Rezensionen
Kommentare 4

Androiden 3 – Invasion

Die Welt liegt in Scherben, aber eine Lack-Metall-und-Leder-Einsatztruppe ist zur Stelle, um den Planeten zu retten, und ich frage mich: Hätte Ernst Jünger diesen Comic gern gelesen?

alle Bilder © Splitter Verlag

Invasion beginnt in medias res: Wir sehen Jerrod, den an seinen Schläfen ergrauten Helden der Story, in seinem futuristisch anmutenden Lack-Metall-und-oder-Leder-Look, wie er inmitten einer urbanen Trümmerlandschaft in den Himmel blickt und fasziniert-gelangweilt beobachtet, wie brennende Meteoriten herabfallen. Wie einst Ernst Jünger die Bombadierung von Paris im Zweiten Weltkrieg mit einem Glas Burgunder, darin Erdbeeren schwimmend, beobachtete, so erlebt Jerrod, sprachlich etwas reduziert, die Katastrophe: „Oh! Das schöne Gelb! Oh! Das schöne Rot!“ Die Handlung springt einen Tag zurück, und wir sehen, wie der bewusstlose Jerrod von drei anderen Gestalten aufgefunden wird. Deren eine weckt sofort sein Interesse: „Ich wusste nicht, was die Blondine hier zu suchen hatte, aber sie erinnerte mich an einen Moment reinster Glückseligkeit, wie der Geruch von frisch gemahlenem Kaffee oder wenn man einen Rubik’s Cube gelöst hat.“ Abgesehen von physischer Spontanattraktion hat die nun vierköpfige Kleingruppe noch andere Superkräfte: Oliver kann Feuerbälle werfen, Amber (aka „Puppe“, „Schätzchen“ oder „blöde Kuh“) ist Empathin, und Sergej kann Gegenstände bewegen, ohne sie zu berühren. Was Jerrod kann, weiß er noch nicht, aber das wird er schon noch merken. Keiner der vier weiß, woher diese seltsamen Kräfte überhaupt stammen, ihre Erinnerung reicht insgesamt nicht besonders weit.

Soweit wäre ja alles ganz gemütlich, wenn das Kennenlernen nicht in einer postapokalyptischen Stadtruine und in unfreiwilliger Nachbarschaft höchst feindlicher Riesenwesen stattfinden müsste. Diese Wesen sind so eine Art Schutt-und-Trümmer-Transformers, deren Körper aus den Überresten der Zivilisation bestehen und sich ständig verändern. Jerrods Gabe besteht darin, dass er besonders gut in der Lage ist, eine psychische Verbindung zu den Fremdwesen aufzubauen. So kommt er schließlich dahinter, was auf der Erde gerade abgeht.

Als Leser ahnen wir manches davon schon längst. Ohne spoilern zu wollen, aber das vorangestellte Motto des Schweizer Philosophen Henri-Frédéric Amiel schlägt schon mit einem gigantischen Zaunpfahl auf des Lesers Kopf ein: „Nichts ist uns mehr verborgen als unsere alltäglichen Illusionen, und unsere größte Illusion ist die zu glauben, dass wir das sind, was wir zu sein glauben.“ Natürlich sind die Handelnden in Band 3 der Serie Androiden, deren einzelne Alben von jeweils anderen Künstlern gestaltet werden und die nicht inhaltlich zusammenhängen, nicht die, die sie zu sein glauben. Die Handlung ist auch am Ende nicht wirklich überraschend, es gibt keinen spektakulären Twist, und die Interaktion der Figuren bleibt so blass wie oben beschrieben: „Riesenarschloch“ trifft „Puppe“, Ende, aus. Man merkt, dass der sprachliche Höhepunkt schon mit dem Motto erreicht wurde, es folgen 55 Seiten, die mich nicht überrascht, nicht bewegt, nicht beeindruckt haben. Nachdem mich die ersten beiden Bände der Androiden-Serie überzeugt (Wiederauferstehung) und begeistert (Glücklich wie Odysseus) hatten, hinterlässt der dritte Band mich etwas freudlos. Der Plot erinnert an den (mittelmäßigen) Science-Fiction-Film Extinction (2018), der zwar auch keinen Spaß macht, dessen Twist aber doch etwas besser inszeniert ist.

Während andere Arbeiten von Sylvain Cordurie durchaus lobend aufgenommen wurden (Sherlock Holmes), überzeugen in Invasion am ehesten die Zeichnungen von Emmanuel Nhieu, der die Welt, die er zeichnet, lustvoll in Scherben legt. Ernst Jünger hätte vielleicht seine Freude an diesen Bildern gehabt, aber ich würde ihm soviel Geschmack attestieren, dass Invasion ihn maßlos gelangweilt und sprachlich enttäuscht hätte: Weder die wenig elaborierten Dialoge noch die karge Handlung hätten Jünger, der schließlich mit Gläserne Bienen (1957) auch Science-Fiction schrieb, begeistern können. Deshalb gibt Ernst Jünger posthum nur 4 Punkte.

Ernst Jünger hätte es nicht gemocht

Androiden 3 – Invasion4von10
Splitter Verlag, 2018
Text: Sylvain Cordurié
Zeichnungen: Emmanuel Nhieu
Kolorierung: Digikore Studios
Übersetzung: Swantje Baumgart
56 Seiten, Farbe, Hardcover
Preis: 15,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-570-1
Leseprobe

 

4 Kommentare

  1. Pingback: Androiden 10 – Darwin |

  2. Pingback: Androiden 8 – Odissey |

  3. Pingback: Androiden 5 – Synn |

  4. Pingback: Androiden 4 – Kielkos Tränen |

Schreibe einen Kommentar

Mit dem Abschicken dieses Formulars erklärst du dich mit unserer Datenschutzerklärung einverstanden.