und Blumen etwas schneller verteilt: So ging der Preis für den Comic National 2007 an Reinhard Kleist für seine Comicbiographie Cash - I see a darkness (Carlsen). Eine weitere Auszeichung nahm der Chefredakteur des Carlsen-Verlags für Bill Wattersons Comic Strip Calvin & Hobbes als besten Comic International 2007 entgegen.
Lauter wurde das Publikum aber erst beim Preis für Manga International 2007, der an Takeshi Obata und Tsugumi Ohba für ihrem Comic Death Note ging. Die Cosplayergemeinde feiert aber noch lauter Anike Hage, die mit ihrem Gothic Sports den Sondermann für den besten nationalen Manga 2007 in Empfang nehmen durfte. Ein weiterer Gast auf dem Podium war Ralph Ruthe, der bereits gestern dort vertreten war. Diesmal durfte er sich für seinen Shit happens! zum besten Cartoon 2007 gratulieren lassen, statt selber nur zu gratulieren. Damit ist er seit der Einrichtung dieser Kategorie der alleinige Inhaber des Sondermanns, da er auch schon die zwei Vorjahre als Sieger heimgehen konnte.
Wirkliche große Reden wurden erst zum Schluss der Verleihung gehalten. Ausgezeichnet mit dem Newcomer 2007 wurde Dirk Schwieger für seine Zielstrebigkeit und seine Fähigkeiten, sich Situationen anzupassen, ausgezeichnet. In seinem autobiographischen Comic Moresukine überrascht Schwieger immer wieder durch neue Seitenarchitektur, die andere deutsche Publikationen vom experimentellen Ansatz her in den Schatten stellt.
Das Highlight der Verleihung war aber sicherlich der Auftritt der Gewinner des diesjährigen Bernd-Pfarr-Sondermann für Komische Kunst 2007. Mit ihren ureigenen Humor gewannen Rattelschneck, aka Marcus Wiener und Olav Westphalen, den Preis. Während sie sich anschließend etwas wortkarg bedankten, drehte ihr Laudator Maria Oliver Schmitt richtig auf und zeigte dem Publikum, warum der Stand des Satiremagazines Titanic, bei dem Rattelschneck regelmäßig veröffentlichen, ganz zu Recht Teil der "Faszination Comic" ist. Es sei zweifellos ein Skandal, dass der Sonderman-Preis in diesem Jahr an Rattelschneck gehe, betonte der Titanic-Redaktuer. Wenn man schon einmal Titanic gelesen hat, weiß man auch, dass Schmitts Bemerkung, die Auszeichnung sei eine krasse Fehlentscheidung, in diesen Kreisen als höchste Auszeichnung gesehen werden muss. Wir freuen uns mit den Gewinnern und hoffen auf mehr krasse Fehlentscheidungen im nächsten Jahr, wenn diese auch alle so gut werden wie die diesjährigen Gewinner.
EDIT 14.10.07: Todesjahr von Bernd Pfarr von 2005 auf 2004 korrigiertLabels: Preise
posted by Daniel um 14:03 | Permalink
12.10.07
Crash! Boom! Click!
(Scott McClouds Vortrag "Comics: An Art Form in Transition")
Zu einem der Highlights des diesjährigen Programms der "Faszination Comic" gehört zweifelsohne die Präsenz von Scott McCloud, dem Guru der Comics-Erzählkunst. Der Auftakt von McClouds Messeaktivitäten war im Programmheft lapidar als "PowerPoint-Präsentation" angekündigt, machte am Freitag aber eindrucksvoll deutlich, warum Understanding Comics ein Standardwerk ist: Der Mann weiß, wie man Ideen und Konzepte vermittelt.
