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Comic Action 2015

Jeden Herbst eröffnet in Essen die weltgrößte Brettspielmesse SPIEL, und in deren Schatten hat sich klein, aber zuverlässig die Comic Action etabliert. Zwar war sie nie eines der großen Comic-Events, dennoch hat sie sich einen gewissen Ruf bei Teilnehmern und Besuchern erarbeitet. Doch obgleich auch dieses Jahr die ganze Veranstaltung einen sehr herzlichen Charme besaß, täuschte das nicht darüber hinweg, dass es im Getriebe etwas knirschte und man sich Sorgen machte, wie es mit der Comic Action weitergehen würde. 

Was gab es überhaupt zu sehen? Vor allem Panini beherrschte die Neuheiten-Liste mit diversen Marvel- und DC-Serien. Neben großen US-Marken wie Arrow und Flash trumpfte aber auch die neue Doctor Who-Comicserie auf und überzeugte schon mal mit gelungenen Cover-Postern der letzten vier Doktoren. Dazu gesellte sich Die Toten-Band 2, der komplett neue Geschichten enthält (wer also alle Toten-Geschichten haben will, sollte zusehen, sich die alten Ausgaben von Zwerchfell zu sichern, die abgesehen von Band 1 bei Panini nicht mehr nachgedruckt werden), und der schon länger erhältliche zweite Das Leben ist kein Ponyhof-Band von Sarah Burrini. Passend zu den Toten waren mit Timo Grubing und Susanne Korff-Knoblauch auch gleich zwei der beteiligten Künstler anzutreffen. Ebenfalls als Neuauflage unter Panini-Flagge erscheint Marvin Cliffords Schisslaweng. Zugunsten größerer Panels hat man das Layout überarbeitet, so dass jeder Strip nun bis zu vier statt lediglich zwei Seiten einnimmt. Inhaltlich muss man sich also mit weniger begnügen, das dafür größer daherkommt.

Marvin Clifford und Olaf Neumann hatten sichtlich Spaß am großen Besucherandrang bei Panini.

Marvin Clifford und Olaf Neumann hatten sichtlich Spaß am großen Besucherandrang.

Sarah Burrini; auf der Suche nach der nächsten Skizzenidee?

Sarah Burrini; auf der Suche nach der nächsten Skizzenidee?

Neben den oben genannten Künstlern waren bei Panini auch noch Olaf Neumann (Dogtari), Chad Hardin (Harley Quinn), Scott Koblish (Deadpool), Francis Manapul (Batman, Flash) und Pop Mhan (He-Man & Masters of the Universe) anzutreffen. Beim Gemeinschaftsstand von Splitter, Cross Cult und  Tokyopop/Popcom konnte man neben Felix Mertikat (Steam Noir) und Daniel Lieske (Wormworld Saga) auch noch Apriyado Kusbiantoro & Sytse Algera (Lemuria), Jérome Lereculey (Wollodrin), Gwendal Lemercier (Elfen, Durandal) und Daniel Schreiber (Annas Paradies) antreffen. Nebenan am Stand von Salleck war Philippe Luguy (Tassilo) fleißig am signieren. Vervollständigt wurde die Verlagsrunde von Edition 52 mit Ulf K., André Sedlaczek und Chris Heuer (XANTEN).

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Philippe Luguy am Salleck-Stand

Wer den Weg zur Zeichnerallee gefunden hatte, konnte dort unter anderem die Webcomicler von Astroape, Demolitionsquad, Sachen Gibt’s, Leanders feiner Linie und Dreadfulgate antreffen. Dazu gesellten sich weitere Gesichter wie Rudolph Perez, der zu den alten Hasen der Messe gehört und inzwischen bei Band 4 seiner Commander Cork-Reihe angekommen ist. Traditionell lädt gerade die Zeichnerallee dazu ein, Zeichner, Illustratoren und Künstler sowie ihre verschiedensten Projekte kennenzulernen.

Man merkt es vielleicht schon, diese Comic Action glänzte nicht mit einer sehr großen Ausstellerschar im Comiclager, dennoch war es wieder einmal eine sehr herzliche Veranstaltung. Man konnte überall ein Schwätzchen halten, in den Neuheiten und den diversen Mappenbeispielen blättern und nur wenige Schritte weiter sich mit diversesten Brett- Rollenspielen sowie Nerd-Kram ausstatten. Dennoch war es dieses Jahr längst keine so runde Veranstaltung wie in den letzten beiden Jahren.

