Die Welt am Draht, das sind Kommentare, Informationen, Gedanken und natürlich News rund um die Welt der Comics und darüber hinaus.
20.10.2009
Mut zur Lücke 502: Dezember 2009 (Jetzt mit Post!)
(Die monatliche US-Comic-Vorschau)
In Folge der August-Ausgabe von "Mut zur Lücke" ist es zu einer elektronischen Rückmeldung gekommen. Hier ist sie.
Hallo Mut zur Lücke,
Ich möchte mal reklamieren wegen August.
Ihr schrubt im kurzen & kleinen Teil, es müsse sich bei dem Namen der Band in dem Band One Model Nation doch korrekter Weise um Das Modell handeln, und nicht um Das Model, wie von Image Comics behauptet. Doch ist dies leider gänzlich falsch, denn das ist ja doch ganz offensichtlich eine Hommage an den Song "Das Model" der bahnbrechenden deutschen Gruppe Kraftwerk, von deren Album Die Mensch-Maschine aus dem Jahre 1978.
Ich denke, so etwas darf man ruhig wissen oder sollte es doch wenigstens recherchieren als Mensch, der über Popkultur schreibt. Habt Ihr keine Schlussredaktion? Und überhaupt, es scheint mir doch etwas peinlich, wenn man sich erst hinstellt und einen auf dicke Hos?@$$nd ich lese Eure Seite natürlich voll gerne. Das ist echt klasse, was Ihr da so schreibt, einfach Spitze. Macht unbedingt weiter so!
Viele liebe Grüße,
Euer treuer Leser,
Bruno
Lieber Bruno,
Vielen herzlichen Dank für Deinen engagierten Brief, den wir hier aus Platzgründen leider u.a. leicht kürzen mussten - selbstverständlich, ohne dabei den Sinn grob zu entstellen.
Trotz allem kommt man natürlich nicht ganz umhin zu sehen, dass Du gar nicht so falsch liegst. Zu unserer Verteidigung können wir aber sagen, dass Erdmöbel das Fehlerchen auch schon passiert ist, und die sind sogar Musiker. Natürlich haben auch Deine Worte der Ermutigung in der Redaktion viel Freude ausgelöst - Deine Botschaft ist bei uns angekommen, wie Du sicher noch merken wirst!
Ihr seht, liebe Leser, wir sind uns auch für Kritik nicht zu schade. Wenn Ihr - wie der Bruno - also auch mal den Eindruck gewinnt, dass sich bei uns irgendwo der Fehlerteufel eingeschlichen haben könnte, dann schreibt uns doch einfach mal. Wir freuen uns über jede Zuschrift, und das heißt ja auch noch nicht automatisch, dass Ihr recht habt.
Wiederhörn,
Euer Mut zur Lücke
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CHIMICHANGA #1
Albatross Exploding Funny Books, Heft, $ 3.00
Eric Powell (The Goon) schreibt und zeichnet eine neue Serie. Die soll diesmal auch für Kinder geeignet sein, ist benannt nach einem frittierten Burrito gefüllt mit Hackfleisch, Bohnen und Reis und dreht sich um ein kleines Mädchen mit Vollbart.
Manchmal schreiben sich diese Dinger von selber.
Die Idee für Chimichanga war ursprünglich für eine Zeichentrickserie gedacht. Daraus wurde zwar nichts, aber Powell stellte immerhin fest, dass seine beiden Söhne die Figuren liebgewonnen hatten, weshalb er das Projekt nun erst einmal als Comic-Roman für die ganze Familie umsetzen will. Für Jeff Smith hat das ja schließlich auch ganz gut geklappt.
Eine weitere Parallele zu Bone ist, dass auch Chimichanga im Eigenverlag erscheint. Das liegt nicht etwa daran, dass Powells Stammverlag Dark Horse die Reihe nicht haben wollte, sondern hat eher nostalgische Gründe. Mit seiner Firma Albatross Exploding Funny Books, wo auch frühe Ausgaben von The Goon erschienen sind, verbindet Powell offenbar jede Menge Schabernack, und so wird sie nun für "kleinere Projekte" wiederbelebt.
Wie "klein" das Projekt Chimichanga denn genau werden soll, darüber gibt's wohl leider noch keine Informationen. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung kann man in diesem Fall trotzdem aussprechen.
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DAYTRIPPER #1 (von 10)
DC Comics/Vertigo, Heft, $ 2.99
Auf die Namen der brasilianischen Zwillinge Fábio Moon und Gabriel Bá stößt man mit zunehmender Häufigkeit, und zwar meistens in Verbindung mit Ausnahmeautoren wie Matt Fraction (Casanova), Gerard Way (The Umbrella Academy) oder Joss Whedon (Sugarshock). Seitdem sie 2003 eine Geschichte zu der auch sonst hochkarätig besetzten Dark-Horse-Anthologie AutobioGraphix beitrugen, treten Moon und Bá auch immer wieder mal als Autoren ihrer Comics in Erscheinung, wie z.B. mit De:Tales, einer Sammlung von Kurzgeschichten.
Mit dem Zehnteiler Daytripper, die im Dezember bei Vertigo startet, brechen die beiden nun in neue Sphären auf und nehmen ihre erste eigene abendfüllende Erzählung in Angriff. Der in der Heimat der Südamerikaner spielende Comic dreht sich um Brás de Oliva Domingos, der sich als Autor von Nachrufen durchschlägt und sehr mit seiner Existenz hadert. Denn er würde nicht nur viel lieber ganz andere Sachen schreiben, sondern sieht sich in dieser Absicht auch noch dadurch gehemmt, dass er ständig im Schatten eines erfolgreichen Vaters steht.
