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20.10.2008

Lewis Trondheim in Freiburg
(Signiertermin im X für U)

Lewis Trondheim ist einer der bedeutendsten frankobelgischen Comickünstler der letzten Jahrzehnte. Mit Donjon und Lapinot schuf er zwei heitere und nachdenkliche Dauerbrenner, die direkt den Weg in die Herzen der Leser fanden. Seit Jahren war er schon nicht mehr in Deutschland unterwegs. Jetzt hat er es mal wieder geschafft, anlässlich seines neuen Bandes Insel Bourbon 1730 (zusammen mit Appollo, bei Reprodukt). Am 16. Oktober war er zum Signieren im Freiburger Comicladen X für U.

Es ist ein ungemütlicher Tag in Freiburg: Der Himmel ist wolkenverhangen, ständig regnet es, und die Trottoirs drohen unter klebrigem Laub zu verschwinden. Der Herbst zeigt sich heute von seiner schlechten Seite.

Trotzdem sind ein paar Menschen unterwegs. Sie stehen am Eingang vor dem X für U, und Uli Pröfrock fragt, ob sie nur so da seien oder wegen Lewis Trondheim gekommen sind. Wer wegen des Künstlers da ist, bekommt eine Nummer wie an der Käsetheke. Es soll kein Hauen und Stechen geben.

Trondheim sitzt da und zeichnet, geduldig, freundlich, fast schüchtern. Er trägt eine legere graue Jacke, darunter einen Fleecepulli und ist ein bisschen unrasiert. Im Hintergrund dudelt Jazz. Die Atmosphäre ist entspannt und locker, ganz anders als draußen, wo es gerade wieder zu regnen anfängt.

Das X für U ist voll, aber nicht so, dass es unangenehm ist. Es sind eindeutig mehr Männer als Frauen da. Die meisten Besucher dürften zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt sein. Ein paar junge Familien mit Kinderwagen sind darunter, außerdem ein paar Kleinkinder.

Trondheim zeichnet in jedes Heft, das man ihm vorlegt: Herr Hase, Donjon, Das Land der drei Lächeln ? In Plastiktüten und Rucksäcken werden seine Comics gebracht. Neben ihm liegen Utensilien: ein paar Stifte, etwas Farbe und eine Federmappe. Dazu eine Brille mit gefleckten Bügeln. Vor ihm stapeln sich seine Alben, die vielen Sonderformate und sein neuestes Werk: Insel Bourbon 1730, eine Geschichte über Piraten auf der Insel Réunion. Der junge Mann, der jetzt an den Zeichentisch kommt, möchte gerne den Drachenkrieger Marvin auf die Innenseite eines Donjon-Albums gezeichnet haben.

Trondheim fängt an, der Stift zuckt über das Papier, wilde Striche, die sich schnell zu einem Ganzen verbinden. Als er mit der Zeichnung fertig ist, dreht er sich um und fragt Uli, ob er sich kurz sein Zippo ausborgen darf. Dann zündet er die Seite an einer Ecke an und löscht sie sofort wieder. Für einen Augenblick liegt der Geruch von verbranntem Papier in der Luft. Der junge Mann lacht, als er sein Donjon-Album zurückbekommt. Das Brandloch sitzt genau dort, wo Marvin Feuer gespuckt hat. Vielleicht hätte er doch lieber Herbert die Ente nehmen sollen...

Nach über einer Stunde macht Lewis Trondheim zum ersten Mal eine Pause. Fünfundzwanzig Fans haben ihre Zeichnungen bekommen, aber die Schlange ist noch lange nicht zu Ende. Trondheim war schon seit ein paar Jahren nicht mehr in Deutschland auf Signiertour. Morgen soll es sofort weitergehen nach Frankfurt, zur Buchmesse. Eine Podiumsdiskussion mit Andreas Platthaus steht auf dem Programm.

Aber noch ist er nicht weg und zeichnet geduldig mit leuchtenden Augen in ein Heft nach dem anderen. Das laute Messetreiben lässt noch auf sich warten. Von der gläsernen Fensterfront des X für U perlen die Regentropfen. Leichte Jazzmusik liegt in der Luft.

So schlecht ist dieser verregnete Herbsttag eigentlich gar nicht.

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posted by Christopher um 23:17 | Permalink