Langjährige Aussteller und Besucher sind mit dem Problem schon vertraut. Von Jahr zu Jahr weiß man nie ganz genau, was einen erwartet. Vor drei Jahren war die Standverteilung sowohl für die kostenlose Zeichnerallee (welche für Nachwuchs- und Independentzeichner immer noch eine wichtige Plattform darstellt) als auch für die Verlagsstände, von Panini mal abgesehen, sehr suboptimal gelöst. Vor zwei Jahren war genau das Gegenteil der Fall; bedingt durch Umbauarbeiten und daraus folgender geänderter Hallenaufteilung entstand eine nahezu perfekte Vermischung aus Comic- und Spielemesse. Dieses Jahr war die Positionierung zwar gut gelöst, doch es gab schlicht zu wenig Verlagsaussteller, um eine echte Comic Action zu präsentieren. An einem Hallenende thronte wie gewohnt Panini, umringt von Salleck Publications und dem Comic.de-Gemeinschaftsstand, der Cross Cult, Splitter und Tokyopop präsentierte, am anderen Ende verteilte sich die kleine Zeichnerallee auf zwei getrennte Bereiche. Dazwischen gab es vereinzelt Comichändler. Der Rest war gefüllt mit verschiedensten Rollenspiel-, Tabletop- und sonstigen Angeboten, die mit Comics selbst gar nichts zu tun hatten. Es gelang nicht, zwischen der Zeichnerallee und der großen Panini-Ecke eine Brücke zu schlagen, über die Comicinteressierte flüssig von einem zum anderen gelangen konnten. Edition 52 schlug sich noch wacker nahe der Zeichnerallee, aber das war’s auch schon. Wo früher Stände von Kwimbi, dem Schwarzen Turm und große Händler mit Comicschwerpunkt einen klar erkennbaren Comicbereich bildeten, befand sich dieses Jahr lediglich ein Flickenteppich.

Max Vähling gehört inzwischen quasi zum festen Inventar der Zeichnerallee

Max Vähling von Dreadfulgate gehört inzwischen quasi zum festen Inventar der Zeichnerallee

Dazu kam die unnötige Verwirrung im Vorfeld der Zeichnerallee, ob dieses Jahr Skizzen- oder Heftverkäufe zulässig sind oder nicht. Zwar war vieles von der Aufregung, die darum entstand,  lediglich ein Stille-Post-Effekt, doch wäre es Aufgabe der Messeveranstalter gewesen, hier frühzeitig mit einer klaren Ansage für Gewissheit zu sorgen. Kurz vor Messebeginn wurde dann, wohl aus Sorge um genug Platz, die letzte Hälfte der Anmeldungen für die Zeichnerallee gestrichen. Da aber von den zugesagten Zeichnern naturgemäß auch nicht jeder kam, entstand so am Ende die kleinste Zeichnerallee seit langem, die zudem an einigen Tagen auffallend große Lücken aufwies. Sehr gut zusammengefasst wurde die Problematik auch von Max Vähling an dieser Stelle.

Was bleibt, ist der gute Ruf der Messe. Es wird Zeit, dass die Messeverantwortlichen besonders in ihrer Kommunikation ein paar Maßnahmen ergreifen. Daher hier ein unverbindlicher Vorschlagskatalog, basierend auf Feedback von Zeichnern und Ausstellern, mit dem wir uns so auch an den Merz-Verlag als Veranstalter gewandt haben.