Nanu, wundert man sich im ersten Moment, das klingt jetzt schon stramm nach Literatur, Künstlerroman, französischem Rotwein und so Sachen: Ärnsthaftigkeit, mit großem Ä. Aber keine Bange, auch Genre-Aficionados können sicher sein, auf ihre Kosten zu kommen. Bereits in der Ankündigung steht festgeschrieben, dass die erste Ausgabe mit einer Überraschung aufwartet, die weder die Hauptfigur kommen sieht, noch das Publikum. Das Undenkbare bleibt also unvermeidlich, und Vertigo bleibt Vertigo.
Kleine Zugeständnisse an den Markt hin oder her: Das klingt immer noch alles erfrischend leise und anders als man es von Vertigo gewohnt ist. Es wäre schon eine herbe Enttäuschung, wenn Daytripper nicht zumindest einer der interessantesten Comics des scheidenden und des kommenden Jahres werden sollte.
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HUMAN TARGET: CHANCE MEETINGS
DC Comics/Vertigo, Paperback, $ 14.99
Nochmal Vertigo, und nochmal ein eher untypisches Projekt: ein introspektiver, leicht angeschrägter Agententhriller, der mehr an Zwischenmenschlichkeit als am Action-Spektakel interessiert ist.
The Human Target wurde ursprünglich 1972 von Len Wein und Carmine Infantino als weiterer Bewohner des DC-Universums geschaffen. Zu sehen war die Figur vor allem in einer sehr überschaubaren Zahl von Zweitgeschichten - zunächst ausgerechnet in Action Comics, später dann in Detective Comics, was zumindest dem Titel nach etwas angemessener war.
Bei der "menschlichen Zielscheibe", alias Christopher Chance, handelt es sich nämlich nicht um einen Superhelden, sondern um einen Privatdetektiv und Leibwächter mit besonderer Methode: Er nimmt die Identität seiner Klienten an, um Gefahren gleich ganz auf sich selbst zu lenken. Anfang der 1990er brachte dieser unorthodoxe Ansatz der Figur sogar eine kurzlebige TV-Serie ein, mit Rick Springfield in der Hauptrolle.
Dass die akribische Aufgabe der eigenen Identität als modus operandi auf Dauer für das Ich nicht unbedingt gesund sein muss, darüber machte sich vor zehn Jahren dann der irische Exzentriker Peter Milligan Gedanken. Er erfand die Figur neu für eine vierteilige Vertigo-Miniserie, gezeichnet von Edvin Biukovic. Für den Kroaten sollte Human Target eine seiner letzten Arbeiten werden - Biukovic verstarb noch im selben Jahr auf tragische Weise, im Alter von 30 Jahren und nur zwei Wochen, nachdem man bei ihm einen Gehirntumor festgestellt hatte.
Milligan nahm drei Jahre später einen erneuten Anlauf. Er erdachte die abendfüllende Comic-Novelle Human Target: Final Cut und startete bald darauf eine fortlaufende Monatsserie - beides mit Javier Pulido, aus dessen Strich sich u.a. Steve Ditko als großes Vorbild ableiten lässt. Die Kritiken fielen gut bis überschwänglich aus, doch wie bei vielen Vertigo-Serien nach der Jahrtausendwende brachen bei Human Target die Verkaufszahlen ein und konnten auch nicht durch den Absatz von Sammelbänden kompensiert werden. Nach 21 Ausgaben war 2005 Schluss.
Dass das Material nun neu aufgelegt wird, liegt wohl vor allem daran, dass im Januar eine neue Fernsehserie startet, die angeblich auf Milligans Version des Stoffs basiert. Im ersten Band sollen die Miniserie von 1999 und der Einzelband von 2002 enthalten sein. Ob weitere folgen werden, steht offenbar noch nicht fest. Wer's nicht abwarten will, kann sich auf die Suche nach den beiden ersten - und bisher einzigen - Sammelbänden der regulären Serie machen, Strike Zones und Living in Amerika.
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PHONOGRAM, VOL. 2: THE SINGLES CLUB
Image Comics, Paperback, $ 14.99
Als der britische Videospiel- und Musikjournalist Kieron Gillen und sein Landsmann Jamie McKelvie vor zwei Jahren mit Phonogram antraten, konnten sie eher mit Ideen überzeugen als mit einer besonders mitreißenden Geschichte: Die Story des "Phonomancers" David Kohl, die was mit Britpop und Nostalgie und der Magie der Musik zu tun hatte, war zwar gut erzählt, irgendwie frisch und füllte eine Nische, die bis dahin noch keiner entdeckt hatte - wirkte aber anderserseits auch zu kopflastig, um aus dieser Nische heraus ein größeres Publikum anzusprechen.
Die Nachfolgereihe beschränkt sich nun nicht mehr auf Schwarzweiß, und auch inhaltlich wird's wesentlich bunter: Jede der sieben Einzelausgaben von Phonogram: The Singles Club erzählt die Geschichte derselben Nacht im selben Club, jedesmal aus der Sicht einer anderen Figur. Die Handlung ist dadurch weniger komplex und doch vielschichtiger geworden. Wie ein guter Popsong wird jede der sieben Charakterstudien in Stimmung, Rhythmus und Tonlage von einem starken Thema bestimmt, das uns alle irgendwie angeht. Phonogram dehnt sich im zweiten Anlauf aus in Breite und Tiefe - und ist gleichzeitig zugänglicher als noch der erste Band Rue Britannia. Das kann nicht jeder.
Was das "schwierige zweite Album" angeht, darf man Gillen und McKelvie also gratulieren, denn The Singles Club ist in jeder Hinsicht eine gelungene Weiterentwicklung. Wer nun mit dem Sammelband liebäugelt, sollte allerdings wissen, dass die "B-Seiten" - d.h. Zweitgeschichten mit anderen Zeichnern, ein Glossar und ausgiebige "Liner Notes" über die Entstehung des Comics und dessen musikalische Einflüsse - nicht mit enthalten sein werden, sondern aus kommerziellen wie ästhetischen Gründen vorerst nur in den sieben Einzelausgaben von The Singles Club zu finden sind.
