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Währenddessen… (KW 33)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Niklas: Im Oktober erscheint der Sammelband der Miniserie The League of Extraordinary Gentlemen: The Tempest, der nicht nur die Reihe abschließen soll, sondern auch als letzter Comic Alan Moores geplant ist. Ich glaube ja nicht, dass der Autor dem Medium für immer fernbleiben wird, das Geld muss schließlich irgendwoher kommen; aber deswegen möchte ich in den nächsten Wochen noch einmal die ganze Reihe betrachten. Denn was als spannender Abenteuercomic begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem von Moores großen Werken gewandelt, ein großer Kommentar über Fiktion, den man entweder liebt oder hasst.

Zeit für einen Blick auf die Anfänge von The League of Extraordinary Gentlemen: Den meisten Leuten, die ich kenne, gefällt der erste Sammelband der Reihe. Nach dem erneuten Durchlesen verstehe ich auch weiterhin, warum. Das ist einfach unterhaltsames Abenteuergarn, in dem Ikonen der Popkultur zusammengeworfen werden und cooles Zeug tun. Sie fliegen, sie schießen, sie prügeln sich im Schatten eines düsteren, viktorianischen Empires und werden eher als bezahlte Assassine denn als klassische Heldenfiguren benutzt. Nichts davon war neu. Pastiches gab es schon seit Jahren, wie zum Beispiel die Anno-Dracula-Romane von Kim Newman, und der Superheld als bezahlter Killer war damals noch in, aber die League ging noch einen Schritt weiter.

Moore verschwieg nicht, dass Figuren wie Kapitän Nemo, Mister Hyde und Der Unsichtbare eigentlich, na ja, Psychopathen sind und dies ein wichtiger Teil ihres jeweiligen Charakters ist. Gewalt ist Teil ihres Lebens und macht ihnen Spaß. Der Held als Konzept wird also mal wieder kritisch betrachtet und ist kaum von den Monstern zu unterscheiden, die er bekämpft. Der erste Band macht deutlich, dass das, was wir als Held bezeichnen, von der Gesellschaft oder zumindest den ausführenden Regierungsorganen definiert wird. Man kann also zwei Dutzend Menschen abschlachten, solange es für die richtige Seite ist, hurra. Erzählt wird das Ganze aber mit viel Ironie und so überzogen, dass einem das Lachen zumindest nicht im Hals stecken bleibt. Was aber nie gut altern wird, ist Moores Obsession mit Vergewaltigungen. Es hat immer was von einem alten Mann mit dem Fernglas, wenn er diese Szenen einbaut, vor allem wenn die zweite Szene der Serie gleich damit beginnt, dass unsere weibliche Hauptfigur vor einem sexuellen Übergriff gerettet werden muss. Das ist auch heute nur widerlich.

Ansonsten finde ich es interessant, dass Moore auch im ersten Band schon mit dem Format der Serie experimentierte, als er jedem Heft noch eine illustrierte Prosa-Fortsetzungsgeschichte mit Allan Quatermain hinzufügte. Ich habe sie nun zum ersten Mal auf Englisch gelesen und mit Überraschung festgestellt, dass Moore schon damals seine Adjektive liebte. Viel zu sehr, würde ich sagen, selbst wenn es eigentlich zu einer pulpigen Kurzgeschichte passen sollte. Trotzdem, es war vielleicht besser so, dass Moore seine literarischen Figuren als Comic schrieb, nicht in Form von Prosa. Wenigstens ist der erste Band der League ein lesenswertes Abenteuer geblieben.

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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