Die Ankündigung, er werde schnell reden und habe über 500 Bilder mitgebracht, löste beim Publikum ein ehrfürchtiges Raunen aus. In der Tat legte McCloud dann auch ein stattliches Tempo vor, und der knapp einstündige Vortrag verlangte dem Zuschauer die volle Aufmerksamkeit ab. Als Belohnung dafür bekam man allerdings eine rundum professionelle und anregende Lehrstunde geboten, die die Inhalte von McClouds Werken Understanding Comics, Reinventing Comics und Making Comics auf sympathische und gut verständliche Weise vermittelte. McCloud zeigte die Ursprünge des Mediums auf, gab im Rahmen der Erläuterung seiner Theorien Einblick in seinen persönlichen Werdegang und wagte den Ausblick in die Zukunft des Comics. Dabei klickte er sich mit perfektem Timing durch die angekündigte Bilderflut, die - ganz so, wie man es von einem professionellen Comic-Erzähler erwarten darf - das Gesagte knackig und markant auf den Punkt brachte.
Kurz gesagt: McCloud ist voll und ganz in seinem Thema aufgegangen. Seine Vorträge sind keine PowerPoint-Präsentationen, sondern Live-Comics.Labels: Vortrag
posted by Marc-Oliver um 18:06 | Permalink
Es gibt Preis, Baby!
(CoLa des Jahres und Deutscher Cartoonpreis)
Unerlässlicher Teil aller grösseren Comicveranstaltungen sind Preisverleihungen. Auf der Buchmesse sind es im Comic-Zentrum deren vier: Am Sonntag wird in einem Cosplay-Wettbewerb ein Sieger gekürt, der Samstag gehört dem Sondermann, am Freitag wurden die Sieger des Deutschen Cartoonpreises ausgezeichnet und am gestrigen Donnerstag fand die Kür des CoLa des Jahres statt, ein Preis der von den beiden Verlagen Carlsen und Egmont gesponsert wird.
Der Titel CoLa des Jahres ging dieses Jahr schon wieder nicht an Pepsi, Coke oder Dr. Pepper, sondern an ein Comic-Fachgeschäft. CoLa ist nämlich, wie wir alle wissen, die jedem geläufige und total übliche Abkürzung für "Comicladen". Sieben Läden kamen in die engere Wahl, alle wurden auf die Bühne gebeten und bekamen eine Urkunde. Wie die Abstimmung bei dieser Wahl genau verläuft, ist etwas undurchsichtig - wichtig ist aber in jedem Fall, dass ein Laden seine (Stamm-) Kundschaft zur regen Teilnahme an der Abstimmung mobilisieren muss, um Chancen zu haben. Umso überraschender fällt deshalb der Sieger aus: Comix Time aus Lörrach an der Schweizer Grenze, der noch nichtmal ein Jahr besteht, holte auf Anhieb den Titel. Zur Belohnung gibt es einen Besuch von Christian Moser und Reinhard Kleist, die zu einer Signierstunde nach Lörrach kommen werden.
Heiterkeit bei Comicladenbesitzern
Seit 2006 vergibt der Carlsen Verlag den Deutschen Cartoonpreis, bei dem Nachwuchscartoonisten aufgefordert werden, einen Beitrag zu einem vorgegebenen Thema einzusenden. über 100 Teilnehmer schickten in diesem Jahr Witzbildchen zum Thema Globale Erwärmung und Klimawandel, eine Jury wählte die besten Beiträge, die jeweils einen Geldpreis bekamen. Schon zum zweiten Mal aufs Treppchen schaffte es dabei Bastian Baier alias Lapinot, den Comicgate-Leser durch seine Cartoonreihe Freitag? kennen dürften. Für ihn reichte es (nach einem zweiten Platz im letzten Jahr) leider nur für Platz drei. Man möge uns verzeihen, wenn wir hier nicht ganz unparteiisch sind. Zweiter wurde Christian Depenbusch, der erste Platz ging an Ferdinand Lutz aus Viersen. Alle drei Beiträge gibt's auf der Carlsen-Website zu sehen.Labels: Preise
posted by Thomas um 17:31 | Permalink
Lost in Catalan
Es scheint historisch so festgelegt zu sein, dass jedes Gastland bei der Frankfurter Buchmesse einen schweren Stand hat. In diesem Jahr wurde Katalonien eingeladen, eine autonome Gemeinschaft in Spanien, die nicht nur um eine größere Unabhängigkeit kämpft, sondern die auch mit Katalanisch ihre eigene Amtssprache besitzt. Weiter erschwert wird die Stellung des Gastlandes noch zusätzlich, wenn das Medium der Wahl ebenso eine Aussenseiterrolle einnimmt wie das Land selbst, sprich katalonische Comics.