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ZURK & NEILK
Blackest Night: The Flash #1 (von 3): Mmmf grmbl ngh brrr. Hlllp Flsh! Pfffffft. (DC)
Captain America: Who Will Wield the Shield? (Einzelheft): Werden da sein zwei Kapitan Amerikas? Werden Bucky gehen zuruck zu sein die Winter Soldat? Werden Ed Brubaker den Hai gesprungen sein in die großer Teich von der Komik Wundersam? Was will passieren, Schweinehund? (Marvel)
Conan the Cimmerian: The Weight of the Crown (Einzelheft): Darick Robertson wollte mal was barbarisches machen, mit Blut, Gewalt und dreckigem Sex. Damit er neben The Boys auch mal was anderes sieht. (Dark Horse)
The Creeper by Steve Ditko (Hardcover): Man vergisst ja manchmal, dass Steve Ditko nach Spider-Man und Doctor Strange auch noch andere Figuren geschaffen hat. Den Schattigen Wechselbalg zum Beispiel. Das Hörnchen-Mädchen. Den Schnellball. Oder eben auch den Kriecher. Man vergisst ja manchmal, dass Steve Ditko nach Spider-Man und Doctor Strange auch noch andere Figuren geschaffen hat. (DC)
Dead Romeo (Paperback): We're not gonna take it, no! we're not gonna take it, we're not gonna take it - anymooore. Der Sohn von dem, der das gesungen hat, hat früher mal eine Comic-Kolumne für The Pulse geschrieben und denkt sich jetzt auch Comics aus. (DC)
Doc Savage: Silver Pyramid (Paperback): Weil Brian Azzarello den Doctor ja bald abstauben wird, hat man bei DC mal gaaanz tief in den Archiven gekramt ... und das hier gefunden. Gezeichnet von den Kubert-Brüdern, bevor sie weniger schlecht wurden. Mit ein bißchen Glück merkt's keiner bis die erste Auflage weg ist. (DC)
Fall of the Hulks (Großes Ereignis): Bmm. Kptt. (Marvel)
Garth Ennis' Battlefields: Happy Valley #1: Krieg und Garth Ennis gehören zusammen wie Bambi und Preiselbeeren. (Dynamite)
Hellblazer: Pandemonium (Hardcover): Trotz aller Widrigkeiten, womit eigentlich nur Keanu Reeves gemeint ist, wird die Figur John Constantine bald 25 Jahre alt. Sein Papa Alan Moore mag nichts mehr mit ihm zu tun haben, was sicher schlimm für ihn ist; die "original graphic novel", die er von DC zum Geburtstag spendiert bekommt, tröstet den Kettenraucher von der Insel vielleicht ein bißchen. (DC/Vertigo)
Hellboy: The Bride of Hell (Einzelheft): Irgendwas über Hölle und Schwefel in Frankreich von Mignola und Corben. (Dark Horse)
Incorruptible #1: Das erstaunlichste an Mark Waids jüngsten Superhelden-Eskapaden bei Boom! Studios ist, dass er tatsächlich zu glauben scheint, damit was total Neues zu machen. In Irredeemable #1 gab's einen sooo langen Artikel von Grant Morrison (soooooo lang!), in dem der sonst eigentlich relativ zurechnungsfähige Schotte Irredeemable so hoch in den Himmel lobt, dass es glatt jemanden totschlagen könnte, wenn's bei nüchternem Betrachten wieder zurück auf den Boden der Tatsachen kracht. Außerdem regt sich Morrison über diese furchtbaren Leute im Internet auf, die sich erdreisten, nicht alles auf Anhieb geil zu finden, was der Meister mit seiner Muse gesegnet hat. Und an anderer Stelle im Heft beschwert sich der Waid selber auch noch darüber, dass Fans ihn in eine Schublade stecken wollen. DANN HÖRT AUF RUMZUHEULEN UND GEBT EUCH HALT MAL MÜHE, IHR LUSCHEN IHR! (Boom!)
JSA All-Stars #1: Tschk tschk tschk. Tschk tschk tschk. Tschk tschk tschk. Wwwmmm! (DC)
The Last Days of American Crime #1: "In einer nicht allzu fernen Zukunft plant die US-Regierung als letzte Verteidigung gegen Terrorismus und Verbrechen insgeheim, ein Signal zu übermitteln, welches es unmöglich macht, bewusst gegen das Gesetz zu verstoßen." Da sollten wir uns in Deutschland mal ein Schäuble von abschneiden, meine Damen und Herren. (Radical)
The Muppet Show #1: Roger Langridge rockt. Der hat schon bei Fin Fang Foom gerockt, bei Fin Fang Four hat er immer noch gerockt, und wenn er bei der Muppet Show jetzt auf einmal nicht mehr rockt, dann würde ich mir mal ernsthaft darüber Gedanken machen, ob das Rocken an und für sich überhaupt noch zeitgemäß ist. (Boom!)
Political Power: Horst Seehofer (Einzelheft): Nein, ein Scherz. Der richtige Titel ist Political Power: George W. Bush. (Bluewater)
Siege: The Cabal (Einzelausgabe): Hhhh ... Hhhh ... Hhhh ... H-Tschhh!!! (Marvel)
The Unwritten, Vol. 1: Tommy Taylor and the Bogus Identity (Paperback): Wieder einer von den Vertigo-Comics, die so verdammt billig sind, dass man sie nicht kaufen will, um kein schlechtes Gewissen zu bekommen. (DC/Vertigo)
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist der Ausweg des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Leichte Feuchtigkeit stellt keinen Mangel dar. Der frühe Wurm macht den Vogel satt.Labels: Mut zur Lücke, US-Comics
posted by Marc-Oliver Frisch um 20:57 | Permalink
13.08.2009
Mut zur Lücke 500: Oktober 2009 (Jubiläumsausgabe mit Lederbreilöffel!)
