An dieser Stelle berichten wir von Comic-Events wie dem Comic-Salon Erlangen, der Frankfurter Buchmesse oder dem Münchner Comicfestival. Persönliche Eindrücke, Fotos, Nachrichtenhäppchen und einiges mehr.

14.6.04

End of Days

The Loneliness of the Long Distance Drawer

Zwar nicht mehr direkt von der Messe, aber ein paar kleinere Nachträge werden sich hier auch in den nächsten Tagen noch finden lassen. Da wäre zum Beispiel zu erwähnen, dass uns gestern Abend der vielleicht einsamste Mensch auf dem Salon aufgefallen ist: Brian Pulido, führender Mann des inzwischen bankrotten US-Verlags Chaos Comics (Lady Death, Chastity, Evil Ernie).

Während sich bei den anderen Messestars wie Jim Lee, Craig Thompson, Joscha Sauer richtig lange Schlangen einfanden (hier wird übrigens was für die deutsche Wirtschaft getan, immerhin hat man Mini-Jobs/Ich-AGs geschaffen... während man im Rewe um die Ecke meist so ein kleines Schildchen "Letzter Kunde, bitte andere Kasse benutzen" vor dem Förderband findet stehen in Erlangen junge Männer mit "Letzter in der Schlange für Jim Lee"-Schildchen auf dem Rücken herum... wer schnell geschaltet hat und sich eine exklusive Signatur ergattern wollte, der musste einfach schon früh morgens mit diesem Schild vor dem Panini-Stand stehen und so alle anderen von vornherein entmutigen) saß Mr. Pulido mehr oder weniger verlassen am Stand von mg Publishing, las ein bisschen, plauschte ein wenig mit den Mitarbeitern, sah Jim Lee auf der anderen Seite des Gangs beim signieren zu und schaute jedes mal richtig dankbar wenn doch noch jemand kam um sich eine Unterschrift oder ein kleines Bildchen schreiben, respektive zeichnen zu lassen. Wieso der Mann so von allen Fans verlassen war ist schwer verständlich, immerhin wurde per Durchsage immer wieder auf Mr. Pulidos verwiesen und die Fans haben sich ansonsten begeistert auf alles gestürzt was einen Stift in der Hand hatte. Während wir wachsam am "Sketches To Go"-Stand saßen und ich mit einem Fineliner herumspielte wurden sogar Daniel und ich gebeten doch mal schnell eine Zeichnung anzufertigen.

Portugal - Griechenland 1:2

Der beste Weg um eine grobe Ahnung davon zu bekommen ist es auf dezente Hinweise im Verhalten der aus dem Ausland kommenden Bevölkerung zu achten. Sowas wie verdrückte Tränen beim Italiener, strahlende Gesichter beim Paella-Essen oder mit mehreren Griechenlandflaggen geschmückte, laut hupende Kleinwagen die einen fast über den Haufen fahren. Dieser Ein-Mann-Autokorso war eines dieser dezenten Indizien, dass ein Underdog bei der EM gewonnen hat. Glückwunsch.

And the Winner is...



Apropos Gewinner: Cosplay, was... wie ich jetzt erfahren habe von "Costume Players" abgeleitet ist... war auch am Samstag nochmal vertreten. Ultra Comix Nürnberg und das anm.radio verteilten dabei kostenlos Kojak-Stengel (Lollies) an die Teilnehmer [hier hätte Adrian vom Baur sehr schön seine Preissammlung erweitern und noch einen Zahnsteinkiller neben seine Snickers-Trophäe stellen können, leider nahm er aber nicht teil) und kürten diesen jungen Herrn zum Sieger der Aktion:



Vielleicht haben sein Vater und seine Mutter, die immerhin große Stars in der Comicszene sind, da Einfluss auf die Juroren genommen. Vielleicht ist es aber auch ein Lebenswerk-Award der hier verliehen wurde, immerhin ist der Hauptdarsteller aus "Reservoir Dogs" schon seit Donnerstag konstant in seinem Kostüm durch die Messe gelaufen, und vorallem bei den vorwochenendlich-subtropischen Temperaturen ist es bemerkenswert, dass er nicht der Großteil seines Kostüms auf den Boden geflossen ist. So, aber jetzt wieder einen Pulli anziehen. Ah, und der Papst hätte gerne seine Klamotten zurück...

(Ungeh)obe(lt)lix

Zum Max & Moritz-Preis: die spontane Übersetzung der Laudatio für "36 Ansichten des Eiffelturms" ins Englische dürfte in die Geschichte eingehen als eines der größten Attentate auf die englische Sprache seit Heinrich Lübkes unvergessenem: "Equal goes it loose." Aber man muss Harald Havas wirklich den höchsten Respekt aussprechen für die lockere, selbstbewusste und selbstironische Art mit der er durch den Abend führte, immer wieder kleine Scherze und Kabbeleien (besonders gegen Zeitungsstrip-Sieger Volker Reiche (Strizz, F.A.Z.) der die Länge seine Dankesrede glatt unter einer Viertelstunde hielt) einfließen ließ und der so versuchte der ganzen Veranstaltung zwar die Würde zu erhalten, aber das schwer auf ihr lastende Gefühl des Staatsaktes von ihr zu nehmen und sie etwas menschlicher wirken zu lassen, was ihm häufig gelang.



Albert Uderzo war übrigens mit Bodyguard (und einem halben Dutzend Kamerateams) anwesend. Der freundliche Bodyguard im geschmackvollen kirschrot-schwarzen Hawaiihemd hatte besonders am Ende der Veranstaltung zu arbeiten. Als M. Uderzo sich seinen Preis auf der Bühne abholte rückten ihm die Asterix, Obelix und Miraculix-Figuren immer mehr auf die Pelle. Sowas ist zwar für die Presse und das Fernsehen immer ganz toll, wenn man Schöpfer und Kreatur zusammen auf einem Bild hat, aber dem Bodyguard wurde es dann irgendwann doch zu bunt und nachdem er mehrfach mit Obelix geredet hatte erteilte er den drei Galliern je einen Platzverweis. Asterix kehrte, vermutlich auf Betreiben der Veranstalter, trotzdem zurück auf die Bühne, stellte sich hinter den jetzt sitzenden Uderzo und legte seine Hand auf dessen Schulter. Was dazu führte, dass der Bodyguard einmal mehr auf die Bühne kam und in Asterix in kurzen Gesten klar machte, dass die Patschepfötchen zwar in auf Römernasen und in Piratenmägen gehören aber garantiert nicht auf Uderzos Schulter (der das alles mit staatsmännischer Gelassenheit und einem wundervoll verschmitzten Grinsen über sich ergehen ließ). Er schlug das Maskottchen allerdings nicht nieder (was sicher eine tolle Pressemitteilung gewesen wäre: "Zaubertrank versagt... Chemiker des Max Planck-Instituts stehen vor einem Rätsel") sondern ließ sich dazu breitschlagen, dass Asterix auf einem Stuhl hinter Herrn Uderzo sitzen dürfte. Außerhalb der Griffreichweite.

Coming soon to a Blog near you:

Wenn ich den Notizzettel wiederfinde die versprochenen Zeilen zum Panel über deutsche Independent-Verlage, ein paar weitere Gedanken zum Max-und-Moritz-Preis an sich und ein paar lose Enden die noch zu verknüpfen sind.

posted by Björn um 00:14 | Permalink