Nachdem bereits am Mittwoch ein Vortrag über die Geschichte von katalonischen Comics stattfand (dieser Vortrag wurde überschattet von dem Zusammenbruch von dem Moderator Carles Santamaria), entschied man sich heute dafür, einige Künstler und Verleger zu einer Podiumsdiskussion einzuladen. Strategisch geschickt hatte man mit der Planung zusammengearbeitet und die Diskussion zwischen die atemberaubende, sechshundert Bilder umfassende Power-Point-Präsentation von Comicguru Scott McCloud und die Geburtstagsfeier von Carlsen Comics zum Vierzigsten gelegt. Nur wie es leider doch immer der Fall ist, verließen nach McClouds Amen die Massen schlagartig das Feld. Übrig blieb eine Handvoll Interessierte, deren Aufmerksamheit auch sofort auf eine harte Probe gestellt werden sollte.
Als der Moderator und Comic-Verleger Joan Navarro zügig in die Diskussion einsteigen wollte, blieben die meisten seiner Zuhörer verwundert auf der Strecke. Der gute Mann sprach Katalanisch mit der Geschwindigkeit eines rauschenden Wasserfalls. Obwohl man ihm Zeichen gab, den Vortrag doch bitte auf Englisch fortzusetzen, ließ er sich erst drei Sätze später stoppen. Er spreche zwar Katalanisch, Spanisch, Französisch und Italienisch, aber Englisch möge er nicht so sehr, teilte er in gebrochenem Englisch mit. Zum Glück für das Publikum fand sich ein Übersetzer. Der Retter des Nachmittags war Felix Sabate, Verleger des spanischen Verlags Ediciones Glenat, der die Diskussion mit seinen englischen Übersetzungen erst ermöglichte.
Zu diesen beiden gesellten sich der Comickünstler und Illustrator Miguel Gallardo, die Herausgeberin Laura, der in Amerika arbeitende Pasqual Ferry, Oriol Garcia und der Herausgeber Albert Monteys (El Jueves). So wurde das verbliebende Publikum mit der kompletten Bandbreite katalonischer Comickunst konfrontiert.
Was diese katalonische Comicszene von dem Rest Spaniens unterscheide, wollte Joan Navarro wissen. Man war sich bei dieser Frage einig, dass die Comics aus Barcelona und Valencia, den größten Städten in Katalonien, sich vor allem durch ihren Humor von den Comics aus Madrid, der Hauptstadt Spaniens, unterscheiden. Man führte diese Tatsache vor allem auf die Freiheit zurück, die die Künstler seit dem Tod Francos in ganz Spanien genießen.
Um dem Publikum einen Eindruck über die Motivation der Künstler zu geben, wurde jeder Einzelne danach gefragt. Die beiden wohl bekanntesten in der Runde, Max und Pasqual Ferry, nannten die Lust an einem noch jungen Medium, aber auch die Möglichkeit, den Traum von der Künstlerkarriere auszuleben.
Nach einer Krise der spanischen Comics in den Achtzigern sprach Moderator Navarro als nächstes von dem derzeitigen Comic-Boom, der vor allem durch die Graphic Novel zu erklären sei. Wie die Zukunft für katalonische Comics aussehe, wollte er wissen. Albert Montjes wandte ein, dass die Zukunft immer ungewiss sei, aber dass die derzeitige Entwicklung Hoffnung gebe und gut Möglichkeit für die Arbeit schaffe.
Als Comicgate nachfragte, warum man fast ausschließlich auf Spanisch veröffentliche und nicht in der Landessprache, gab man uns zu verstehen, dass dies ein rein industrielles Problem sei und dass man liebend gerne mehr katalonische Comics produzieren wurde, wenn es sich bezahlen ließe. Nur zwei der Anwesenden veröffentlichen derzeit auf Katalanisch. Während der katalonische Comic-Star Max bisher nur auf Spanisch veröffentlichte, hatte er nun einen Comic in seiner Landessprache produziert. Sein Kollege Oriol Garcia berichtete dagegen, dass er nur Comics auf Katalanisch produziere, was sich natürlich auch in finanzieller Hinsicht niederschlagen würde, sich also im Moment nicht lohnen würde.