(Die monatliche US-Comic-Vorschau)
Der Schwurbel staut sich.
Einen Monat lang, meistens, und dann kommt er raus. Das heißt, zuerst kommt jetzt ja immer die Vorschau vom Schwurbel, und dann erst der ganze Schwurbel. Von den großen Verlagen und den kleinen, und so. Es steht gar nicht viel drin, im Schwurbel, aber viele bunte Bilder hat er, und tausend dünne Seiten, und er ist schöner als wenn die Comics dann endlich da sind. Genau wie beim Christkind ist das, und die Comics ohne den Schwurbel, das wäre wie Allerheiligen ohne Schokoladennikoläuse bei Edeka im Sonderangebot. Aber so ist das halt mit dem Schwurbel und der Marktwirtschaft. Das kann man sich nicht aussuchen.
Außer natürlich, wenn man's rechtzeitig vorbestellt.
Dies ist der Schwurbel über den Schwurbel, für Vorbesteller.
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COWBOY NINJA VIKING #1
Image Comics/Shadowline Comics, Heft, $ 3.50
Sagen wir mal so: Von Autor A.J. Lieberman hätte ich diesen Comic eher nicht erwartet. Bisher ist Lieberman nämlich eher mit weitgehend innovationsresistenten Geschichten aus dem DC-Universum aufgefallen, deren Ziel es war, treue Komplettisten nicht mit plötzlichen Ausbrüchen von Kreativität zu erschrecken. Am Ende merkt noch einer, dass er seit zwölf Jahren Batman: Gotham Confidential Declassified im Abo hat - die Konsequenzen für den US-amerikanischen Comicmarkt wären verheerend.
Und nun also eine Serie über einen sogenannten "Trilling": einen Spezialagenten mit multipler Persönlichkeitsstörung, der die Welt von seinen zu Attentätern gehirngewaschenen Ex-Kollegen retten soll. Codename: Cowboy Ninja Viking. Da muss sich bei Herrn Lieberman wohl einiges aufgestaut haben während seines schweren Frontdienstes in den Schützengräben des kalkulierten Mittelmaßes. Jedenfalls ist das Konzept der Serie solcher Gestalt, dass man direkt sagen kann, ob man interessiert ist oder eher nicht. Wen die Beschreibung der Reihe nicht auf Anhieb in Verzückung versetzt, der braucht sich die vier Vorschauseiten gar nicht mehr anzusehen.
Zeichner Riley Rossmo macht seine Sache schon mal ganz gut. Wie etwa auch Casanova oder The Great Unknown kommt der Comic in Schwarzweiß plus Highlight-Farbe daher. Schöner Einfall: Die Sprechblasen werden, je nach gerade vorherrschender Persönlichkeit, wahlweise durch ein Samurai-Schwert, einen Colt oder eine Kriegsaxt gekennzeichnet. Das hört sich alles ähnlich verquarzt an wie Chew, und wenn Cowboy Ninja Viking nur halb so gut ist, lohnt sich das Reinschauen auf jeden Fall.
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PLANETARY #27
DC Comics/WildStorm, Heft, $ 3.99
Wenn die Hölle zugefriert, dann kann das nur daran liegen, dass Elijah Snow endlich dort angekommen ist. Nach knapp elf Jahren werden Autor Warren Ellis und Zeichner John Cassaday im Oktober ihr gemeinsames Opus Magnum Planetary wohl tatsächlich gebührend in die ewigen Jagdgründe befördern, mit der lange angekündigten Epilog-Ausgabe #27.
Die Veröffentlichungsgeschichte der Reihe begann, zunächst monatlich, Anfang 1999. Schon nach dem dritten Heft gab es dann immer wieder mal kurze Verzögerungen - bis mit der #15 Mitte 2001 dann für zwei Jahre komplett Schicht im Schacht war. Ab 2003 ging's dann sehr sporadisch weiter, und im Herbst 2006 erschien mit #26 das letzte "reguläre" Heft. Bis Planetary #27 also letztlich - so Gott will - gedruckt und ausgeliefert ist, werden nochmal etwa drei Jahre ins Land gegangen sein.
Gründe für die Unterbrechungen gab es viele. Mal musste Ellis aus gesundheitlichen Gründen Prioritäten setzen; mal war Cassaday mit Projekten wie Captain America, I Am Legion oder Astonishing X-Men beschäftigt; mal wurde Ellis' Festplatte, samt Manuskripten, vom Hund gefressen (oder so ähnlich). Die Form des Autors durchlief dabei so manche Höhen und Tiefen, so hatte man den Eindruck, während Cassaday oft überragend und gelegentlich auch mal nur ziemlich klasse war.
Planetary ist einerseits eine mit fast wissenschaftlicher Akribie betriebene Ausgrabungsstätte der Ursprünge eines von Ellis immer wieder als kannibalisches Monstrum bezeichneten Genres, andererseits eine mit viel Nostalgie und immer auch ein bißchen Spucke im Mundwinkel vorgebrachte Erinnerung daran, wie die US-amerikanische Comic-Landschaft heute aussehen könnte, wenn sie nicht in Folge des Selbstzensur-Wahns der Branche in den 1950er Jahren komplett von den bunt kostümierten Übermenschen vereinnahmt worden wäre.
