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23.5.08

Die Hochkultur zwischen den Kästchen
(Podiumsdiskussion "Comic und Literatur")

Eine fünfzigminütige Podiumsdiskussion zum Thema "Comic und Literatur"? Das kann ganz schnell mal in die Hose gehen. Dank Cartoonistin Isabel Kreitz (Der 35. Mai), Medienwissenschaftler Herbert Heinzelmann, Schriftsteller Thomas von Steinaecker, Literaturwissenschaftler Clemens Heydenreich und Moderator Christian Gasser darf man das waghalsige Experiment aber als rundum geglückt bezeichnen.

Das liegt zum einen daran, dass man sich frühzeitig entschied, eher in die Tiefe als in die Breite zu gehen, und zum anderen, dass man (fast) immer wusste, wovon man sprach. Wenn also Herr von Steinaecker beispielsweise zu bedenken gab, dass die Erzählweise des Comics wegen des Spielraumes zwischen den Kästchen ja eher bruchhaft sei, dann wollte man natürlich direkt ins Plenum rufen: "Ja, aber der McCloud!" War aber gar nicht nötig, denn Herr Heinzelmann war sofort zur Stelle, um an Scott McClouds Theorie zu erinnern. Die besagt schliesslich, dass sich die eigentliche, "unsichtbare Kunst" des Mediums eben dort, nämlich zwischen den Kästchen abspielt. Und das führt - bei einem guten Comic zumindest - mitnichten zu Bruchhaftigkeit.

Es wurde natürlich über das Zusammenwirken von Wort und Bild gesprochen, aber auch über den Ansatz, dass "Literatur" nicht zwangsläufig als Prosatext stattfinden muß. E und U wurden auseinanderdividiert und wieder zusammenmultipliziert, Lessing und Wilhelm Busch trugen ihr Scherflein zur Diskussion bei, und als Gedankenexperiment überlegte man sich, wie denn zum Beispiel Buddenbrooks als Comic umgesetzt werden könnte - lässt sich Manns charakteristischer Schreibstil in Bilder übersetzen, etwa durch Farbgebung? Was die Begrifflichkeit angeht, wurde die "Graphic Novel" zu recht in Frage gestellt, aber leider auch unzulässigerweise die "novel" mit der Novelle gleichgesetzt.

Unterm Strich bleibt, nichtsdestotrotz, eine durchweg gelungene Veranstaltung. Das liegt nicht nur am Sachverstand der Teilnehmer, sondern auch daran, dass diese nicht den Anspruch hatten, Fragen zu beantworten. Man war zufrieden damit, sie zu stellen. Nun gut: Wegen der Kürze der Zeit wurden nicht viele Fragen gestellt. Aber es waren die richtigen. Der geneigte Zuhörer bekam einen steilen aber nachvollziehbaren Einstieg in die Materie und wurde mit anregenden Denkanstößen in den Nachmittag entlassen.

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posted by Marc-Oliver um 17:59 | Permalink