Abschliessend kann man sagen, dass es sich sehr gelohnt hat, sitzenzubleiben und den Vertretern des Gastlands zuzuhören, denn so wurde einem eine kleine Welt ausländischer Comics präsentiert, die um ihre regionale Identität kämpft und dabei mindestens genausoviel Spannung und Potential in Sachen Comics beinhaltet wie jede andere Nation.Labels: Podiumsdiskussion
posted by Daniel um 17:23 | Permalink
Letzter Aufruf für Passagier ... (der dritte Tag auf Buchmesse)
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten in unserer Berichterstattung beginnt heute der dritte Tag auf der Frankfurter Buchmesse. Um einen kleinen Einblick in das Geschehen zu bekommen, muss man verstehen wie so eine Buchmesse aussieht und was dort alles passiert. Am besten stellt man sich die Buchmesse wie einen grossen Flughafen vor.
Alles fängt bereits bei der Anreise an: Wenn man am Bahnhof steht und auf den nächsten Zug wartet, bemerkt man neben sich andere Leute, Gleichgesinnte, die zwar kein Gepäck dabei haben, aber die sich durch Programmhefte, Gratistaschen und hektischen Umherblicken deutlich als Besucher der Buchmesse outen. Wenn man dann trotz des GDL-Streiks dann endlich am Hauptbahnhof angekommen ist und sich auf den zehnminütigen Fussmarsch macht, sieht man wieder in die gleichen verlorenen Gesichter, die plötzlich nehmen einem auftauchen. Wir alle teilen das gleiche Schicksal. Vorbei an Hochhäusern, nähern wir uns dem Messekomplex und bereiten uns aufs Einchecken vor.
Vorbei an mehreren Werbeleuten schlägt man sich zum ersten Schalter durch. Hier angekommen, beginnt eine gewisse Vorauswahl: Es trennen sich die Reisenden ersten Klasse - deutlich erkennbar an Ihren Nadelstreifenanzügen und ihren Palmtops - von den anderen Fachbesuchern und der Presse. Ausweise werden gescannt und Gepäck wird aufgegeben, erst dann geht es über eine Vielzahl von Rollbändern zu dem eigentlichen Geschehen. Wer auf dem Weg trotz gutem Frühstück noch Hunger verspührt, muss diesen teuer bezahlen. Ein Kaffee kostet stolze 2,30 Euro.
Nach scheinbar endlosen Gängen, Rolltreppen und Blicken auf die Karte ist man endlich angekommen: Die Comics befinden sich in Halle 3.0. Dort sammeln sich Reihe neben Reihe die Stände auf engstem Raum. Wenn man im Vergleich dazu an Comic-Messen wie Erlangen oder das Münchener Comicfestival denkt, erwartet man eigentlich eine kleine eingeschworene Gemeinde. Obwohl man genau von dieser Gemeinde begrüsst wird, sieht diese Realität hier doch etwas anders aus, denn auch hier hat man sich in kleine abgetrennte Kammern zurückgezogen. Erst jetzt erkennt man, dass die Herren aus der ersten Klasse einem zur Bereich der Comcis gefolgt sind. Einige unentschlossene Minuten später sieht man wie eben diese Herren in den Nadelstreifen in kleinen Boxen verschwinden. Das muss wohl das Erste-Klasse-Abteil sein. Dort reden sie mit anderen gutgekleideten Herren, nur um dann nach einigen Minuten mit freundlicher Miene wieder herauszukommen.