Unterm Strich bleibt eine der wichtigsten und besten Superhelden-Reihen nicht nur des 21. Jahrhunderts, bissig und pointiert geschrieben von Ellis, und grandios bis atemberaubend realisiert von John Cassaday. Ich wünsche der Serie und ihren Figuren viele Nachdrucke und keine Fortsetzung - außer vielleicht mal in 100 Jahren, wenn ein neuer kreativer Comic-Archäologe sich daran macht, die Schätze der Vergangenheit auszugraben und in einem neuen Licht abzustauben.
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STUMPTOWN #1
Oni Press, Heft, $ 3.99
In den letzten zehn Jahren haben US-amerikanische Comics einen qualitativen Quantensprung gemacht. Noch nie gab es so viele Autoren und Zeichner, die auf so hohem handwerklichen Niveau Geschichten erzählten, wie das heute der Fall ist - von den Produktionsstandards bei Farbgebung, Lettering und Druck ganz zu schweigen.
Gleichzeitig muss man aber den meisten Redakteuren und Autoren leider immer noch bescheinigen, dass sie zwar solide Handwerker sind, aber letztlich zu sehr den starren Formeln ihrer Genres folgen, eher den Plot als die Figuren in den Mittelpunkt stellen und deshalb nur selten wirklich mit ihren Kollegen aus Prosa, Film und Fernsehen konkurrieren können.
Einer der wenigen, bei denen das anders ist, ist Greg Rucka, der seine Brillanz vor allem mit Queen & Country und Whiteout bewiesen hat. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen, ist für Rucka nicht allein die Handlung ein Mittel, Spannung zu erzeugen und seine Leser zu überraschen, sondern er schafft das vor allem über seine Figuren.
Heldinnen wie die Geheimagentin Tara Chace oder die Polizistin Carrie Stetko funktionieren in erster Linie, weil sie glaubwürdige, dreidimensionale Protagonistinnen sind. Sie fesseln, weil ihr Handeln nicht stur den Anforderungen eines Genres oder Plots folgt, sondern stets Produkt und Teil einer authentischen Figur ist.
Kurzum: Man nimmt Ruckas Figuren ab, wie sie handeln, was wiederum ständig Einblicke erlaubt, die nicht nur etwas über die Figuren selbst verraten, sondern über das menschliche Dasein an sich. Das ist große Kunst, und es macht die Comics von Greg Rucka zu großartiger Unterhaltung.
Die Krimiserie Stumptown - der Titel geht auf den Spitznamen für Ruckas Wahlheimat Portland zurück - dreht sich um die Privatdetektivin Dex. Der Comic, den Rucka als seine "Ode an The Rockford Files" (dt. Detektiv Rockford - Anruf genügt) beschreibt, wurde schon vor Jahren das erste mal angekündigt, musste aber immer wieder hinten anstehen, weil der Autor zu sehr bei DC eingespannt oder mit dem Schreiben seiner Romane beschäftigt war.
Sollte die von Matthew Southworth im betont "schattigen" Noir-Stil gezeichnete Serie diesmal wirklich erscheinen, darf man sich wohl wieder auf hochklassige Unterhaltung freuen. Einen Vorgeschmack gibt's hier.
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KURZ & KLEIN
Astro City: Astra Special #1 und #2 (von 2): Auch bei Comic-Verlagen sind ganz schlaue Füchse am Drücker: Eine 44-seitige Geschichte, die vor einem Jahr noch als Einzelheft für $ 3.99 herausgekommen wäre, erscheint nun in zwei Teilen à 22 Seiten, für jeweils - genau: $ 3.99. Sitten sind das, wie kurz nach der Euro-Einführung. (DC/WildStorm)
Azrael #1: Nein, es geht weder um Gargamels Katze noch um die Adaption eines schlechten Wolfgang-Hohlbein-Romans, sondern um eine Neuauflage des Ersatz-Batmans, der ja damals, Anfang der '90er einmal ... Ach du liebe Zeit, was trägt der da auf dem Rücken ...?! (DC)
Batman: Widening Gyre #3 (von 6): Gut, der Sienkiewicz (ausgesprochen wie "Miller") wird bei dem Titelbild sicher gedacht haben, "Watt soll ett, Hooptsache icke happ meen Spass und die Knete stümmt, wa?" Jüngere Leser müssen allerdings zum besseren Verständnis wissen, dass Kevin Smith früher mal gute Filme und Comics gemacht hat, bevor er sich auf der Suche nach Inspiration zunehmend auf seinen eigenen Bauchnabel fixierte (den er dann freilich zuletzt auch noch aus den Augen verlor). Oder kurz: Boooah nee, jetz' echt? (DC)
Daredevil #501: Es handelt sich hierbei, im Solizitationsjargon, um einen neuen Aufspring-Punkt, denn nach den kataklysmischen Evänten der Ausgabe 500 muss Matt Murdock nun die härteste Dezision treffen, die er je gemacht hat. Im Klartext: Autor Andy Diggle (The Losers) und Zeichner Roberto de la Torre (Ms. Marvel) übernehmen die Serie nach dem Ausscheiden von Ed Brubaker. Monatelange investigative Recherchen haben ergeben, dass mittelfristig eventuell der Kingpin und diverse Ninjas auftauchen könnten. (Marvel)
Dark Reign: The List (die ersten 4 von 8 Einzelausgaben): Wenn Marvels Autoren mal grad nix einfällt, machen sie das, was alle Comic-Leute machen: eine Liste - und zwar nicht irgendeine Liste, sondern eine achtteilige, für vier Dollar das Stück, zu je "48 Seiten", wobei diverse Nachdrucke offenbar mit drin sind. (Marvel)
Deadpool #900: 100 Seiten Gaudi mit: Jason Aaron! Joe Kelly! Fred van Lente! Kyle Baker! ... Rob Liefeld? Die meiste Marvel-Figur der Welt überrundet, nein: zerstört, souverän jede Konkurrenz. (Marvel)
