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Währenddessen … (KW 8)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Christian: Das Warten hat ein Ende. Zombie Terror 5 klärt uns endlich auf, wie es mit Olaf und der blinden Lydia weitergeht, nachdem sie in einem Schutzbunker auf durchgeknallte Reichsbürger gestoßen sind. Eine gewagte Entwicklung, bedeutet es doch, dass es gerade verkappte Nazis und Wehrsportgruppen sind, die am besten für die Zombie-Apokalypse gerüstet sind, und durch die Katastrophe bestätigt sich auch noch im Nachhinein deren Weltbild.

Das ist auch gleichzeitig das Problem, das ich mit Zombie-Stories habe. Klar wird das Problem in den einschlägigen Serien auch thematisiert, und dass in den Zombie-Stories nicht die lebenden Toten, sondern die überlebenden Menschen der eigentliche Horror sind, ist schon fast ein Allgemeinplatz. Trotzdem: Jede Zombie-Erzählung gibt den Schwachköpfen erst mal recht. Aber das hat auch satirisches Potenzial. Das wichtigste an jeder Zombie-Story ist meiner Meinung nach, dass sie sich der reaktionären und gefährlichen Inhalte bewusst ist, die sie unterschwellig transportiert. Levin Kurio und Roman Turowski haben sich dieser Problematik gestellt und das gezielt zum Thema gemacht. Dabei helfen der derbe Underground-Stil und die schrägen Figuren, dass sich Zombie-Terror nie zu ernst nimmt, aber dennoch spannend bleibt und nicht zur bloßen Parodie wird. Ein echter Glücksfall, dass diese Weißblech-Comics an jedem besseren Kiosk erhältlich sind.

Niklas: Jeder der Yojimbo nicht kennt, hat ihn bestimmt schon einmal in anderer Verkleidung gesehen. Zum Beispiel als Italo-Western Für eine Handvoll Dollar oder dessen inoffizielles Remake Django (ironisch, da ja auch der erste Film der „Dollar-Trilogie“ ein unerlaubtes Remake von Yojimbo war) vielleicht sogar Last man Standing oder dieser Film mit Jean Claude van Damme. Die Handlung dieses Films wurde so oft kopiert, ich bin mir sicher, dass die Blaupause inzwischen fester Teil beliebter Archetypen für Geschichten gehört. Gut so. Das Gerüst ist schließlich zeitlos, das Original sollte man trotzdem gesehen haben, wenn man gute Filme liebt!

Denn Akira Kurosawas Jidaigeki-Film (Filme über Samurais, ähnlich wie Western) ist auch heute noch eine spannende Geschichte über Korruption und stellt das Thema rechtschaffener Gewalt infrage. Die Gewalt geht von einem namenlosen Samurai aus, der es in einer kleinen Stadt mit zwei sich bekriegenden Yakuza-Banden aufnimmt und gegeneinander ausspielt. Er ist vielleicht der einzige kompetente Kämpfer, aber die Gangster sind in der Überzahl und die Hauptfigur muss ja auch essen, also heuert er bei beiden Seiten an und trägt dafür die Konsequenzen …

Der Zynismus des späteren Für eine Handvoll Dollar passt in diesem Film noch mehr, da der Samurai als Klasse noch fester in die japanische Kultur integriert war, als der Revolvermann im Western. Denn wo die Meisterschützen schon vom Konzept her als bezahlte Söldner angelegt sind, so verbindet man mit dem Samurai viel höhere Tugenden. Dazu gehört es auch sich nicht mit schmierigen Elementen wie den Yakuza einzulassen oder sich für eine andere Arbeit als das Kriegshandwerk herzugeben. Yojimbo spielt aber zu einer Zeit, in der das Land nun befriedet wurde und Männer wie die Hauptfigur sich damit abfinden müssen, nicht mehr an der Spitze der Gesellschaft zu stehen, wenn sie kein Geld besitzen. Und um Geld dreht es sich am Ende.

