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Währenddessen … (KW 29)

In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Bildschirmfoto 2016-07-24 um 11.08.51Niklas: Die Kurzgeschichten von Ambrose Bierce habe ich das letzte Mal vor knapp sieben Jahren gelesen. Das Buch Die Spottdrossel, 1976 erschienen, vereint seine Novellen und Kurzgeschichten, in denen er oft auch den amerikanischen Bürgerkrieg thematisiert. Ich finde, dass die Geschichten sich wirklich gut gehalten haben, da ihr Umgang mit dem Thema Krieg sehr modern wirkt. Bierce erzählt Geschichten über Familienmitglieder, die sich auf dem Schlachtfeld gegenseitig umbringen, von Großmäulern, mit deren Mut es am Ende doch nicht weit her ist und was für eine einzige Verschwendung das Kämpfen doch eigentlich ist. Das kann man in Zeiten von Filmen wie Apocalypse Now oder  Garth Ennis‘ kritischer Miniserie Fury MAX: My war gone by jetzt altbacken finden, aber als Bierce diese Geschichten von 1883-1908 schrieb, war der Ansatz noch neu und frisch. Vor allem da man immer noch sehr romantischen Ideen darüber anhing, wie der Krieg war oder zumindest sein sollte. Davon abgesehen bewies Bierce in manchen Geschichten, dass er Sinn für Humor besaß. Der ist dafür sehr zynisch, aber ich konnte trotzdem gut darüber lachen. So kurz die Geschichten auch waren, so kurzweilig war ihre Lektüre und ich denke, dass ich sie innerhalb der nächsten sieben Jahre bestimmt noch einmal lesen werde.

Stefan: Mich hat nach längerer Phase des Über- und Gesättigtsein endlich mal wieder etwas erfreut. Lucifer auf Amazon Prime ist eine nette, amüsante Serie. Passenderweise einige Wochen nach der Comicadaption der Serie Preacher gibt es auch hier eine satirische Auseinandersetzung mit Gott, Teufel und schlechten Menschen. Lucifer fängt in seinen ersten Folgen gemäßigt rebellisch an. Ein wenig Sex, ein Joint, aber kein Zynismus und kein unerträglich cleverer Ansatz, der noch unerträglichere Zuschauer anlockt, so Leute, die grundsätzlich nur Serien im Original gucken und immer einen Trend weiter sind als der Durchschnittskonsument. Solche Leute werden bei Lucifer eher nicht fündig. Besonders innovativ ist die Sendung, die in LA spielt und sich mit Themen wie Schauspielern, Rockstars, Paparazzi und Psychologen befasst, nicht. Eine bodenständige, lustige Serie über eine Welt in der ausgerechnet der Teufel moralischer, anständiger und sympathischer wirkt als all die Stars und Jäger von Ruhm und Reichtum.

Christian: Letzten Samstagabend am Lindauer Hafen am Bodensee: Die Leute flanieren an der Promenade und freuen sich am schönen Wetter, in der Nähe drängt sich eine Gruppe Menschen um einen Kleinkünstler, anderswo klimpert eine Gitarre – auf einmal höre ich, wie neben mir zwei Jungs mit Schirmmützen und Smartphones einem Passanten ein Ei zeigen: „Hey Mister. Would you like to change this beautiful egg into something else?“ Ich denke zunächst an eine kleine Gaunerei und taste, ob mein Geldbeutel noch fest am gewohnten Platz ist, als mir mit einem Mal einfällt, was die Jungs da tatsächlich vorhaben. Sie machen das gleiche Tauschspiel wie Tick, Trick und Track in der Barks-Story „Maharadscha für einen Tag“ (findet man im Donald Duck Sonderheft 81); und die beiden Jungs sehen mit ihren Mützen sogar ein bisschen aus wie Donalds Neffen.

maharadscha

@ Egmont Verlag, Walt Disney Productions 1985.

In „Maharadscha für einen Tag“ haben die Neffen einen Bleistiftstummel, den sie erst in einen Bindfaden umtauschen, dann in ein Taschenmesser und so weiter, bis sie am Ende im Besitz eines Schiffstickets nach Indien sind. Später in der Story finden sie noch mal einen Bleistiftstummel, den sie erneut als Startkapital nutzen, um ihren Onkel aus einer Notlage zu retten. Das ist bestimmt wieder so eine Social Media-Sache, dass die Kids heutzutage wieder tauschen. Umso schöner, wenn man auf diese Weise wieder mal an den alten Barks erinnert wird. Nicht übel, die Kids heutzutage.

Alex: Hand aufs Herz: Wann habt Ihr zuletzt versucht, Jugendsünden zugunsten eures Karmas auszubügeln? Wenn ihr wie ich als Teenager Raubkopien klassischer Point-and-Click-Adventures wie Maniac Mansion and Monkey Island gezockt habt, könnt Ihr euch jetzt noch für schlappe 25$ bei Ron Gilbert und Gary Winnick höchstpersönlich Vergebung abholen. Gleichzeitig helft ihr damit den Entwicklern, den neuesten Titel Thimbleweed Park an den Start zu bringen. Besser geht Crowdfunding kaum. Thimbleweed Park wird ein Rätselvergnügen im Stile des Neo-Noir, wobei der illustre Cast auf den ersten Blick wie eine Kreuzung aus Twin Peaks, Akte X und The Simpsons wirkt. Jedenfalls war ich sofort angefixt. Mit fünf Charakteren gilt es, das marode Städtchen Thimbleweed Park aus verschiedenen Perspektiven zu erkunden. Zunächst ruft dieser Schauplatz rätselhafter Ereignisse das Agentenduo Ray and Reyes auf den Plan, um dann ausgehend davon allerhand bizarre Fäden zu spinnen. Der Trailer verheißt einen spannungsgeladenen und mysteriösen Plot in einer überraschend düsteren Atmosphäre. Wenn sich der Humor hier etwas subtiler anzubahnen scheint, dann hoffentlich, weil die Macher einfach nicht zu viel vorwegnehmen oder uns gezielt auf eine falsche Fährte führen wollen… „Hinter dir! Ein dreiköpfiger Affe!“ Das Adventure soll Anfang 2017 auf allen gängigen Plattformen erscheinen und es will mir partout keine gültige Entschuldigung einfallen, hier nicht als Unterstützer einzusteigen.

„Thimbleweed Park is the story of a town where a dead body is the least of your problems.“

Was habt ihr diese Woche gekauft, gesehen, gelesen, gespielt? Postet eure Bilder, Geschichten und Links einfach in die Kommentare.

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