Doctor Voodoo: Avenger of the Supernatural #1: Nein, echt. Mit Autor Rick Remender dürfte man auch den richtigen Mann dafür an der Hand haben, also warum nicht? (Marvel)
The Escapists (Paperback): Brian K. Vaughan, Steve Rolston und Philip Bonds auf dem Roman von Michael Chabon basierende Miniserie, jetzt auch als erschwinglicher Sammelband erhältlich. (Dark Horse)
Haunt #1: Robert Kirkman schreibt, Greg Capullo und Ryan Ottley zeichnen, und Todd McFarlane macht vielleicht auch irgendwas - vielleicht aber auch nicht, jetzt, wo Marvel ihm mit der Marvelman-Geschichte so schlimm den Abend verkotzt hat. (Image)
Hector Plasm: Totentatz (Einzelheft): Keine Ahnung, worum's geht, aber die meinen doch sicher "Totentanz", oder? Und mehr: "Es ist der Nachfolger des Comics, der von Wizard als einer der besten 200 bezeichnet wurde, die während seiner Veröffentlichungsgeschichte herauskamen." Wenn dass mal keine Verkaufsempfehlung ist! (Image)
Iron Man: Iron Protocols (Einzelheft): Der Autor von The Surrogates versucht sich - auf (hoffentlich) kompakten 40 Seiten - an einer Marvel-Figur. Ganz überraschend ist es Iron Man geworden. (Marvel)
Marvel Masterworks: Atlas Era Jungle Adventure, Vol. 1 (Hardcover): Mutlosigkeit kann man Marvels Sammelband-Abteilung definitiv nicht bescheinigen. (Marvel)
One Model Nation (Paperback): Jeder liebt Comics von Rockstars, und deshalb muss jetzt auch der Fronthansel von den Dandy Warhols seinen Senf loswerden. Ich übersetze einfach mal den Vorschautext: "Musik bedeutet Gewalt im Deutschland des Jahres 1977. Während das Land sich noch von den Zerstörungen des Krieges erholt, wehrt sich die Jugend gegen eine unterdrückte Nation [keine Ahnung, steht da halt so]. Ihre einzige Gallionsfigur in dieser brutalen, wohlgekleideten Revolution ist eine Band, die später für immer vergessen werden sollte: Das Model [steht da so, die meinen bestimmt "Das Modell"]." Also: Terror! RAF! Punk! Paralleluniversum! Oder doch nur schlecht recherchierter Tünnef? Schön gezeichnet und designt isses jedenfalls. (Image)
Spider-Man 1602 #1 (von 5): (Dazu fällt mir nichts ein, sorry.) (Marvel)
Strange Tales #2 (von 3): Peter Bagge! Matt Kindt! Michael Kupperman! Tony Millionaire! Jim Rugg! Allerdings doch nicht, wie vom Verlag zunächst angekündigt, auf dem Max-Label, sondern jetzt doch jugendfrei. (Marvel/Marvel Knights)
Sugarshock (Einzelheft): Der mit dem Eisner-Award ausgezeichnete Webcomic von Joss Whedon und Fábio Moon kann ab Oktober auch analog durchgeblättert werden. (Dark Horse)
The Timeless Adventures of the Eternal Warrior (Einzelheft): Paul Grist macht einen auf kosmische Superhelden. Das passt auf den ersten Blick zusammen wie Kakao und Lasagne, aber warum nicht? (Image)
365 Samurai and a Few Bowls of Rice (Paperback): Eine Gräffick-Nowwel von einem gewissen J.P. Kalonji, die in 400 ganzseitigen Panels erzählt (toi, toi, toi) werden soll. (Dark Horse)
Web of Spider-Man #1: Kaine, der schlecht geklonte Spider-Man-Klon, ist wieder da. (Erkennungszeichen: Filzmatte auf dem Kopf und zerfledderte lila Esoterik-Tischdecke um den Hals. Da wusste man immer gleich: aha, der schlecht Geklonte!) Außerdem fand ich beim Umzugskisten-Packen neulich eine noch original versiegelte Schachtel Toffifee mit Ablaufdatum "01.10.2001". Zur Verdeutlichung: Es gibt Kinder, die fließend lesen und schreiben können und noch nicht so lange auf der Welt sind wie diese Toffifees. Als die gemacht wurden (also die Toffifees, nicht die Kinder), da gab's in New York noch zwei Türme, kam auf die Frage "Große Koalition?" im Politikunterricht wie aus der Pistole geschossen "Sechsundsechzig bis Neunundsechzig!" und wir haben alle noch geglaubt, der Ullrich kann radfahren und die Pechstein eislaufen, so lange ist das schon her. Vielleicht nasch ich ja mal eins und warte, bis mir ein Dämon erscheint: als kleiner schwarzer Punkt im Toffifee. Dann weiß ich, dass ich nicht mehr alleine im Raum bin. Hallo? Warum schallt das hier eigentlich immer so? (Marvel)
The Winter Men (Paperback): John Paul Leon zeichnet russische Post-Superhelden. Also Post wie in Apokalypse, nicht Post wie in DHL. The Winter Men ist einer von den Comics, die so gut geredet worden sind, wie sie eigentlich schon rein rechnerisch gar nicht sein können. Auf dem Cover steht bestimmt wieder irgend so ein Einzeiler unter Kollegen: "Bockt voll krassomat. -Warren Ellis", oder so ähnlich. (DC/WildStorm)
X-Men Vs. Agents of Atlas #1 (von 2): Bevor Agents of Atlas mangels Absatzzahlen als Zweitgeschichte zu Incredible Hercules wandert, gibt's einen Zweiteiler, mit dem wenigstens noch schnell ein paar X-Men-Komplettisten angezapft werden sollen. Das bietet sich an, denn die entsprechenden Bohrungen und Rohrleitungen sind ja beim Kunden schon vorhanden. (Marvel)
Der Rechtsweg ist für Links grundsätzlich ausgeschlossen. Die Redaktion weist jede Verantwortung von sich. Sauberkeit und Niveau werden geboten und vorausgesetzt.Labels: Mut zur Lücke, US-Comics
posted by Marc-Oliver Frisch um 14:57 | Permalink
07.07.2009
Mut zur Lücke 001: September 2009
(Die monatliche US-Comic-Vorschau)
Der Direktmarkt. Unendliche Weiten.