Menschen verraten ihre Liebsten, Beamte lassen sich bestechen und der große Krieger, das Symbol für die perfekte Ordnung, der sich in Schwertkunst und den schönen Künsten üben soll, versucht überall zu kassieren, während er natürlich plant die niederen Menschen zu beseitigen. Doch tut er damit überhaupt etwas Gutes oder gibt er den Krähen nur weiteres Futter? Der Film stellt seine Vorgehensweise am Ende infrage und das Städtchen ist am Ende letztendlich noch leerer als zuvor. Diese zynische, fast schwermütige Note macht Yojimbo noch heute zum besten der „Mann kommt in Stadt und tötet beide Banden“ – Filme. Davon abgesehen sehen die schwarzweiße Optik und die Kostüme fantastisch aus. Ich weiß auf jeden Fall, warum dieser Film noch heute einer meiner Favoriten ist.

PS: Akira Kurosawa hat sich übrigens wohl von Dashiell Hammetts Roman Red Harvest  inspirieren lassen, nur dass er die Zahl der kämpfenden Parteien von fünf auf zwei reduzierte. Das zeigt mal wieder, dass Originalität eine Illusion ist und am Ende die Umsetzung und die thematische Tiefe zählen.

Julian: Die letzte Woche verbrachte ich mit der japanischen Serie Re:Mind, einer Koproduktion von TV Tokio und Netflix. Ein obskures Kleinod, wie es tatsächlich nur aus Japan stammen kann und dessen konsequente Verweigerung derzeitiger westlicher Sehgewohnheiten zu begeistern weiß.

11 japanische Schulmädchen erwachen in einem prächtig ausgestatten Speisesaal. Ihre Köpfe sind mit einem samtenen roten Sack bedeckt, um ihre Hälse liegt ein goldener Strick. Sie alle tragen ihre Schuluniformen und sitzen an einer roten Tafel, die Füße in einer eisernen Vorrichtung im Boden fixiert. Keine von ihnen weiß, wo sie sind, doch sie alle kennen einander. Ein Platz bleibt indes leer und wartet nur darauf, besetzt zu werden.

Abseits der Tafel finden sich zahlreiche Gegenstände wie etwa Schlüssel, Ernest Hemmingways I Guess Everything Reminds You of Something, im Bereich der Gesichter zerkratzte klassische Gemälde, präparierte Tierköpfe sowie auffällig vielen Uhren, die allesamt die falsche Uhrzeit anzeigen. Sobald eine von ihnen läutet, wird sich der Raum kurz verdunkeln und ein Mädchen verschwindet.

Re:Mind widmet sich in 12 Episoden mit einer Spielzeit von knapp 30 Minuten dem Rätsel um die Entführung der elf Schulmädchen. Abgesehen von einer Bonusepisode sowie kurzer Rückblenden spielt die Handlung einzig im besagten Raum und es wird schnell klar, dass trotz des an Dario Argento oder Mario Bava erinnernden Settings, das überdies eine Steilvorlage für einen Torture Porn wäre, auf Dialoge setzt (die zudem einzig auf Japanisch mit dt. Untertiteln vorliegen). Nur langsam erfährt der Zuschauer, was hinter der ganzen Sache steckt und auf welche Weise sich die scheinbar liebenswerten Teenager schuldig machten.

Die Auflösung (bzw., dank Cliffhanger, Teilauflösung) der Serie gestaltet sich weniger innovativ als das Serienkonzept, denn wer sich im asiatischen Film auskennt, dem erschließt sich der moralische Unterbau von Re:Mind spätestens ab der zehnten Episode, was die Spannung der in Echtzeit gedrehten Serie allerdings nicht mindert. Einige der Rätsel bleiben indes ungelöst, was auf eine zweite Staffel hoffen lässt. Sehr gelungen übrigens auch die Filmmusik, die zwischen Synthesizer-, Orchester- und an Joe Hisaishi erinnernde Pianostücken eine düster-melancholische Stimmung erzeugt.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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