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23.01.2010

Surrogates: Das schreiben die anderen
(Eine kleine Presseschau)

Seit Donnerstag im Kino: Die erste Comicverfilmung des laufenden Jahres, Surrogates - Mein zweites Ich, basierend auf dem Comic The Surrogates von Robert Venditti und Brett Weldele. Die Hauptrolle in dem dystopischen SF-Krimi spielt Bruce Willis, Regie führte Jonathan Mostow (Terminator 3). Bei Comicgate wurde zwar die Vorlage besprochen und die beiden Macher interviewt, wir hatten aber noch keine Gelegenheit den Film zu sehen. Deshalb an dieser Stelle ein kurzer Überblick darüber, was anderswo über die Verfilmung geschrieben steht.

Christian Meyer (film-dienst) zeigt sich begeistert von der Comicvorlage, aber enttäuscht vom Film: "Der Film ist ?comichafter? als der Comic", schreibt er und zieht sehr interessante Vergleiche:
"Der Film arbeitet vor allem mit Vereinfachungen und Klischees, was sowohl die Figurenzeichnung und die Handlung als auch die ästhetische Oberfläche und die ideologische Ausrichtung betrifft. Der Comic entfaltet einen spannenden Diskurs über die Vor- und Nachteile der Surrogaten."
Außerdem analysiert Meyer den vielleicht wichtigsten Unterschied zwischen Comic und Film: der Comic erschien beim Independent-Verlag Top Shelf, der für Autorencomics steht, die Verfilmung stammt hingegen von der Disney-Tochter Touchstone Pictures und unterliegt damit den Gesetzen des Mainstream-Markts.

Auch Spiegel-Online-Autor Jörg Böckem verweist auf die fehlende Werktreue, was allerdings auch seine guten Seiten habe:
"Mostow benutzt die Vorlage eher als Quelle für Ideen und Charaktere, als dass er sie stringent verfilmt. Das ist grundsätzlich in Ordnung: Zu sklavische Originaltreue, das hat zuletzt Zack Snyders Watchmen bewiesen, gereicht einer Comicverfilmung nicht immer zum Vorteil. Und auch Robert Rodriguez wusste bei Sin City - trotz großartiger Bilder und Darsteller - Frank Millers wunderbaren Werk letztendlich nichts hinzuzufügen."

Moritz Honert und Lars von Törne stellen im Tagesspiegel ebenfalls gravierende Unterschiede fest, ziehen aber ein positives Fazit:
"Film und Buch funktionieren jeweils für sich ? und jeweils hervorragend. Das von Klassikern wie Blade Runner inspirierte Buch besticht durch raue, oft schemenhafte Zeichnungen und durch eine beeindruckende Dichte und erzählerische Wucht. Weldeles kunstvolle Bilder, die neben oft nur angedeuteten Linien viel mit Farben, Strukturen und abstrakten Elementen arbeiten, lassen eine Verfilmung mit wackliger Handkamera erwarten.
Doch weit gefehlt: Der Film, den Regisseur Mostow auf der Grundlage von Surrogates gedreht hat, ist durchgestylt, visuell wie dramaturgisch bestechend, aber lässt trotz seiner glatten Oberfläche viel Raum für die Entwicklung von interessanten Charakteren und für eine komplexe Handlung."

Bei Telepolis verzichtet Stefan Höltgen auf Bezüge zur Comicvorlage und konzentriert sich in seinem elaborierten Text auf das Zukunftsszenario, das der Film präsentiert:
"Mit Programmen wie 'Second Live' und neuerdings multifunktionalen Sex-Robotern und Versuchen perfekter äußerlicher Roboter-Imitate [...] ist Surrogat-Technologie zu einem sozialen Phänomen geworden, dessen Möglichkeiten und Schädlichkeiten die Meinungen teilt. Wie sensibel Surrogates auf diese Spaltung reagiert und kontemporäre Phänomene in die nahe Zukunft prolongiert, ist gleichermaßen unheimlich wie genial."

US-Kritikerpapst Roger Ebert attestiert Surrogates ein gutes Knozept und viele interessante Ideen, die jedoch allzu schnell verschenkt werden, weil der Film sehr bald dazu übergeht, ein Action-Spektakel sein zu wollen:
"Unfortunately, Surrogates, while more ambitious than it has to be, descends into action scenes too quickly. Why must so many screenplays reduce their ideas to chases and shoot-outs? The concept here, based on a graphic novel by Robert Venditti and Brett Weldele, would lead naturally to intriguing considerations."

Rochus Wolff (critic.de) findet dagegen nicht, dass allzu viel Action vorherrscht:
"[Action-Szenen] bleiben eher die Ausnahme; die Handlung konzentriert sich auf das Whodunnit. Für dessen Auflösung kann der Film allerdings leider nur wenig Interesse wecken, dafür bleiben die einzelnen Figuren zu stereotyp und die Brisanz der Ermittlungen bis kurz vor Schluss zu vage."

Auch für Julian Unkel von Filmstarts.de bleibt die Verfilmung unter ihren Möglichkeiten.
"Surrogates beginnt mit einer stimmungsvollen [...] Introsequenz, die kurz und bündig erläutert, wie sich die Gesellschaft durch Surrogates verändert hat. Auch werden hier bereits einige Fragen über die Implikationen einer durch Stellvertreter erlebten Realität aufgeworfen. Wie wirkt sich dies etwa auf Sex und Fortpflanzung, auf Kinder und Erziehung aus? Auf Antworten wartet man jedoch vergebens, da die Autoren [...] die Grundidee kaum weiterentwickeln und lediglich für oberflächliche Kritik an der fortschreitenden Realitätsflucht und Technologieabhängigkeit nutzen."

Charlie Jane Anders vom Science-Fiction-Blog io9 stört sich vor allem daran, dass der Film seine Botschaft, die Kritik an übergroßer Abhängigkeit des Menschen von der Technik, so überdeutlich vor sich her trägt:
"The movie definitely wants you to know that excessive reliance on technology is bad and wrong ? it's one of the preachiest films I've seen in ages, and it's by no means subtle. Willis' character starts out being opposed to the use of robotic "surrogates," and his conviction rapidly hardens. Meanwhile, we are lectured constantly about the evil of using robot bodies to interact instead of communing in the flesh."

Man scheint also, so sind sich die Kritiker ziemlich einig, nicht viel zu verpassen, wenn man auf den Kinobesuch verzichtet. Die Comicvorlage ist hier wohl die eindeutig bessere Alternative.

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posted by Thomas um 17:32 | Permalink