Drüben über'n Teich rüber gibt's ein System, das stammt noch aus den Siebzigern, wo das sogar mal Sinn machte damals, ist aber heute total kompliziert, und benachteiligt ja auch vor allem die Fachhändler mit seinem Ausschluss jeglicher Rückgabe, doch was kann man schon tun, wenn man sichergehen will, dass man seine US-Comics dann auch wirklich bekommt, aus diesem dicken Wälzer von Katalog jeden Monat, den man anfangs vielleicht sogar noch aufhebt, damit dann am Ende, wenn man im Laden steht, nix aus ist.
Dann muss man sie halt vorbestell'n.
Dies ist die neue Kolumne für Vorbesteller ...
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BART SIMPSON'S TREEHOUSE OF HORROR #15
Bongo Comics, Heft, $ 4.99
Sammy Harkham, der Redakteur dieser Ausgabe des Simpson'schen Horror-Baumhauses, gibt ansonsten vor allem die Indie-Comic-Reihe Kramers Ergot heraus, weshalb dieses nun im September erscheinende Exponat in Fachkreisen auch liebevoll als "Kramers Ergot 7.5", "Bart Simpson's Ergot" oder "Kramers Treehouse of Horror" bezeichnet wird.
Ihr wollt Kaufargumente?
Hmm ... Sollte jemand wissen, wo's sonst noch einen Comic gibt, der zum Preis von unter fünf Euro mit Sammy Harkham, Kevin Huizenga, Matthew Thurber, C.F., Jordan Crane, Jeffrey Brown, Tim Hensley, Ted May, John Kerschbaum, Will Sweeney, Jon Vermilyea, Dan Zettwoch und Ben Jones aufwarten kann, dann fällt mir sicher noch eins ein.
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CRIMINAL: THE SINNERS #1
Marvel/Icon, Heft, $ 3.50
Im Hause Brubaker weht dieses Jahr ein anderer Wind. Weder Uncanny X-Men noch Daredevil schreibt der Autor aus Seattle noch für Marvel, und auch Brubakers mehrfach ausgezeichnete Arbeit in Captain America scheint ihrem natürlichen Ende nahe. Umso erfreulicher, dass Ed Brubaker im September zusammen mit Zeichner Sean Phillips wieder den fliegenden Wechsel von Incognito zu Criminal vollzieht.
Die ohne Superkräfte oder ähnlichen Schnickschnack auskommende Reihe, in der das Dream-Team der US-amerikanischen Mainstream-Comics ganz abseits des Marvel-Universums seine Mord-und-Totschlag-Geschichten erzählt, bleibt das mit Abstand beste, was beide Herrschaften seit Sleeper abgeliefert haben: ein packender, handwerklich überragend umgesetzter Comic mit faszinierenden Figuren.
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STRANGE TALES #1 von 3
Marvel/Max, Heft, $ 4.99
Die zweite Indie-Comic-Wundertüte im September stammt von Marvel und ist schon seit Jahren in der Mache. Die Redakteure John Barber und Jody LeHeup haben auf 48 Seiten unter anderem Paul Pope, Molly Crabapple, John Leavitt, Junko Mizuno, Dash Shaw, James Kochalka, Johnny Ryan, Michael Kupperman, Nick Bertozzi, Nicholas Gurewich und Jason versammelt.
Und das beste: Über die drei Ausgaben der Serie verteilt kommt endlich auch "Der Unverbesserliche Hulk" von Peter Bagge zur Veröffentlichung. Die ursprünglich als Einzelheft geplante Geschichte sollte bereits im Jahr 2002 als Nachfolger von Bagges The Megalomaniacal Spider-Man erscheinen, doch dann machte Marvel einen Rückzieher und legte das Material auf Eis.
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SWEET TOOTH #1
DC Comics/Vertigo, Heft, $ 1.00
Wer im Englischen dem Sprichwort nach einen "süßen Zahn" hat, den würde man auf Deutsch etwa als "Naschkatze" bezeichnen - und tatsächlich nascht Gus, der Held der neuen Vertigo-Serie Sweet Tooth, auf dem Titelbild einen Schokoriegel.
Was einem zunächst an Gus auffällt, ist aber natürlich sein Geweih. Woher kommt's? Nun, Gus ist wohl einer der ersten Vertreter einer neuen Rasse von Mensch/Tier-Hybriden, die sich nach einer "unerklärlichen Pandemie" als "resistent gegen die Infektion" erwiesen hat. Und darüber hinaus ist er wohl auch so eine Art Kaspar Hauser, denn er ist "in völliger Isolation" aufgewachsen.
Der Werbetext klingt reichlich abgespult und macht neugierig. Autor und Zeichner Jeff Lemire scheint wohl vor allem daran gelegen, was Neues zu machen. Zum freundlichen Einstiegspreis von einem Dollar lasse ich mich dann gerne als Versuchskaninchen abschleppen.
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UNDERGROUND #1 von 4
Image Comics, Heft, $ 3.50
Der Vierteiler von Autor Jeff Parker (der von The Interman und Agents of Atlas) und Zeichner Steve Lieber (der von Whiteout und Gotham Central) verspricht, ein grandioser Action-Thriller der klaustrophobischen Machart zu werden.