Ein kurzer Blick ins Programm eröffnet uns die Reiseziele des heutigen Tages: "Der weite Weg zur Comic-Website" mit Bernd Glasstetter (splashpages), Egmonts Präsentation von "Die Wellenläufer", die Verleihung des Deutschen Cartoonpreises 2007, einen Vortrag von Scott McCloud ("Making Comics"), ein Gespräch zu den Comics des diesjährigen Gastlandes Katalonien und einen Empfang von Carlsen zum 40. Geburtstag. Also schnallen wir uns an und geniessen die Reise, bevor morgen der Massentourismus beginnt.Labels: Tag 3
posted by Daniel um 11:29 | Permalink
11.10.07
Anstoß, Fehlpass, unentschieden
(Diskussion "Comics im Buchhandel - Graphic Novels und Autorencomics als Bestseller")
Obwohl die Buchmesse bisher nur dem Fachpublikum zugänglich ist, herrscht mancherorts schon ein unheiliges Gedränge. Nach kurzem Orientierungsrundgang, Rostbratwurst mit Pommes und überteuertem Kaffee bietet die Podiumsdiskussion "Comics im Buchhandel" daher eine willkommene Abwechslung. Unter Moderation von Stefan Hauck (Börsenblatt) plaudern Elisabeth Schiefer von der Buchhandelskette Thalia und die Verleger David Basler (Edition Moderne) und Steffen Volkmer (Panini) über die aktuelle deutschsprachige Comiclandschaft. Endlich was Ruhiges, Geordnetes, mit Stühlen.
Naja, bedingt geordnet. Genauer eingrenzen möchte man das Thema des Erlebten dann doch nicht. Schon bei der Definition des Begriffs "Graphic Novel" tun sich die Partizipanten schwer, was nicht weiter überrascht - schließlich konnte man sich bislang selbst in ihrem Herkunftsland, den Vereinigten Staaten, noch nicht auf brauchbare Maßstäbe einigen. Stefan Hauck wendet sich zunächst an Frau Schiefer, die sich redlich bemüht, sich der Materie deskriptiv zu nähern. Sie weiß, dass der legendäre US-Autor Will Eisner den Begriff "Graphic Novel" geprägt haben soll, spricht von "anspruchsvollen" Comics mit "einer gewissen Dicke," von "Einzelbänden" und "Autorencomics," und sie will auch Biographien nicht ausschließen. Die Herren Hauck und Volkmer einigen sich danach allerdings darauf, dass es sich auch bei Neil Gaimans Sandman "ganz eindeutig" um eine Graphic Novel handele. Schiefer nickt zustimmend, auch wenn Sandman natürlich weder ein Autorencomic und schon gar kein Einzelband ist.
Dass "Graphic Novel" frei übersetzt etwa so viel bedeutet wie "Comic-Roman," unterschlagen die Herrschaften leider. Auch, dass David Basler zur Klärung nicht viel beizutragen hat, überrascht kaum, denn der verkauft ja eigentlich Alben und braucht sich keine Sorgen darum zu machen, was andere Leute sich unter einer "Graphic Novel" vorstellen. So bleibt der Erkenntnisgewinn leider gering, aber das kann man - schließlich erfand Eisner der Legende nach den Terminus "Graphic Novel" Ende der Siebziger Jahre, um sein Werk A Contract with God einem "ernsthaften" Verlagshaus schmackhaft zu machen, und dabei handelt es sich genaugenommen nicht um einen "Roman in Comicform," sondern, wie der vollständige Titel A Contract with God and Other Tenement Stories andeutet, um eine Sammlung von Comic-Kurzgeschichten. Die Verwirrung hat also Tradition, und daran wird sich in absehbarer Zeit wohl auch nichts ändern.
Weiteres Thema ist die Auswirkung der Schwemme von Comicverfilmungen, die seit einigen Jahren anhält. Volkmer erklärt, dass in der Regel einen Monat vor Anlaufen des entsprechenden Films ein Anstieg der Comicverkäufe zu beobachten sei, welcher bis kurz nach dem Anlaufen anhalte. Nachhaltige Auswirkungen seien allerdings eher selten. Der Idee gegenüber, Comics in Buchhandlungen nicht in gesonderten Abteilungen anzubieten, sondern bei den verschiedenen Prosa-Genres einzuordnen, zeigt sich Schiefer skeptisch - dies würde das Comic-Angebot "entkernen," denn die geneigte Kundschaft erwarte einen gesonderten Comic-Bereich. Ferner würden Comic-Adaptionen bei Thalia generell nicht zusammen mit ihren Romanvorlagen präsentiert; dies habe in der Vergangenheit nicht funktioniert, und es bliebe daher die Ausnahme.