  • Homepage: Die Comic Action präsentiert sich im Netz als neuester Trend à la 1997. Eine vernünftige kleine Homepage mit aktuellen Infos kostet nicht viel und ist rasch aufgebaut
  • Konditionen: Spätestens drei Monate vor der Messe, besser schon ein halbes Jahr vorher, sollten alle (!!!) Bedingungen für die Aussteller und Zeichner bekannt sein
  • Schnelles Feedback: Ein modernisierter Facebook-/Twitter-Kanal oder entsprechende Präsenz in den wichtigen Foren ist hilfreich für kurzfristige Anfragen
  • Kostengünstige Zeichner-/Verlagsstände: Derzeit gibt es nur kostenlose Zeichnerallee-Stände oder (für kleine Verlage) teure Aussteller-Stände. Ein günstiger Aussteller-Stand für Kleinverlage etc. würde die Lücke sehr gut füllen

Folgende Rückmeldungen haben wir vom Merz-Verlag erhalten:

Es wird zum nächsten Jahr definitiv eine neue Homepage für die Comic Action geben, nachdem die Zusammenarbeit mit dem bisher Verantwortlichen dieses Jahr sehr unbefriedigend verlaufen war. Ob es wie gehabt eine separate Comic-Action-Webseite geben wird oder diese in die Verlagshomepage des Merz-Verlags eingegliedert wird, ist noch unklar.

Trotz kleinerer Fläche, war die Zeichnerallee auch dieses Jahr wieder gut besucht.

Trotz kleinerer Fläche war die Zeichnerallee auch dieses Jahr wieder gut besucht.

Die Zeichnerallee ist dieses Jahr nach dem großen Zustrom der letzten beiden Jahre bewusst auf 50 Plätze verkleinert worden. Diese Verkleinerung wurde allerdings verlagsintern schon früh beschlossen. Man ist sich bewusst, dass sie viel eher über die Homepage mitgeteilt hätte werden müssen. Durch die begrenzten Messehallen war die Ausstellermenge von über 100 Zeichnern auf der Zeichnerallee für dieses Jahr nicht machbar. Für das kommende Jahr sind wieder vorerst 50 Plätze geplant, man wird aber prüfen, ob eine Ausweitung auf 75 Plätze machbar ist. Auffällig war dieses Jahr, dass viele Aussteller erst sehr spät eine Anmeldung eingereicht haben, dies betrifft wohl vor allem Händler, die man auf den letzten Drücker noch versucht hat, unterzubringen. Generell ist eine frühestmögliche Anmeldung bis zum Mai des Jahres erwünscht.

Bezüglich der Unklarheiten für Skizzen- und Heftverkäufe geht es dem Aussteller lediglich darum, ausufernde Produktverkäufe, wie sie im vergangenen Jahr von einzelnen Teilnehmern der Zeichnerallee betrieben wurden, zu verhindern. Man bemüht sich darum, dies für das kommende Jahr einfach und direkt mitzuteilen.

Das Herz schlägt für Essen

Bei aller Kritik kann man nicht verleugnen, dass die Comic Action immer noch etwas Besonderes ist. Auf kaum einer anderen Comicmesse ist der Abstand zu den Zeichnern so gering und der Austausch zwischen Lesern und Zeichnern so groß, und wenn es nur um die Frage geht, welche Spiele man sich in einer Standpause unbedingt einmal ansehen sollte. Die große Interessensnähe vom Publikum zur restlichen Messe SPIEL ist einer der großen Pluspunkte in Essen. Für Panini war die Comic Action laut Presse-Manager Steffen Volkmer im übrigen ein großer Erfolg: „Die Messe verlief ganz wundervoll und noch einmal besser als im vergangenen Jahr. Wir konnten an unserem Stand tausende begeisterte Fans begrüßen.“ Ein Eindruck, der auch von den Zeichnern am Stand bestätigt wurde.

Doch aus vergangenen Jahren wissen wir: Das geht noch deutlich besser. Der Ball liegt nun bei den Veranstaltern, sich zu entscheiden. Soll die Comic Action nur noch eine Randnotiz bleiben oder bekennt man sich offen zu ihr? Ein Jahr ist zwar keine Ewigkeit, für eine vergleichsweise kleine Comicmesse aber mehr als genug Zeit, um sich zu entscheiden und seine Strategie zu überarbeiten. So klein sie auch ist, ohne die Comic Action würde hierzulande etwas fehlen.

Wer mehr über die diesjährige SPIEL erfahren will, dem sei Alexanders Vodcast dazu empfohlen. Darin kommt mit Daniel Wüllner auch ein zweiter Comicgate-Redakteur und Spiele-Enthusiast mit Brettspiel-Empfehlungen zu Wort.

Alle Fotos © Alexander Lachwitz/Comicgate

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