An dieser Stelle berichten wir von Comic-Events wie dem Comic-Salon Erlangen, der Frankfurter Buchmesse oder dem Münchner Comicfestival. Persönliche Eindrücke, Fotos, Nachrichtenhäppchen und einiges mehr.
24.5.08
Comics kulturell entschlüsselt?
(Podiumsdiskussion"Comics global")Wie bereits auf der Frankfurter Buchmesse 2007 (Gastland: Katalonien) finden auch auf dem diesjährigen Comic Salon wieder Versuche statt, uns fremde Kulturen mittels Comics näherzubringen. In diesem Jahr hat man sich dazu entschieden, China als Gastland zum Salon einzuladen.
In der aufwändig gestalteten Ausstellung "Manhua- Comic im China von heute", organisiert durch den Kurator Paul Derouet, wird dem Gastland die Möglichkeit gegeben, sich ansprechend zu präsentieren. Die jungen chinesischen Künstler wie Yao Fei La, nutzen diese Chance, um sich entsprechend in Szene zu setzen und werden sicherlich durch den Standort der Ausstellung im Kongresszentrum eine Vielzahl von Zuschauer anziehen. Zwischen Bambusträuchern und angelegten Holzwegen, vorbei an Feuchtgebieten, ziehen sich die Originale der Comicschaffenden, die uns vor die Aufgabe stellen, das ureigene Chinesische zu entdecken.
Eigentlich scheint es vollkommen ausreichend, die panels für sich und ihre Kultur sprechen zu lassen, doch kommt man manchmal einfach nicht umhin die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Nationen genauer herauszuarbeiten. So ähneln die ausgestellten Bilder doch immer wieder den Comics ihrer Nachbarn, den japanischen mangas. Um dem Zuschauer einen solchen Unterschied zu erklären, haben sich einige schlaue Leute das Konzept der Podiumsdiskussion ausgedacht: Dort treffen Künstler und Wissenschaftler, Verleger und Händler aufeinander, um über die verschiedensten Themen aufzuklären und den Zuschauer nach ca. einer Stunde später wissender zu entlassen.
Leider gelingt dieses Unterfangen im Bezug auf China nicht ganz so gut. Bei der Podiumsdiskussion "Comics Global", das moderiert wird durch den Berliner Journalisten Jens Balzer, treffen mit Sascha Hommer (deutscher Künstler), Guy Delisle (franko-kanadischer Künstler), Yao Fei La (chinesischer Künstler), Paul Gravett (britischer Comicwissenschaflter und Verleger) und Jaqueline Berndt (Manga-Forscherin) aufeinander, um den Comic als globales Medium zu diskutieren. Da so die verschiedensten Nationen vertreten sind, scheint die Ausgangssituation perfekt sein, um alle auch nur erdenklichen Fragen zu beantworten. Doch leider ist gerade diese Internationalität das Problem.
Yao Lei Fe, beginnt zunächst mit einer nicht enden wollenden Power-Point-Präsentation, die seine Comics (80°C) zeigt. Auf Anfragen aus dem Publikum seine Comics betreffend, kommt es zu den ersten Komplikationen: Sein Übersetzter arbeitet zwar sehr pflichtgemäß, aber dennoch scheint etwas nach mehrmaligem Hin und Her verlorengegangen zu sein: "Lost in Translation" wie Balzer treffend bemerkt. So erfährt das Publikum leider nicht, warum der Künstler 80°C als etwas Eigenständiges, etwas ganz Chinesisches bezeichnet. Aufschlußreicher dagegen ist der Beitrag von Guy Delisle, mit dem Balzer nach etwas 25 Minuten auf Englisch fortsetzt. Wir erfahren etwas über Delisles graphisch umgesetzte Aufenthalte in Nordkorea (Pjöngjang) und China (Shenzen). Er berichtet aus einer Region, die unterschiedlicher nicht sein könnte. Während in Nordkorea fast keine Comic-Industrie zu existieren scheint, so hört man doch von kleinen Künstlergruppen in China. Wir dürfen uns 2009 über sein neuestes Werk über Birma freuen.
Erst Jacqueline Berndt stellt die Frage, die wir eigentlich lösen wollten: Wie können wir Kulturen durch ihre Comics lesen, verstehen, ohne die komplette Kultur des Landes zu erforschen? Am Ende sind es gerade die produzierenden Kräfte, Paul Gravett und Sascha Hommer, die diese Frage beantworten: In ganz praktischer Manier organisieren sie Ausstellungen und produzieren internationale Anthologien (Orang), um den globalen Comic-Künstlern eine Plattform zu schaffen auf der man diese nicht diskutiert, sondern einfach liest. Und tatsächlich geht man aus dem Vortrag schlauer hervor. Die Lösung kann nur darin liegen, noch einmal den Weg durch die unwegsamen Pfade der "Manhua"-Ausstellung zu begehen und diesmal vielleicht ein bisschen genauer hinzuschauen.Labels: Ausstellung, Podiumsdiskussion
posted by Daniel um 14:14 | Permalink