Ein gutes Titelbild allein wird bei Herrn Haucks Nachfrage nach dem "idealen Cover" von Herrn Volkmer weniger wichtig eingestuft als die Gesamtaufmachung eines Buches, welche einen Ausdruck seiner "Wertigkeit" darstelle. Besonders ansprechend in ihrer Wirkung seien Hardcover-Bände oder Cover, die mit Prägungen oder sonstigen Gimmicks verziert sind. Volkmer hebt die Bedeutung des Buchrückens besonders hervor, der im Regal - ob beim Händler oder zuhause - oft einen ersten Eindruck des Werkes vermittele und von Panini insbesondere dazu eingesetzt werde, Roman-Adaptionen für das Publikum als solche deutlich erkennbar zu machen, etwa durch die Hervorhebung des Autors. David Basler erwähnt, dass kleinere Verlage wie der seine praktisch keine Chance hätten, bei einer Kette wie Thalia unterzukommen - man sei im Buchhandel auf Ansprechpartner angewiesen, die sich nicht nur eine persönliche Comic-Affinität haben, sondern auch in der Lage dazu seien, einzukaufen, was bei Großketten so gut wie unmöglich sei. Aber Basler sagt, er wisse ohnehin, dass sein Publikum "beschränkt" sei. Keiner lacht.
Bei der Frage nach dem Verhältnis zwischen Eigenproduktionen und Lizenzausgaben muß Volkmer passen, denn Eigenproduktionen gibt's im Comicprogramm von Panini ja bekanntlich eher selten. Volkmer rettet sich über die Verlegenheit, indem er Eigenproduktionen im Romanbereich erwähnt. Er gesteht ein, dass Panini, was die Eigenproduktion von Comics angeht, "vielleicht" im Hintertreffen sei im Vergleich mit anderen Verlagen. Er überwindet sein schlechtes Gewissen aber schnell und fügt hinzu, dass man nicht wirklich daran interessiert sei, daran etwas zu ändern, denn man sehe sich in erster Linie als Lizenznehmer. Basler hingegen betont, dass von zwölf Büchern, die jährlich bei der schweizer Edition Moderne erschienen, zehn Eigenproduktionen seien. Er empfiehlt geneigten Autoren allerdings, sich nicht mit bereits fertigen Arbeiten an seinen Verlag zu wenden, sondern zunächst mit einer Synopsis und Reinzeichnungen vorstellig zu werden. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass ein abgeschlossenes Album akzeptiert werde und unverändert zur Veröffentlichung komme.
Insgesamt verwirrt die Diskussion leider häufig mehr, als dass sie erleuchtet - vor allem deshalb, weil die Teilnehmer unsauber mit grundsätzlichen Begrifflichkeiten umgehen. Dass man nicht genau erklären kann, was eine "Graphic Novel" ist, mag, wie gesagt, verzeihbar sein. Aber ob Comics nun ein "Genre" (Hauck) oder ein "Medium" (Schiefer) sind, und worin der Unterschied besteht, das hätte man schon mal erläutern können. Und warum redet Basler die ganze Zeit über "Graphic Novels," wo Comics, wie sie bei seinem Haus erscheinen, seit jeher als "Alben" bekannt sind? Der Kreis der Mühe mit den Begrifflichkeiten schließt sich, als gegen Ende der Veranstaltung aus dem Publikum die kluge Frage kommt, was "Bestseller" in diesem Zusammenhang denn eigentlich bedeute. "Bestseller" im gebräuchlichen Sinn, wie man das von Romanen und Sachbüchern kennt? Oder einfach bloß bessere Comicverkäufe als früher? Herr Volkmer und Frau Schiefer drücken sich etwas um die Antwort und werfen ein, dass in diesem Zusammenhang auch "Longseller" - Bücher mit auf lange Sicht stetigen Absatzzahlen - wichtig sind und einigen sich im Endeffekt auf ein entschiedenes "Das kommt drauf an." Nichts genaues weiss man nicht.Labels: Podiumsdiskussion
posted by Marc-Oliver um 15:59 | Permalink