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Die Welt am Draht, das sind Kommentare, Informationen, Gedanken und natürlich News rund um die Welt der Comics und darüber hinaus.

28.08.2009

Rechtsaußen gibt's Hühnchen
(Ein Propaganda-Comic der NPD)

Comics, das ist überhaupt nichts Neues, werden immer wieder gern genommen, wenn Leute meinen, sie müssten "der Jugend" etwas nahebringen. Weil, aufmerksam lesen und zuhören kann die ja eh nicht, also schleust man seine Message quasi heimlich auf Wegen ein, die der Nachwuchs vermeintlich leichter konsumiert. Das Medium als U-Boot. Die Inhalte können dann von christlichen Botschaften (z.B. von Jack Chick) über Umweltschutz in der EU (Trübe Wasser) bis Drogenbekämpfung (Captain America Goes to War Against Drugs) reichen.

Richtig eklig wird's allerdings, wenn solche Comics von Rechtsaußen kommen. Auch hier sind Comics als Medium für politische Botschaften nichts Neues. empfohlen sei hier Ralf Palandts Artikel im Comic-Jahrbuch 2008 oder das Interview mit ihm im Bayerischen Rundfunk (MP3). Palandt berichtet dort auch, dass die NPD bereits mehrfach Comics zu Wahlkampf- und Propagandazwecken eingesetzt hat.

Mit dem Heft Enten gegen Hühner tut sie dies nun im größeren Stil: Im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen am 30. August verteilt die NPD in einer Auflage von 30.000 Stück ein Comic-Heft, das von ihr selbst als "das erste hundertprozentig politisch unkorrekte Comicheft Deutschlands" bezeichnet wird. Vorbild für die Aktion ist die "Schulhof-CD", mit der es der NPD bereits gelungen ist, ihr Gedankengut unter (vorwiegend ostdeutschen) Jugendlichen zu verbreiten.

So heißt es denn auch auf der Einstiegsseite des Comics: "Das Comic rüttelt wach und gehört in die Hand eines jeden jungen Deutschen. Setzen wir nach der Musikoffensive nun also zur Comicoffensive an den Schulhöfen an." Das Heft, bei dem weder Autor noch Zeichner namentlich genannt sind, soll laut NPD-Ankündigungstext ein "aufwendig gezeichneter Comic im Manga-Stil" sein. Ein Satz, an dem so gut wie nichts stimmt, denn mit Manga hat das Pamphlet absolut gar nichts zu tun. Die "ausgetüftelten Szenarios, pointierten Dialoge und vielen zeichnerischen Details", die die NPD Sachsen in ihrer Pressemitteilung verspricht, sind jedenfalls nicht anzutreffen.

Strenggenommen handelt es sich gar nicht um einen Comic, sondern eher um eine Bildgeschichte, die in Reimform erzählt wird. Die extrem holprigen Verse erzählen eine Tierparabel von Enten, Hühnern und Gänsen. Darin sind die Enten das brave, friedliebende, naive Volk, das eines Tages so viele notleidende Hühner (sprich: Ausländer) gutmütig aufnimmt, bis diese Hühner vollständig die Macht übernehmen und die Sitten verlottern. Helfen können da nur noch die stolzen weißen Gänse aus dem hohen Norden (also quasi tierische Arier). Mit Gewalt versuchen sie die Enten zu befreien, verlieren aber diesen Krieg. Schließlich fliehen die Enten, bauen sich eine neue heile Welt und schwören, diesmal wirklich niemanden mehr rein zu lassen.

Recht wirr und unzusammenhängend ist die Geschichte erzählt, und sie strotzt vor rassistischen Klischees: Die "Hühnerpest" ist faul, "setzt sich ins gemachte Nest" und vermehrt sich dank dem "Überschuss ihrer Lenden". Die Hühner bringen Drogen und Verwahrlosung in die heile Entenwelt und zu allem Überfluss gibt es auch noch Liebe zwischen Erpel und Erpel. Die NPD entlarvt sich hier mit Gedankengut, das inhaltlich nicht weit weg von brauner Propaganda der 30er Jahre ist. Das Ganze wird in einem ungelenken, altbackenen Sprachstil erzählt, für den man eigentlich nur dankbar sein kann. Denn der hat mit der Sprachwelt von Jugendlichen rein gar nichts zu tun. Oder wer hat die Kids um die Ecke schon mal so reden hören: "Der Dämonen Privileg macht das Huhn zum neuen Heiland unsrer Zeit."

Über den Comics schreiben auch die taz und die Süddeutsche Zeitung.

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posted by Thomas um 23:02 | Permalink


07.06.2009

Propaganda-Comics: Comiczeichner wehren sich
(Österreichs Zeichner gegen FPÖ-Comic)

Der blaue Planet heißt das Comicheft, das im Europawahlkampf von der österreichischen Rechtsaußen-Partei FPÖ verteilt wurde. Das Heft (auch als PDF abrufbar) zeigt Parteichef HC Strache als Superhelden, der seinen Heimatplaneten vor einer außerirdischen Invasion bewahrt. Die Aliens sind in diesem Fall Abgesandte der EU, der Heimatplanet ist Österreich, welches nach Meinung der FPÖ bedroht ist, von einem zentralistischen Europa ins Verderben gestüzt zu werden. Dass dabei u.a. auch aufs Geschmackloseste gegen Ausländer gehetzt wird ("Drogendealer, Hassprediger und Menschenhändler"), überrascht kaum, wenn man die populistische Partei und ihre Slogans ("Abendland in Christenhand") kennt.

Besonders heikel an dem Pamphlet: Bei dem Heft handelt es sich nicht um pure, von der Partei finanzierte Wahlwerbung. Offiziell kommt das Heft vom FPÖ-Bildungsinstitut, das für politische Bildungsarbeit staatliche Fördermittel bekommt. Aus diesem Grund gibt es auch heftige Kritik von anderen österreichischen Parteien. Der Generalsekretät der FPÖ, Herbert Kickl, behauptet dagegen: "Das ist ja auch keine Wahlwerbung, sondern ein Beitrag zur politischen Bildung." (siehe diesen Beitrag der Zeitung Der Standard).

Die Haltung von österreichischen Comiczeichnern und Karikaturisten zu dem Comic ist recht eindeutig. Die Nachrichtenagentur APA befragte einige von ihnen und bekam z.B. von Nicolas Mahler die Antwort, das Heft rufe "Unwohlsein hervor, sowohl inhaltlich wie gestalterisch. Lesefluss ergibt sich keiner, die Texte sind abwechselnd humorfrei belehrend und/oder gehässig. Witz sucht man vergeblich." Die Zeichnungen nennt er "bemüht, aber inkompetent".

Die Comicszene Österreichs reagiert zudem mit einer neu gegründeten Initiative, die von Harald Havas (Fred) ins Leben gerufen wurde: Comics gegen Rechts will zeigen, dass die meisten Comiczeichner anders denken als die Urheber von Der blaue Planet. Auf dem Blog der Initiative sollen möglichst täglich Comics und Karikaturen veröffentlicht werden, die sich gegen rechte Parolen wenden. Auf der Website heißt es:
"Satire ist unser Geschäft, Entlarvung unsere Methode, das Schüren von Feindbildern überlassen wir gerne anderen."

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posted by Thomas um 17:22 | Permalink