Es geht um eine Park-Rangerin in Kentucky, die von ihren Eltern mit dem Vornamen "Wesley" bestraft wurde und vielleicht auch deshalb einen Hang zum Extremsport entwickelt hat: Sie ist nämlich begeisterte Höhlenklettererin. Als gierige Menschen eine Höhle in Wesleys Park zur Touristenattraktion machen wollen, überhitzen sich die Gemüter, es kommt zu einem lauten Knall und die Ereignisse überschlagen sich.
Auf der Website zum Comic gibt's die komplette erste Ausgabe als PDF-Datei in Schwarzweiß zum Probelesen. Die käuflich zu erwerbende Print-Version kommt dann in Farbe. Und treue Leser des Comicgate-Magazins können außerdem in der soeben in München preisgekrönten Nr. 3 nachblättern, denn dort findet sich Steve Liebers siebenseitige Ur-Version der Geschichte. (Wer das Heft noch haben will, muss sich allerdings sputen, denn viele Exemplare sind nicht mehr übrig. Zum Bestellformular geht's hier lang.)
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KURZ & KLEIN
Beasts of Burden #1 von 4: Tierische Gruselkomödie mit Hunden und Katzen, von Evan Dorkin und Jill Thompson. Wird sicher witzig, aber vielleicht lohnt es sich, auf den Sammelband zu warten. Wwwuff. (Dark Horse Comics)
The Brave and the Bold #27: Autor J. Michael Straczynski tritt an, um der absatztechnisch auf verlorenem Posten stehenden Serie neue Impulse zu geben ... mit Batman und ... Wähle H für Held ... tüüüt ... kein Anschluß unter dieser Nummer ... des Grauens!!! MUHAHAHAHA!!! (DC Comics)
High Moon, Vol. 1 (Paperback): Cowboys, Kopfgeldjäger und Werwölfe im Wilden Westen. Der Zuda-Webcomic von David Gallaher und Steve Ellis kommt zu Print-Ehren. Heulen und Zähneknirschen sind garantiert - spätestens wenn man nach der Lektüre dieses Bandes versucht, auf der Zuda-Website zum nächsten Kapitel zu navigieren. (DC Comics/Zuda Comics)
M.O.D.O.K.: Reign Delay (Sonderheft): Der M.O.D.O.K. ist genervt, denn die Umstände zwingen ihn, wieder bei seinen Eltern einziehen. Das Sonderheft von Ryan Dunlavey (Action Philosophers) verspricht ganz großes Kino, da sag' ich jetzt sonst überhaupt nix mehr dazu. (Marvel)
Shang-Chi: Master of Kung-Fu (Sonderheft): Eine Werbebotschaft, wie man sie sich selbst nach einer Überdosis abgelaufener Schnapspralinen nicht hätte erträumen können: "Deadpool gegen Shang-Chi, den unangefochtenen Meister des Kung-Fu ... in einem Kung-Fu-Motorradrennen!" Und zwar in Schwarzweiß, Schweinebacke! (Marvel)
Spider-Man: The Clone Saga #1 von 6: Wie wäre die Klon-Saga verlaufen, wenn die damaligen Autoren freie Hand gehabt hätten? Was wäre, wenn Tom DeFalco einen Vertrag auf Lebenszeit mit Marvel hätte, der ihm Aufträge zusicherte? Und was macht eigentlich Howard Mackie so? ... Hallo? ... Hallo? (Marvel)
Spider-Woman #1: Die Serie von Brian Michael Bendis und Alex Maleev wird immer gerne mal wieder angekündigt, um dann von irgendeinem anderen, wichtigeren Projekt verdrängt zu werden. Es ist das Chinese Democracy der Superheldencomics. (Marvel)
Star Trek: Romulans - Schism #1: John Byrne, auch bekannt als Früher-war-der-aber-besser-Byrne, ist doch irgendwie auch so ein Netzpionier. Schon seit Jahren fällt er eher mit peinlichen Kommentaren im Internet auf als mit neuen Comics - aber er macht noch welche, auch wenn's meistens keiner merkt. (IDW Publishing)
Superman: Secret Origin #1 von 6: Ja mei, was draufsteht, halt. Geoff Johns und Gary Frank verpassen der Figur eine neue Eisprungsgeschichte, Verzeihung, Ursprungsgeschichte. Spannend vor allem, ob das jetzt noch "post-Crisis" oder schon wieder "pre-Countdown" stattfindet, und ob der Superboy von "Earth-12" jetzt nach der außergerichtlichen Einigung wieder bei seinem Namen genannt werden darf. Wir empfehlen daher: strikte Geheimhaltung. (DC Comics)
Thor Annual #1: Thor hatte mal 'nen Hammer, den schwang er immer strammer ... äh. Noch so ein Thor-Sonderheft vom irischen Exzentriker Peter Milligan, wollte ich sagen. Keine Ahnung warum und wieso, aber - wie schon Helmut Kohl wusste - 'nem geschenkte Gaul schaut ma' net ins Maul. (Marvel)
Ultimate Comics: Armor Wars #1 von 4: Auch nach dem Neustart der kommerziell gestrandeten Ultimate-Serien hält Marvel an seiner Strategie fest: Wenn wir's auf den Markt schmeißen, wird's schon einer kaufen. Warren Ellis ist nichts vorzuwerfen, der braucht das Geld für Zigaretten und Red Bull. (Marvel)
Die Meinung des Autors spiegelt nicht den Text wider. Alle Rechte sind frei erfunden. Nachdruck nur schriftlich.Labels: Mut zur Lücke, US-Comics
posted by Marc-Oliver Frisch um 16:30 | Permalink